OÖ. Heimatblätter 1988, 42. Jahrgang, Heft 2

sie in seiner Stifter-Biographie nicht, obwohl er für die Quellenstudien dazu mit der Witwe des Dichters, Amalia, im persönlichen Verkehr stand und sicher davon erfah ren hätte, denn schließlich begleitete Amalia ihren Gatten fast immer auf seinen Dienstreisen und hätte eine „Gebirgsreise" als außergewöhnlich sicher erwähnt. Aber noch ein bedeutender Zeitgenosse, den Stifter 1846 in fiallstatt besuchte, spricht nicht davon und auch nicht, daß Stifter ihm gegenüber geäußert hätte, er wäre früher schon einmal (1836) in Hallstatt gewesen, was diesen Zeitgenossen sicher interessiert hätte, da er erst seit 1840 in Hallstatt war: der Dachsteinforscher Friedrich Simony. In einem ausführlichen Brief an Emil Kuh^ berichtet er über sein Zusammentreffen mit Stifter. Auch andere Zeitgenossen, die eng mit Stifter zusammenarbeiteten, wie Lan deschef Alois Fischer, Alexander Frh. von Helfert, die Maler Johann Fischbach, Fried rich Gauermann, Gustav Reinhold, sein Freund und Verleger Gustav Heckenast, die Freunde Alois Kaindl und Josef Maria Kaiser u. a., sprachen nie über diese Reise, von der sie doch - in Oberösterreich lebend - gewußt haben mußten, überhaupt, wenn sie auf den plauderfreudigen Stifter einen so gewaltigen Eindruck gemacht haben sollte und stattgefunden hätte. 1.2 Erste Erwähnung Es blieb also Gustav Wilhelm vorbehalten, Stifters „Reise" ins Salzkammer gut erstmals 1910 (!) in seinen Einleitungen zur „Bong-Ausgabe"® bekanntzugeben. Im „Ersten Teil" (Studien. Erster und zweiter Band) führte Wilhelm (unter; Adalbert Stifters Leben) aus: 1. ...Im Sommer 1829 weilt er in Berchtesgaden, 1836 wieder im Salzkammergut, wo er nach einer Notiz seines Reisetagesbuches Amalia trifft... (S. XXV) 2. ... Daß Stifter in diesem Jahre an dem ,Kondor' gearbeitet hat, ergibt sich aus einem unge druckten Tagebuch, das Aufzeichnungen über eine Reise durch das Salzkammergut enthält, die er im Juni 1836 unternahm. Hier notiert der Dichter: ,ein Archipelagus von Wol ken', offenbar in der Absicht, dieses Bild im ,Kondor' zu verwerten... (S. 4) 3. ... das Salzkammergut, das er nachweislich 1829 und 1836 besucht hat... (S. 7) 4. ... Das erwähnte Tagebuch verzeichnet den Weg, den Stifter von Friedberg über Linz in das Salzkammergut und von da wieder zurück in seine Heimat eingeschlagen hat. Er berührt auf dieser Reise Linz, Lambath (so schreibt Stifter stets fürLangbath), Ischl, Hallstatt, Gösau - Orte, die in der Handlung der Novelle [Feldblumen, d. Verf.] eine Rolle spielen - und trägt neben anderem in das Tagebuch ein: „3. Juni 1836 Amalia gekommen, 4. Juni lauter Freude." Am 3. Juni war Stifter, wie das Tagebuch an anderer Stelle mitteilt, in Lambath, Ischl, am 4. in Hallstatt, Gösau. Albrecht berichtet an Titus [in den ,Feldblumen, d. Verf.] über das Wieder sehen mit Angela in Gmunden... (S. 10) In diesen zitierten vier Passagen des Wilhelm-Textes - wie auch in den äußerst genauen „Anmerkungen", Teil VI, 205 ff. - wird die Quelle des „Tagebuches" nicht angeführt, weder Herkunft noch Standort, was bei einem so gründlichen und gewissenhaften Literaturwissenschaftler wie Gustav Wilhelm verwundern muß.

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