„Gustav" aus Adalbert Stifters „Condor" ist nun bekannt^ Von Fritz Feichtinger Ln Zusammenhang mit der Quellenforschung zu meiner umfangreicheren Arbeit „Adalbert Stifter - ein Maler? - Stilkritisch-maltechnische Untersuchung als Beitrag zur Biographie des Dichters" konnte ich das seit mehr als 100 Jahren wäh rende Rätsel um „Gustav" in Stifters Schriften lösen. Dieser Gustav, den Stifter in seiner Erstveröffentlichung der Novelle „Der Condor"^ erwähnt, wäre sicher eine Kunstfigur geblieben, hätte ihn der Dichter nicht schon vorher in seinen Briefen an den Freund Adolf Frh. von Brenner genannt und damit das Interesse des Herausgebers der Briefe im Rahmen der Prager Gesamtaus gabe (SW) Gustav Wilhelm erregt, der in seinen „Lesarten und Anmerkungen" mit kri tisch bohrendem Geist versuchte, „Gustav"^ - wie auch alle anderen in den Briefen vorkommenden Personen aus den verschiedensten Gesellschaftsschichten - biogra fisch zu erläutern. „Gustav" allerdings widersetzte sich dem so gewissenhaften und ausdauernden Gelehrten, denn dieser hatte einen ungünstigen Such-Ansatz gewählt und Gustav verständlicherweise im literarischen Bereich und an einem unrichtigen Ort vermutet, obwohl die Briefe Stifters - Gustav betreffend - konkret auf einen existenten bildenden Künstler - einen Maler und Zeichner - hinwiesen, so daß es auf der Hand liegen mußte, daß der Maler Gustav in der Novelle identisch sein könnte mit dem Maler Gustav in den Briefen. Dieser Zusammenhang wurde nicht gesehen, das Datum der Briefe - 1836 - nicht mit der möglichen Entstehungszeit^ des „Condor" - wie andere Forscher auch vermuten - nicht in Verbindung gebracht, und doch besteht die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit, daß der „Condor" schon in dieser frühen Zeit konzipiert, aber erst 1840 veröffentlicht wurde. Stifter hatte jedenfalls „Gustav" schon mindestens 1834 durch seine Malerfreunde Fischbach^ und Gauermann^ kennengelernt, die mit ' Diese Entdeckung machte ich am 2. Dezember 1985 in Linz. ^SW 1,34 f. (2. Aufl.). ^ SW XVII, Br. 1. Bd., S. 342. < SW I, S. XXXIV. 5 Johann Fischbach (1797-1871). ^ Friedrich Gauermann (1807-1862). 274
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