OÖ. Heimatblätter 1987, 41. Jahrgang, Heft 3

In einer Ausgabe von Weihnachtsgedichten erschien 1980 im Münchener Heyne-Verlag*^^ Herman Schmids Gedicht „Vöglein". Die Gedankentiefe der Verse spricht uns auch heute noch an. Ein Vöglein, das im Käfig, aus dem Ei geschlüpft, nie mals den Wald gesehen, träumt unter dem Weihnachtsbaum des Dichters einen selt samen Traum, der den Dichter an eine andere Welt gemahnt und auch an so manche Fragen, die er sich oft zweifelnd gestellt hat. Neben den Gedichten und Prologen verdient das romantische Epos „Winland oder die Fahrt ins Glück" Beachhxng, hatte doch Schmid während eines Vierteljahrhun derts an diesem Inbild seines Seelenlebens und geistigen Entwicklungsweges ge arbeitet, ehe es 1876 in der Deutschen Romanbibliothek bei Hallerberger in Stuttgart erscheinen konnte. Gegenüber dem geistigen Ringen des Helden, der, von Zweifeln getrieben, nach der Wahrheit suchend, durch die Welt zieht, überwiegen im Epos jedoch kulturhistorische Elemente, liebevoll ausgeführte Landschaftsschilderungen und romantische Reminiszenzen an das Mittelalter. So bezeichnete Ludwig Trost „Winland" als ein „in einen Novellenzyklus zerfallendes romantisches Epos". Es verrät, daß „derjenige, welcher ein Leben lang daran gedichtet hat, durch das ganze Leben und im Grunde des Herzens ein Romantiker war"^"^. So pflückt Bruno, der Held des Epos, ehe er zu seiner Fahrt aufbricht, eine Rose vom elterlichen Grabe, und es ist ihm dabei, als spräche die Mutter zu ihm: Bleibe stark. - Du bist am Ziele, Wenn die Rose wieder blüht. Mit der Rose an der Brust zieht Bruno auf die Suche nach dem Glück aus. Nach stürmischer Lebensfahrt heimgekehrt, sieht er von den Zinnen seines Schlos ses die Sonne seines letzten Erdentages aufgehen: Die schwache Hand mit nie gefühlter Lust Sucht nach der Mutter Rose auf der Brust. Schließlich sieht Bruno die in Sonnenglut getauchte Rose wie von neuer Blüte überhaucht: O Mutter - seufzt er, freudig im Gemüt, Nun naht das Ziel - denn deine Rose blüht.^^ Felix Dahn zollt dem Epos hohe Anerkennung: „Du hast mir ein weihevolles Geschenk gemacht. Würdigere Hände als die meinen werden Dir den Lorbeer dafür reichen, doch wünsche ich Dir viele Leser, die Deinem Werke die gleiche EmpfängFröhliche Weihnachten. Herausgegeben von Daniel Kleinworth mit vielen liebevollen Details von Lud wig Richter. S. 14 f. Trost: S. 112 f. 65 Trost: S. 88. 201

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