OÖ. Heimatblätter 1987, 41. Jahrgang, Heft 3

Die Donau und ihre mitteleuropäische Dimension Gedanken zum neuesten Buch von Claudio Magris Von Walter Zettl .. von dem was ein Fluß ist zu schreiben die Donau ein Fluß solange sie da ist,. Franz Tumler: Sätze von der Donau In seinen „bedeutsamen Aufzeichnungen über das Katholische Deutschland 1781" beschreibt der Berliner Buchhändler und Schriftsteller Friedrich Nicolai, ein Jugendfreund Lessings, auch seine Donaufahrt von Regensburg über Passau und Linz nach Wien. Als dieser militante Anhänger der Auflklärung, der sich selbst als „Freidenker" bezeichnete, in der oberösterreichischen Hauptstadt ankommt, nimmt er seine Überraschung, auf dem Markt unweit der Dreifaltigkeitssäule einen Spring brunnen mit der Bildsäule Jupiters zu sehen, zum Anlaß für einen geharnischten Exkurs über die Freiheit der Religion. Auch Claudio Magris beginnt in seinem neuesten Buch „Danubio" (Garzanti 1986) seine Schilderung von Linz mit der Darstellung eines Erlebnisses auf dem Hauptplatz, wo ihn an einem eiskalten, verschneiten Abend eine Gruppe von Men schen beeindruckt hat, die mit lauter Stimme vor der Dreifaltigkeitssäule betete. Während Nicolai den Besuch im nordischen Stift vor dem Schmidtore bei der Bethlehemskirche, wo junge österreichische Edelleute gemeinsam mit jungen Katholiken aus Dänemark, Schweden und Norwegen ausgebildet wurden, um in die sen protestantischen Ländern den katholischen Glauben lebendig zu erhalten, dazu benützt, um gegen die römische Kirche ausfällig zu werden, vermerkt Magris mit einiger Verwunderung die Einladung des Linzer Diözesanblattes zur Solidarität mit den entlassenen Arbeitern aus einer steirischen Fabrik, ebenso die Polemik gegen die Industriellen und die Aufforderung zum Boykott der Regierung Südafrikas wegen ihrer Politik der Rassendiskriminierung. Nicolai wendet sich dem schönen Geschlecht von Linz im allgemeinen zu, von dem er behauptet, daß er „fast nirgends so wie hier lauter schön gewachsene Frauenzimmer, ohne Ausnahme gesehen" habe. Magris widmet sich einer einzigen Linzerin in besonderem Maße, an die eine Gedenktafel am Haus des Pfarramtes, Pfarrplatz 4, erinnert und die Marianne Wil lemer, der Suleika Goethes, gewidmet ist, die hier 1784 geboren wurde. Er beschreibt auch seinen Besuch im Wohnhaus Adalbert Stifters, Untere Donaulände 6, Sitz des nach ihm benannten Institutes, von dessen Fenstern aus er auf die Donau und auf die von ihm geliebte Landschaft geblickt hat, die für ihn die zur Natur gewordenen Jahrhunderte der Geschichte bedeutete, in der Reiche und Überlieferungen enthalten sind, wie vermoderte Blätter von den Bäumen, die durch 269

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