nes Rainhard und wurde von diesem mit anderen Schriften und der umfangreichen Bibliothek im Schloß Mursteften in der Steiermark verwahrt und soll 1945 von briti schen Besatzungssoldaten im Kamin verbrannt worden sein^ k Ein angeblich vorhan denes Inhaltsverzeichnis der Schriftensammlung von Bachofen-Echt konnte bislang nicht aufgefunden werden, sodaß der exakte Nachweis des Vorhandenseins der Handschrift in Murstetten und deren Vernichtung nicht erbracht werden kann, wie auch Augenzeugen fehlen, die der Verbrennung von Büchern und Schriften bei wohnten und wissen könnten, welche Schriften verbrannt wurden. Auf jeden Fall müs sen nach dem neuesten Stand der Forschung die „sechs losen Blätter"^® des Tage buches als verschollen gelten und einen Vergleich der Abschriften mit dem Original ausschließen. Es ist daher auch nicht mehr feststellbar, ob es sich tatsächlich um ein Tagebuch von Adalbert Stifter handelte, „das Aufzeichnungen über eine Reise durch das Salzkammergut enthält, die er im juni 1836 unternahm"", wie Wilhelm angibt. Der verlorenen Handschrift dürften auch mit Sicherheit erläuternde Bemerkungen Bachofens über die Herkunft (Zeit, Ort, Vorbesitzer) beigegeben gewesen sein, wie sie der gewissenhafte Sammler und Stifter-Freund (die „Bachofen-Sammlung" des Pra ger Stifter-Archivs enthält 60 Stücke) auch bei anderer Gelegenheit^" anwendete. Interessanterweise erwähnt Wilhelm in seinem umfangreichen biographischen Auf satz über Bachofen (Neue österreichische Biographie 1815-1918, Wien: Amalthea 1928, S. 130 ff.) in seinen Bemerkungen über die Sammelstücke (S. 140 f.) das Tage buch nicht, obwohl er genau zur gleichen Zeit (1928) im „Gedenkbuch" der Wiener Adalbert-Stifter-Gesellschaft in einem Artikel („Roseggers Bekenntnis zu Adalbert Stifter in Briefen an Karl Adolf Bachofen von Echt", S. 91 ff.) die Stifter-SchriftenSammlung Roseggers (55 Stücke für das Prager Stifter-Archiv) angibt und dort auf die „Tagebuchaufzeichnungen" hinweist (S. 96), die Rosegger aber schon 1903 dem Stifter-Archiv in Prag überlassen habe. Hatte Bachofen - der manche Stücke von Rosegger erhalten hatte - auch das Reisetagebuch bekommen und für sich bewahrt? Der Verlust der Handschrift wird diese Frage nie mehr klären können und hat auch die Überprüfung der Echtheit des Originals zur Unmöglichkeit gemacht. 2. Fakten (1835/36) Die Krise Adalbert Stifters in den Jahren 1835136 und ihre allmähliche Ent wicklung soll in einem kurzen biographischen Rückblick erläutert werden, wobei zwei Aspekte zu beachten sind: ein psychologischer und ein finanzieller. Der psycho logische Aspekt teilt sich wiederum in zwei Elemente: das Nichterreichen eines Stu dienabschlusses und das Nichterreichen der Jugendfreundin. Beide Elemente hingen eng miteinander zusammen, das zweite war die Folge des ersten. Stifter war zur letz ten Prüfung seines Jusstudiums (seit 1826) an der Wiener Universität im Jahre 1830 nicht mehr erschienen und verwirkte damit leichtfertig einen Studienabschluß. Wäh rend diese Tatsache fürs erste seiner studentischen Freiheit und seiner gewollten oder gespielten Abneigung gegen ein Beamtendasein entgegenkam, war ihm - ob mit oder ohne äußeren Druck - die Aussichtslosigkeit einer berufslosen Zukunft dämmerhaft
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