OÖ. Heimatblätter 1987, 41. Jahrgang, Heft 3

Deutsch-Österreichischen Literaturgeschichte von Nagl/Zeidler/Castle^^ scheint Schmids Name mehrfach auf, wenngleich mit dem Vermerk: „Nicht in die deutsch österreichische Literaturgeschichte gehört der allerdings in Waizenkirchen 1815 geborene, 1880 in München verstorbene Bayer Herman Theodor von Schmid"^^. Dennoch wird Schmids „Z widerwurz'n" mit Anzengrubers „Trutziger" verglichen. Beide Bauernkomödien waren im Wiener Ringtheater in kurzer Abfolge gegeben worden. (Die „Z'widerwurz'n" am 16. Oktober 1878, die „Trutzige" am 8. November 1878.) Die Kritik gab Anzengrubers „Trutziger" allerdings den Vorzug. Wilhelm Kosch rückt geistes- und stammesgeschichtliche Gemeinsamkeiten bei Schmid und Anzengruber ins Blickfeld^^ Negativ äußert sich der bayerische Historiker Benno Hubensteiner über die „schönfärberische Familienblattschreiberei, wie sie seit Herman von Schmid überall wohlgelesen und wohlgelitten war"^^. Wertschätzung und Aufnahmebereitschaft der Leserschaft beziehungsweise des Theaterpublikums unterliegen wechselnden Geschmacksrichtungen und zeitbedingten Einflüssen. Literatur- und Theatergeschichte erbringen dazu hinreichend Beispiele. So wird es verständlich, daß der zu seinen Lebzeiten weit über Bayern hinaus bekannte und schließlich von König Ludwig II. in Würdigung seiner literarischen Verdienste in den Adelsstand erhobene Schriftsteller hundert Jahre nach seinem Tode wie so viele Dichter seiner Zeit heute kaum mehr genannt wird. Über den Wandel literarischer Moden hat sich Manes Sperber in sehr poin tierter Weise geäußert: „Man weiß, daß jede der einander pausenlos folgenden Moden sich so anbietet, als wäre ihr eine unendliche Dauer bestimmt, doch vergeht sie mit der Saison - und es ist dann, als hätte sie sich schon vor ihrem Beginn jämmer lich überlebt"^^. Vor dem Fehler, die Vergangenheit mit Maßstäben der Gegenwart zu messen, ist auch die Literaturkritik nicht gefeit. Will man Herman Schmids Lebens werk objektiv beurteilen, muß man es wohl aus der Perspektive seiner zeitgenössi schen Leser zu sehen versuchen, denn, so meint Harald Weinrich in seinem Essay „Für eine Literaturgeschichte des Lesers": „Ist es denn wenig, ein Leser zu sein? Der Leser darf doch auch seinen Stolz haben. Um seinetwillen gibt es ja Literatur, und die Autoren haben einigen Grund, ihn in ihren Vorworten anzureden und ihn ,freundlich' oder ,geneigt' zu stimmen"^^. Deutsch-Österreichische Literaturgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Dichtung in Österreich-Ungarn. Unter Mitwirkung hervorragender Fachgenossen nach dem Tode von Johann Willibald Nagl und Jakob Zeidler herausgegeben von Eduard Castle. 3. Band. Von 1848 bis 1890. Verlag von Carl Fromme in Wien. Abgeschlossen 1930. S. 407, 496, 850, 994. Wie Anmerkung 11, S. 407 und 850. Das deutsche Theater und Drama im 19. und 20. Jahrhundert von Wilhelm Kosch. Dritte, völlig umge arbeitete und erweiterte Auflage (5. Tausend). Würzburg. Wächter-Verlag 1939. S 67. Benno Hubensteiner: Bayrische Geschichte. Staat und Volk, Kunst und Kultur. München 1977. Neunte, durchgesehene Auflage 1981. Süddeutscher Verlag. S. 449. Schreiben in der Zeit. Von Manes Sperber. In: Im Blickpunkt. Aus: Kulturbrief 4/1979. Inter Nationes. Bonn. S. 3. Harald Weinrich: Für eine Literaturgeschichte des Lesers. In: Merkur. Deutsche Zeitschrift für Europäi sches Denken. 236. Verlag Kiepenheuer und Witsch. Köln - Berlin. 21. Jahrgang, Heft 11, November 1967. S. 1.026-1.038. Zitat S. 1.026. 178

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