trägem dringend nahegelegt: „Die G esellschaft der Zukunft wird ohne Weiterbildung ihren Anforde rungen nicht entsprechen können. Verzichtet sie auf eine Erwachsenenbildung, die nicht nur Fort bildung im Beruf oder abschlußbezogene Weiter bildung erfaßt, sondern auch Allgemeinbildung, politische und kulturelle Bildung einschließt, gerät nicht nur unsere Gesellschaft, sondern auch die Zukunft der Bürger in Gefahr." Aldemar Schiffkorn Peter Langmann: Soziallsmus und Literatur. Jura Soyfer. Studien zu einem österreichischen Schrift steller der Zwischenkriegszeit. (Bd. 12 der Reihe „Literatur in der Geschichte - Geschichte in der Literatur".) In Verbindung mit Claudio Magris, Triest, herausgegeben von Friedbert Aspetsberger und Alois Brandstetter, Klagenfurt. Frankfurt a.M.: HainVerlag bei Athenäum 1986. 300 Seiten. DM 78,-. Nach dem Untergang der österreichisch-un garischen Monarchie hatten Inflation, Arbeitslo sigkeit und Not den Keim zur politischen Polarisie rung gelegt. An die Stelle der ständigen Diskussion um das Zusammenlebender Völker in einem Staat mit acht Nationen und 15 Kronländern war der Kleinkrieg zwischen Schwarz und Rot getreten. Die Verelendung der vormals gesellschaftstragen den Mittelschicht ließ die geistige Rückwendung zu den stabileren Verhältnissen der Monarchie verständlich erscheinen. Das Abbild hievon in der österreichischen Literatur hat Claudio Magris als ihren „Habsburg-Mythos" bezeichnet. Parallel zu ihm bemühte sich die Literatur der Sozialdemo kratie, durch die Darstellung des Elends aufzurüt teln; erschütternd „Das rauhe Leben" von Alfons Petzold. Josef Luitpold idealisiert in seinen Gedich ten das Proletariat und versucht darin, den „Ernie drigten und Beleidigten" eine Zukunftshoffnung zu geben. Rudolf Brunngraber schildert im Roman „Karl und das zwanzigste Jahrhundert" die Zwi schenkriegszeit bis 1930, vor allem das Elend der Arbeitslosen. Der christliche Ständestaat, „der wahre Staat" im Sinne der Theorie Otmar Spanns, entwickelte dann die österreichische Idee, wie sie Bahr, Hof mannsthal, Schaukai und Wildgans entworfen hatten, zur Staatsidee: Österreich gesehen als der zweite deutsche Staat, als der Kulturträger gegen Osten, als der legitime Nachfolger des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, eine Art Österreich-Metaphysik. Bauern- und Heimat romane beherrschen die literarische Szene; es ist die Zeit des frühen Waggerl, der Marie G rengg, der Paula Grogger, von Perkonig und Guido Zernatto. Der Anschlußgedanke findet dagegen literari schen Ausdruck in den Romanen des Wiener „Volksschriftstellers" Erich August Mayer: In „Gottfried sucht seinen Weg" (1929) und seiner Fortsetzung „Werk und Seele" (1930) macht ein österreichischer Ingenieur Karriere in einem deut schen Betrieb und heiratet schließlich die tüchtige Unternehmenstochter. Es ist ein „Anschluß" in der Tradition des Tu felix Austria nube im soliden großdeutschen Sinn, im Sinn der alten Paulskir chenromantik. Einen letzten dichterischen Ver such, einander über die ideologischen Gräben gleichsam in letzter Stunde vor dem NS-Anschluß die Hand zu reichen, unternimmt der sozialdemo kratische Lyriker Theodor Kramer 1937 in dem Gedicht „Nach neunzehn Jahren", indem er eine Bilanz von der Waffenbrüderschaft im Ersten Weltkrieg bis zum Bürgerkrieg 1934 und seinen Folgen, dem Verbot der Sozialdemokratischen Partei und seiner eigenen materiellen Verelendung zieht und seinen erwachten österreichischen Pa triotismus in die folgenden Schlußzeilen fließen läßt: „Es wäre gescheit und es wär an der Zeit, man schlüge die Dinge rings grad, das Pack in den Dreck, und ging endlich zu zweit, die Hand ans Gewehr, Kamerad." Nach der Wiederentdeckung Kramers ist nun eine Studie zu einem agitatorischen österreichi schen Schriftsteller der Zwischenkriegszeit er schienen: Sie ist Jura Soyfer gewidmet, „Öster reichs Büchner", wie ihn Helmut Qualtinger ge nannt hat. Er wurde 1912 in Rußland als Sohn eines jüdischen Industriellen geboren und kam im Zuge der Flucht seiner Eltern vor der Revolution um 1920 nach Wien. Neben seinem Germanistik studium an der Wiener Universität war er Journa list, verfaßte „Gebrauchslyrik" und Stücke für das politische Kabarett, wovon „Der Lechner Edi schaut ins Paradies" bekannt geworden ist. In „Astoria" setzt er der Gleichsetzung von Staatsin teresse und Heimatliebe einen „politisch-emanzipatorischen" Heimatbegriff entgegen, etwas, was sich in der „Neuen Linken" wiederholt hat. Als Lyriker wird man ihn in die Nähe Bert Brechts zu stellen haben, freilich ohne ihn mit diesem verglei chen zu dürfen. Das Romanfragment „So starb eine Partei" hat den Untergang der österreichi schen Sozialdemokratie nach dem Februar 1934 zum Gegenstand. Die letzten Zeilen von Soyfers
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