OÖ. Heimatblätter 1987, 41. Jahrgang, Heft 3

Die Kinder, sie widerspiegeln das Bild des häuslichen Lebens und Denkens, vertreten nach wie vor die agrargeprägte Lebensweise der „Heimatidentifikation",die ihnen zu Hause vorgelebt wird. Noch haben sich - trotz Kurfremdenverkehrs und fremdländischen Flüchtlingswesens - die traditionellen ländlichen Verhaltensweisen nicht verändert. Bad Zell im Machland, 45,5 Quadratkilometer in 515 bis 530 Meter Höhe, ist ebenso wie Bad Kreuzen eine Kirchensiedlung und entstand an einem alten Ver kehrsweg, der von der Donau nach Norden durch den „Nortwald" über Königs wiesen nach Zwettl im niederösterreichischen Waldviertel führte. Zur planmäßigen Marktgründung körmte es nach einem Urbar vom Anfang des 13. Jahrhunderts gekommen sein. Im 14. Jahrhundert ist Zell (abgeleitet von Cella) als Pfarre mit einem Marktrichter erwähnt, der im Auftrag der wechselnden Herrschaft alle Rechte im Markt ausübte. Der erste schriftliche Nachweis über die Heilkraft des „Hedwigsbrünndls"^® stammt aus dem Pfarrarchiv 1640. Zur Hedwigsverehrung, die auf einer Legende beruht, kam in Zell eine überregionale Marienverehrung. Dadurch wurde Zell Wallfahrtsziel. Ja, es erhielt sogar den Namen „Klein-Mariazell", und eine Kapelle wurde über der gefaßten Quelle errichtet^"^. Zur Zeit der Aufhebung der Herrschaften 1848 (von 1823 bis dahin hatten die Sachsen-Coburger die Herrschaft in Besitz) werden in Zell 80 Hausnummern und eine Poststation angegeben. Dies weist deutlich auf die zentrale Bedeutung der Gemeinde für das Umland hin. Man plante später, Anfang des 20. Jahrhunderts, die Errichtung einer Bahnlinie über Zell zur Verbindung des nördlichen Waldviertels zum Donautal. Dies hätte zu einer bedeutenden Aufwertung des Raumes führen können und nach heutigen Überlegungen auch umweltfreundliche Verkehrsverbin dungen geschaffen. Der Erste Weltkrieg unterbrach dieses Vorhaben, das in der Folgezeit durch ein Autobahnnetz ersetzt wurde. 1957 ergriff dann ein Wiener Industrieller, der aus Zell stammte, die Initiative und ließ den Mineralgehalt der Hedwigsquelle und aller anderen Zeller Quellen vom Hygieneinstitut der Universität Wien untersuchen. 1968 stand endlich fest, daß der Radongehalt zweier Quellen einen vierfach überhöhten Ci/kg-Gehalt aufweist, worauf 1971 die Anerkennung im Sinne des oberösterreichischen Heilvorkommenund Kurortegesetzes erfolgte. In den folgenden Jahren entstand durch private Initia tive das Kurmittelhaus. Langsam entwickelte sich ein bescheidener Kurbetrieb, der durch die Über nahme durch das Land Oberösterreich 1977 Auftrieb erhielt. Aber erst durch den Zusammenschluß mit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger konnte in der Folge die Besucherfrequenz erheblich gesteigert werden, wie es auch die Über nachtungsziffern zeigen. Waren es zuerst nur Turnusse der VOEST-Arbeiter und Kindererholungsgruppen, so kamen ab diesem Zeitpunkt Kurgäste der Arbeiter- ■" Marktgemeinde Bad Zeil (Hrsg.); Heimatbuch der Marktgemeinde Bad Zell. Linz 1985, S. 26 ff. L. Stelzmäller: Das Hedwigbründl Zell bei Zellhof. Linz 1928. 251

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