Das Schwerpunktthema des diesjährigen Alpenvereins-Jahrbuchs ist das Gesäuse. Auf 60 Sei ten wird mit Bild und Text dieser großartige Teil der österreichischen Alpen vorgestellt. Nicht nur Extremkletterer, für die ja die Gesäusewände auch heute immer wieder neue Herausforderungen dar stellen, sondern auch Wanderer, die sich die land schaftliche Schönheit auf leichteren Wegen er schließen wollen, werden in dem vorliegenden Band lesenswerte Artikel finden. Die Geschichte der Durchsteigung schwieriger Wände findet ebenso Beachtung, wie die Erforschung dieses Ge birges unter Tage. Selbstverständlich wird, wie eigentlich in jedem Alpenvereins-Jahrbuch, auch anderen The men viel Platz gewidmet: Bergsteigen in den Gebir gen der Welt (so z. B. in Rumänien, aber auch in den bekannten Gebirgsmassiven der Anden und des Himalaja). Bekannte Autoren, wie etwa Herbert Tichy, bringen dem Leser entlegene Gebiete unse res Erdballs ein wenig näher. Daß Abenteuer und Reisen in fremden Län dern auch ohne viel Aufwand, dafür aber mit gro ßem persönlichem Einsatz betrieben werden kön nen, beweisen Gertrude Reinisch und Friedhelm Bertelmann mit ihren Beschreibungen von Rad touren durch Tibet bzw. Anatolien. Ergänzt wird das Buch durch die Themenbe reiche Geschichte des Alpinismus, Selbstverständ nis des Bergsteigens bzw. der Bergsteiger, Frauen und Alpinismus und Umweltschutz. Der Alpen verein, dessen ursprüngliche Zielsetzung die Er schließung der Alpen war, muß sich heute gegen eine Übererschließung wehren und versuchen, Teile dieser Urlandschaft der Nachwelt in ur sprünglichem Zustand zu retten. Ein bißchen zu kurz kommen neue Strömun gen des Alpinismus, so etwa Gleitschirmfliegen und Sportklettern, das nur in einem Artikel über Unfallursachen und in Unfallstatistiken recht ein seitig behandelt wird. Trotzdem wird dieses Buch Menschen, die an Bergen, Reisen und Natur interessiert sind, anspre chen. Die meisten der sehr informativen und span nenden Beschreibungen werden durch ausge zeichnete Fotos unterstützt. Wie jedes Jahr findet der Leser auch in diesem Jahrbuch eine Alpenvereins-Karte 1; 25.000 über das Gesäuse und als besonderes Zuckerl eine Al penvereins-Karte 1:50.000 der nördlichen Cordillera Real Boliviens als Beigabe. Ghristian Hofinger Edith Rosenstrauch-Königsberg (Hrsg.): Literatur der Aufklärung 1765-1800. (= Österreichische Bibliothek, Bd. 8.) Wien: Böhhu-Verlag 1988. 358 Seiten. S 280,-. Im Böhlau-Verlag erscheint seit einigen Jah ren die Reihe „österreichische Bibliothek", in der u.a. „Der Amerikamüde" von Ferdinand Kürnberger, Saars „Novellen aus Österreich" oder die „Por träts" von Franz Blei erschienen sind. Mit der vor liegenden „Literatur der Aufklärung" macht uns die Herausgeberin in Auszügen bekannt mit sonst kaum zugänglichen Werken von Sonnenfels oder von Joseph Richter, dem Verfasser der „Eipeldauerbriefe", dessen Schrift „Warum wird Kaiser Joseph von seinem Volke nicht geliebt?" die Zen sur während der Regierungszeit des Kaisers pas sieren ließ. In öberösterreich ist wohl am bekanntesten der aus Steyr gebürtige Aloys Blumauer, der nicht nur eine Travestie der Aeneis verfaßt hat, sondern auch die hier abgedruckten „Beobachtungen über Österreichs Aufklärung und Literatur". Lesens wert einige Beiträge von Johann Pezzl, Franz Xaver Huber und Joseph Franz Ratschky, etwa dessen Pa rodie auf den Hamlet-Monolog „Frein oder nicht?" (S. 288). Die Herausgeberin stellt in ihrem Nachwort die Besonderheit der österreichischen Aufklä rungsliteratur dar. Sie war Literatur von Beamten. Viele waren gleichzeitig Freimaurer, und diese be saßen, wie die „Zauberflöte" oder die Maurerische Trauermusik Mozarts zeigt, damals Anziehungs kraft auf die Intellektuellen ihrer Zeit. Gleichwohl bestätigt die Lektüre das Nachwort, wonach we sentliches Merkmal der österreichischen Aufklä rungsliteratur ist, daß sie despektierlich ist. Ich möchte sagen: raunzerisch auf der höheren Ebene der Literatur, vielfach stänkerisch. Vom Ethos der aufklärerischen Schriften etwa eines Lessing oder der Wucht Kants („Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Un mündigkeit...") findet sich in diesen Schriften kaum eine Spur, weshalb es auch nicht verwunder lich ist, daß sie der Vergessenheit entrissen werden mußten. Wohl aber entsteht aus dem Wechsel von Sittenschilderung und Wiener Stadtbildern, von Bekenntnissen zur Toleranz und satirischen Ver fremdungen der Gesellschaft ein eindrucksvolles Zeitgemälde, und im Fortgang der chronologisch geordneten Beiträge wird sichtbar, wie sich die an fängliche Zustimmung zu den Reformen des Kai sers mehr und mehr in Kritik verwandelte, weil sich die Hoffnungen auf eine wirklich aufgeklärte
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