OÖ. Heimatblätter 1987, 41. Jahrgang, Heft 3

noch nicht eingekleidet sein. Ebenso kann mit gelinden Worten das Gelöbnis des Frühmessers gemildert werden. Auch das Fläschchen Terlaner, das vor dem Wege zum Moidl getrunken wird, ist bedenklich - thäte es die Geige nicht allein? Könntest Du Dich zu Konzessionen entschließen, so würde es mich außerordentlich freuen: im anderen Falle müßte ich leider auf diese Novelle verzichten - mit größtem Bedauern, denn ich halte sie für vortrefflich in Bau, Charakteristik und Ausführung und die Schilderung von Land und Leuten ist geradezu unübertrefflich. Soll ich für meine Person einen Wunsch aussprechen, so wäre es der, daß in Annas Charakter ein stär keres Motiv läge, das es erklärt, warum sie fast 30 Jahre lang ihren Sohn sozusagen unter ihren Augen mißhandeln läßt, auch nicht im Mindesten, selbst nach der Versto ßung, für seine Existenz sorgt und doch nach so langer Zeit noch so starkes Mutter gefühl hat. Alles in die Schanzen zu schlagen. Doch ist das, wie gesagt, nur ein rein subjektives Bedenken, das sich Deinem Plane gegenüber bescheidet. Ich behalte das MS [Manuskript] vorläufig noch, weil ich die Hoffnung auf Verständigung nicht ganz aufgebe: was Du äußerst, kann ja im Buche wieder hergestellt werden. Antworte bald Deinem Herman Schmid. München, 15. Dez. 1863.''^® „Der Weinhüter' erschien 1864 in Heyses Ausgabe der „Meraner Novellen'', und erregte wegen der Verzerrung des Priesterbildes berechtigtes Ärgernis. Schmids Brief spricht für die Umsicht und Sorgfalt, mit der er sich der Redaktion des „Heim gartens" widmete. Heyse stand dem Christentum völlig fremd, ja feindlich gegen über, und auch seine Moralbegriffe gaben Anlaß zur Kritik. Selbst der liberale Ernst Keil scheute sich daher mit Rücksicht auf junge Leserinnen, Heyses Novellen in der „Gartenlaube" zu veröffentlichen. Schmids Mitarbeiter im „Heimgarten" Dr. Hyacinth Holland bezweifelte nachmals Schmids Eignung für die Herausgabe und Redaktion einer Zeitschrift^^ denn bereits nach den beiden Jahrgängen 1864 und 1865 war das Erscheinen des „Heimgartens" eingestellt worden. 9, Im Münchner Dichterkreis König Maximilian II. sollte sich bald nach seinem Regierungsantritt als För derer und Schirmherr von Gelehrten und Dichtern erweisen. Mit der Berufung bedeutender Persönlichkeiten der Wissenschaft an die Ludwig-Maximilians-Univer sität setzte der König eine verdienstvolle Tat. Im Rückblick auf 1.200 Jahre bayeri scher Bildungsgeschichte, verdienen Maximilians II. Maßnahmen als entscheiden der Schritt in der weiteren Entwicklung Münchens zur bedeutenden Universitäts stadt gewürdigt zu werden. Unter Maximilian II. wurde München aber auch zum Brennpunkt einer neuen literarischen Bewegung. Was Ludwig I. vornehmlich zur Förderung der bilBayerische Staatsbibliothek. Handschriften- und Inkunabelnabteilung. Heyse-Archiv VI. Schmid Her man Theodor (8). Deutsche Biographie. S. 668. 216

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