OÖ. Heimatblätter 1987, 41. Jahrgang, Heft 4

hellsichtigem Gedicht „Heil Hitler" (vgl. N. Leser in „die Rampe", Heft 2/78, S. 72) lauten: „Blutige Jahre werden vergehen. Dann wirst du alles verstehen!" Soyfer hat seine Zeit „vorverstanden", das Ende der blutigen Jahre aber nicht mehr erlebt: 2öjährig starb er im KZ Buchenwald. Josef Demmelbauer Gertraud Liesenfeld: Viechtauer Ware. Studien zum Strukturwandel einer Hausindustrie in Ober österreich mit besonderer Berücksichtigung der letzten 100 Jahre. (^Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philo sophisch-historische Klasse, Sitzungsberichte, 479. Band.) Wien: Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissen schaften 1987. 506 Seiten. S 630,-. ISBN 3-7001-08125. Viechtauer Spielsachen und Haushaltsgegen stände waren über Jahrhunderte ein Begriff für Holzwaren. Heute gelten diese Erzeugnisse als bodenständige Volkskunst und sind begehrte Sammelobjekte. Das soziale Umfeld und den wirt schaftlichen Hintergrund der Entstehung dieser Hausindustrie stellt Gertraud Liesenfeld in einer umfangreichen Arbeit dar, die aus ihrer 1982 an der Universität Wien approbierten Dissertation er wachsen ist. Entstanden aus wirtschaftlicher Not, waren die Viechtauer Erzeugnisse Massenware, die in der Branche einen ähnlich guten Ruf hatten wie Berch tesgadener Spielzeug oder Grödner Schnitzwaren. Es waren meist Holzarbeiter beim k. k. Ärar, die trotz einer kleinen Landwirtschaft - heute würden sie unter den Terminus Nebenerwerbsbauern fal len - immer noch gezwungen waren, eine Heim arbeit auszuführen. Da Holzbezugsrechte oft als Servitute auf dem Hof lagen, war es strukturell ge sehen naheliegend, sich der Holzbearbeitung zu zuwenden. Auch konnten Holzknechte, wenn sie wochenlang unterwegs waren, sogenannte Rohlin ge anfertigen und es damit auch zu einem kleinen Nebenverdienst bringen. Die Anfertigung von Spielzeug, Haushaltsge genständen bis hin zu kleineren Möbelstücken war die einzige Überlebensmöglichkeit für viele Be wohner dieser Region. Von „Stubenarbeit", bei der ganze Familien einschließlich der schulpflichtigen Kinder in Heimarbeit die Waren herstellten, bis zu ganz ansehnlichen Gewerbebetrieben reichte die Möglichkeit der Betriebsformen. Wichtiges Glied in der Handelskette waren die „Verleger", die als Aufkäufer den Zwischenhandel besorgten. Um sich wirtschaftlich zu emanzipieren, wurde erst re lativ spät in unserem Jahrhundert als Selbsthilfe organisation die „Genossenschaft der Erzeuger bäuerlicher Handwerkskunst Altmünster-Viechtau" gegründet. Über Jahrhunderte war die Erzeu gung von Holzwaren eine Notwendigkeit, um den Bewohnern der Viechtau ein bescheidenes Dasein, oft nur das reine Überleben zu sichern. Heute sind die älteren Viechtauer Erzeugnisse begehrte Sam melstücke und Museumsobjekte - der wirtschaftli che und soziale Hintergrund der Entstehung dieser Volkskunst wird im vorliegenden Werk gut geglie dert und informativ dargestellt. Elisabeth Schiffkorn Hermann Bahr, Prophet der Moderne. Tagebücher 1888-1904. Ausgewählt und kommentiert von Reinhard Parkas. Wien - Köln: Böhlau 1987. 228 Seiten. Leinen, S 380,-. Der „Herr aus Linz", den Karl Kraus wegen dessen rascher Wandlungsfähigkeit, der Fähigkeit, das Kommende weit früher zu erfühlen als seine sensiblen Künstlerkollegen, verächtlich zu machen versuchte, was ihm auch weithin gelang, wird wie der interessant. In seiner engeren Heimat hat Erich Widder den „europäischen Literaten aus Ober österreich" und „seinen Weg zum Glauben" darge stellt, und der kanadische (!) Germanist Donald G. Daviau hat 1984 die Bedeutung dieses „Mannes von übermorgen" hervorgehoben. Zuvor hatte Fritz Fellner Bahrs Briefwechsel mit dem großen Historiker der zu Ende gehenden HabsburgerMonarchie und international renommierten Ver waltungswissenschaftler Josef Redlich, dem Finanzminister des letzten kaiserlichen Kabinetts, publiziert. Und nun liegen uns die Tagebücher Hermann Bahrs zwischen 1888 und 1904 vor, sorgsam ausgewählt und kenntnisreich kommen tiert von Reinhard Farkas, einem Assistenten am Institut für Geschichte der Universität Graz. An Vorwort und Einführung (S. 7 ff. bzw. S. 11-24) schließen sich fünf Kapitel, jeweils eine Einführung und Tagebucheintragungen enthaltend: Kapitel 1:1888-1893. Die Grundlagen der Moder ne, Kapitel II: 1894-1899: Der Kampf um die Wie ner Moderne, Kapitel III: 1900-1902. Die Verteidi gung der Moderne, Kapitel IV: 1903. Die „österrei chische Krankheit", Kapitel V: 1904. Elemente eines neuen Lebens. Natürlich war Bahrs „Prophetentum" nicht frei von mit Händen zu greifenden Irrtümern, etwa

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