OÖ. Heimatblätter 1988, 42. Jahrgang, Heft 2

Die andere Frau in diesem Personendreieck., die Gemahlin Franz Josephs, erscheint - wie auch in den neuesten Veröffentlichungen Brigitte Ha manns - nicht mehr in einem nur rosigen Licht. Das Charakterbild dieser seltsamen Frau, die ihr verliebter Gatte noch unreif und wenig vorbereitet auf einen der ersten Throne Europas erhoben hat te, wird korrigiert. Elisabeth war keinesfalls bereit, die Verpflichtungen ihres hohen Ranges auf sich zu nehmen, hingegen war es für sie selbstverständ lich, daß ihr die Mittel für ihre kostspieligen Einge bungen und Launen zur Verfügung standen. Sie steigerte sich in eine Reisewut, die eigentlich eine ständige Flucht vor sich selbst war. Tragisch ist, daß die schönste gekrönte Frau ihrer Zeit schließ lich nur mehr unterernährt und ein Schatten ihrer selbst dem Mörder zum Opfer fiel. Drimmel kann nicht verleugnen, daß er sich als Beamter begreift, der auch maßgeblich in der Politik tätig war. Hinweise auf die Ehrbegriffe da maliger Politiker und ihr Eintreten für die ihnen unterstellten Beamten, die rasche und effiziente Be handlung von Skandalen sowie das hohe Berufs ethos der k. u. k. Beamten, denen der „Allerhöchste Dienst" über alles ging, sprechen deutlich für die damaligen Verhältnisse mit unausgesprochenen Seitenhieben auf unsere Zeit. Der Autor blickt zurück auf die Zeit der Regie rung Kaiser Franz Josephs L, welche politisch und wirtschaftlich eminent bewegt war und in der aus heutiger Sicht entscheidende Fehler gemacht wur den - so wurde die Chance für einen Frieden am Anfang des Ersten Weltkrieges nicht erkannt. Der Leser erlebt die Umgestaltung der Haupt stadl des Reiches, die sich nicht nur in der Errich tung von Prachtbauten am Ring erschöpft, son dern sich auch auf den damals epochemachenden sozialen Wohnbau mit Klein- und Kleinstwohnun gen und ihre Bassena-Kultur erstreckt. Er erhält auch Einblick in die gesellschaftlichen Zusammen hänge; politische Polarisierungen werden aufge zeigt, Kriegsgreuel und Völkermord nicht über gangen. Auch diese Zeit war nicht frei von Intole ranz, und politische Hetze gegen Österreich gab es schon damals. Die drastisch-treffende, zuweilen lockere Art der Darstellung, die manchmal zur Saloppheit ge rät, kommt der Lesbarkeit eher zugute. Bonmots, manchmal scharf, eingestreute Anekdoten und die Schilderung periphärer Episoden lockern die Dar stellung der großen Ereignisse auf. Auch findet der Leser spezifisch österreichisches wie etwa das „Dermalium" oder das Phänomen, daß die in den Nachfolgestaaten dienenden ehemaligen k. u. k. Offiziere im privaten Verkehr, auch mit ihren frü heren österreichischen Kameraden, immer noch das alte Armee-Du gebrauchten. Zwei Persönlichkeiten stellen die Verbindung zu Oberösterreich her. Der Ministerpräsident und Jugendfreund des Kaisers, Graf Taaffe, diente als Statthalter in Oberösterreich und der streitbare Linzer Bischof Rudigier, der seine schonende Be handlung im Konkordatsstreit offensichtlich nicht dem Umstand verdankte, Religionslehrer Franz Jo sephs gewesen zu sein, sondern wohl eher der Staatsräson. Der Epilog streift die Zwischenkriegszeit mit dem Kampf der Nachfolgestaaten untereinander und der in verschiedenen Lagern stehenden ehe maligen k. u. k. Offiziere gegeneinander. Er schließt mit dem eher düsteren Ausblick auf die Jetztzeit. Der vorliegenden Arbeit kommt das Ver dienst zu, die Francisco-Josephinische Ära nicht nur mit einem Glorienschein versehen zu haben. Ein Werk, das den historisch Interessierten an spricht. Sprachunkundige Leser würden eine deut sche Übersetzung fremdsprachiger Zitate in Fuß noten begrüßen. Das Personen- und Sachverzeich nis umfaßt zwar 80 Seiten, hätte aber trotzdem durch Kurzbiographien weiterer im Buch vorkom mender wesentlicher Persönlichkeiten vervoll ständigt werden können. Die Angaben zu den ein zelnen Personen hätten nach einheitlichem Sche ma bei jeder in gleicher Weise erfolgen sollen; Sei tenhinweise fehlen leider. Dankenswerterweise ist ein umfangreiches Literaturverzeichnis ange schlossen und auch eine Zeittafel beigegeben. Es ist aber bedauerlich, daß der renommierte Verlag dem Werk bei der Edition nicht die Sorgfalt angedeihen ließ, die vor allem einer historischen Publikation zukommen sollte. Schon beim ersten Durchblättern stößt der Leser häufig auf veränder te oder verstümmelte Ortsbezeichnungen und Na men. Verwechslungen von Namen verwirren ebenso wie unrichtig gebrauchte Ausdrücke; dazu kommen noch reine Druckfehler. Dem Lektorat kann daher keinesfalls die sonst übliche Sorgfalt zugestanden werden; einem einigermaßen ge nauen und sachkundigen Lektor hätten solche Schnitzer auffallen müssen. Schließlich ist der Ein band nicht gerade stabil, sodaß sich trotz schonen der Behandlung bereits nach einmaligem Lesen die ersten Seiten zu lösen beginnen. Herbert Bezdek

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