OÖ. Heimatblätter 1987, 41. Jahrgang, Heft 4

Godenschalen aus der volkskundlichen Abteilung des Ennser Museums Von Romana Niederdorfer Unter den sogenannten Godenscha len versteht man zweihenkelige flach runde Schalen, zu denen häufig ein cha rakteristischer Deckel gehört. Die Vor läufer unserer volkstümlichen Goden schalen liegen vermutlich in den schon im 16. Jahrhundert erwähnten italieni schen „scudelle da donne di parto"k Auch gegossene zweihenkelige Trink schalen aus Zinn, die bei uns in bürger lichen Kreisen verwendet wurden, dürf ten Vorbild gewesen sein^. In Österreich, besonders im Alpen vorland, gibt es weißglasierte, bemalte Godenschalen seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Sie tauchen auch in Süddeutschland unter den Namen „Godelschalen" und „Wöchnerinnenterri nen" auf. Ähnliche Gefäße sind die „Mö schenpötte" aus Norddeutschland, die zum Erwärmen des Kinderbreis dienten^. In den Bezeichnungen „Godenschalen" und „Wöchnerinnenterrinen" sind be reits Hinweise auf das Brauchtum, mit dem diese verbunden sind, enthalten: Die Taufpaten, „Göd" und „Goden" genannt (geht auf das althochdeutsche „Gota", die Kluge, Kurzform für „Gotmuoter", zurück)^, überbrachten der Wöchnerin nach der Geburt ein „Weisert" (Geschenk; kommt von „weisen") zum Zeichen der Fürsorge für die Mutter und das künftige Patenkind. Dieses Weisert bestand aus einer stärkenden Suppe, zumeist einer Hühnersuppe, die der Wöchnerin zur Kräftigung verabreicht wurde. Zu vielen Schalen gehört ein Deckel mit drei Knopffüßchen, auf die er umge dreht gestellt werden konnte, und der so als flache Schale diente. Dies legt die Ver mutung, die Suppe sei aus diesem Deckel gegessen worden, nahe. Aus der Zeit um 1800 gibt es auch Deckel mit plastischen, bunt bemalten Darstellungen von ande ren Gaben aus dem „Weisertkorb", z. B. von Eiern, Butter, Brot, einer schwarzen Henne, sowie von Wickelkindern^. Für späterhin war eine Godenschale dem Täufling als bleibendes Andenken an sei ne Paten zugedacht. Die Bemalung am Boden der Schale weist dagegen sehr häufig die Darstellung des Namenspatrones auf, den diese für das Kind aus- ' Arthur Haherlandt: Taschen-Wörterbuch der Volkskunde Österreichs. Wien: österreichi scher Bundesverlag, 1953. S. 60. ' Klaus Beitl: Volksglaube. Salzburg 1978. Be schreibung Nr. 43. ' Erich Meyer-Heisig: Deutsche Volkskunst. Mün chen: Prestel 1954. S. 31 u. 44. ' f. H. König: Alt-Gmundner Fayencen. Linz: Wim mer 1964. S. 102. ' Max Kislinger: Alte Bauernherrlichkeit. Linz: Landesverlag 1957. S. 147.

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