laufes nicht nur die örtlichen Veränderungen nachvollziehen läßt, sondern dabei den Leser in die verschiedensten historischen Epochen zurückführt. Alfons Dalma spricht in seiner Rezension „Das metapolitische Mitteleuropa" („Die Presse", 13./14. Dezember 1986) von einer Neuentdeckung der Donauländer durch Claudio Magris und von einem essayistischen Gebäude seines enzyklopädi schen Wissens und intuitiven Erlebnisses. Mit diesen Beispielen werden verschiedene Charakteristika genannt, die eigentlich alle auf dieses originelle Werk angewendet werden können: das histo rische Element, die intuitive Erlebniskraft, die zur Dichtung hinführt, und die Summe von Erkenntnissen, die diesem Werk enzyklopädischen Wert verleihen. In ihm nimmt die Donau verschiedene Dimensionen an: neben der to pographischen findet sich die historische, neben der historischen die kulturge schichtliche und neben dieser die literarische, die bis zur poetischen reicht. Magris hat in seinem Band etwas vollzogen, was sich Franz Tumler auf andere Weise in sei nem Poem „Sätze von der Donau" vorgenommen hat. Während Magris den ganzen Lauf der Geschichte auszuschreiten versucht, hat Tumler jene Strecke des Flusses und seiner Geschichte abgesteckt, die in seiner persönlichen Erlebniswelt eine Rolle spielt. Für Magris ist die Donau auch ein österreichischer Fluß, und österreichisch ist das Mißtrauen in die Geschichte. Die Vorliebe für das alte Österreich, in dem man heute zu gerne ein kongeniales Vaterland erblickt, begründet er damit, daß es ein Vaterland von Menschen war, die an der Zukunft ihrer Welt gezweifelt haben, die deshalb die Widersprüche des alten Imperiums nicht lösen wollten, wenn sie die Lösungen auch kannten, weil sie wußten, daß jede Lösung zur Auflösung von einigen wesentlichen Elementen des heterogenen Reiches und damit zum Ende des Reiches selbst führen würde. Von Kronprinz Rudolf, mit dessen tragischem Tod sich die Auflösung der Habsburger-Monarchie ankündigte, stammt ebenfalls ein Buch, das der Donau gewidmet ist. Beim Festzug, den Hans Makart zur Silberhochzeit von Franz Joseph und Elisabeth am 28. April 1879 gestaltet hatte, trug an der Spitze der Buchdruckerzunft der als Gutenberg kostümierte Buchhändler Manz eine Tafel, auf welcher der Titel dieses Werkes verzeichnet war: „Fünfzehn Tage auf der Donau." Ein Jahr zuvor hatte der Kronprinz mit seinem Schwager Leopold in Gesell schaft des Grafen Bombelles sowie des Zoologen Alfred Edmund Brehm, den er als die Hauptpersönlichkeit dieser Unternehmung bezeichnet, und dem Ornithologen Eugen von Homeyer eine Schiffsreise in die Gebiete der unteren Donau, noch inner halb der Grenzen der Monarchie, absolviert, die er in einem Jagd- und Tagebuch festhielt. Dieses wurde zunächst nur einem engeren Kreise zugänglich gemacht und auszugsweise in einem Wiener Blatte veröffentlicht. Eine vollständige Ausgabe, aller dings in stenografischer Übertragung, erschien 1881 in Wien und im gleichen Jahr in italienischer Übersetzung in Görz. 1887 wurde es in den Sammelband „Jagden und Beobachtungen von Kronprinz Erzherzog Rudolf" aufgenommen und einem breiten Publikum angeboten. 271
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