Tranke, und goß Feuer statt Kühlung hinunter. Otheurer, lieher Sigmund, ich fühle oft eine Ein samkeit, daß ich weinen möchte wie ein Kind, wenn icht nicht nehsthei doch ein so närrischer Teufel wäre, der flucht, wenn erweich wird, und kläglich schlechte \Nize macht, wenn er gerne seiner Rührung Herr werden möchte; - denk' an jenen leiten Abend unseres Beisammenseins. Wie hätte ich ein geliebtes Weib gelieht und geschmükt mit den Schönheiten, die Gott so unerhört in seiner Welt aufhäufte, und die in der Kunst wiederspiegeln, und dann hätt'ich gejubelt und zu Gott gesagt, er solle mich nur gerade todtschlagen, weil ich doch des Glükes unwerth bin, wenn ihr liebes, großes Herz aufgegangen wäre in seine Wunderblüthen, lauter Schönes, Herrliches, köstlich Liebendes in seinem Kelche tragend, das doch ich selber wieder vorgeloket habe - es muß kostbar, himmlisch sein, so ein Tuch um das andere wegzuhüllen, und nun zu erstaunen, welch' abgrundlich tiefe Schäze in dem unscheinbaren Dinge lagen, das nun seinerseits auch staunt und dann so liebt und nichts als liebt. — Aber dumm ist's, daß ich Dir das vorthränodire - es kommt immerzu nichts solchem, da ich's höchstens zu einer oder der anderen Lächerlichkeit bringe und gar keine Aussicht habe, in Zukunft glüklicher zu werden, da dieser Schoppicismus mit den Jahren zunimmt. Aber euch Alle lieb' ich, wie ein toller, redlicher Schoppe, in euch find' ich den lieben Anklang, ihr stoßt euch nicht an meinen Disteln-aber eure Weiber werden's thun, und jeder wir dheirathen, und ich kann's nicht hintertreiben, so gerne ich's thäte, und dann lieht ihr die Frau und die Kinder und habt keine Zeit, daß wir einmal Abends recht waker Gefühle hätten - ...^^ Diese Briefstellen vermitteln durchaus nicht den Eindruck von „lauter Freude", wie im Tagebuch vermerkt ist, sondern schildern die Lage Stifters, der neben dem seelischen Zwiespalt finanziellem Druck ausgesetzt war, verursacht durch die Nichtbegleichung einer Darlehensschuld. Er hatte sich - wahrscheinlich schon 1834 - bei einem Edlen von Würth 120 Gulden entliehen und die Rückzahlungsvereinba rungen nicht eingehalten, weshalb es am 1. August 1835 zu einer notariellen Schuld verschreibung kam, die Stifter unbeachtet ließ. Innerhalb eines Jahres hatte er ledig lich 55 Gulden rückerstattet. Ein vom Gläubiger angestrengter gerichtlicher Ver gleich vom 8. Oktober 1835 forderte von Stifter: den Rest von 65 fl. CMz. „sammt4 % Interessen [v. 120 fl. d.V.] vom 1. August 1835 u. 5 fl. CMz. Gerichtskosten, am 8. November 1835 10 fl. CMz. und sofort monatlich 10 fl. CMz. bis zur gänzlichen Tilgung der obigen Schuld bey sonstigem Terminverluste und Exekution zu bezahlen"^^. Stifter hatte leichtsinnigerweise oder aber aus Unvermögen nicht bezahlt, obwohl sich seine Schuld duch die 4 % „Interessen", d. i. 5 fl. 20 kr. und 5 fl. Gerichts kosten um 10 fl. 20 kr. auf 75 fl. 20 kr. erhöht hatte. Fast ein halbes Jahr wartete der Gläubiger zu, dann brachte er die Klage zur Pfändung ein, die das Gericht mit 16. März 1837 bewilligte und welche der Gerichtsdiener am 15. April 1837 vornahm, da Stifter „...ungeachtet oftmahliger Mahnung doch zur Einhaltung seiner Zah lungsverbindlichkeiten nicht zu bewegen" war. Der Auftrag lautete: „... des baren Geldes [?], öffentliche oder Privat-Obligationen, Gold, Silber und Präziosen, entbehr liche Kleidungsstücke, Leibwäsche, Einrichtung etc. etc...." aufzuzeichnen^®. Shfter war nach dem Streit mit dem im gleichen Hause wohnenden Würth von der Teinfaltstraße 65 in die Bockgasse 310^' im dritten Bezirk verzogen. Die „Transferierung" des Pfändungsgutes wurde dann doch nicht vorgenommen, warum, dafür gibt es keine Belege.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2