das Erdreich aufgenommen werden. Ebenso erinnert Magris an das Haus „Zum Schwarzen Adler", wo Beethoven gewohnt hat und 1680 der Feldherr und große Theoretiker der Kriegskunst Raimondo Montecuccoli gestorben ist. Linz ist eine der vielen historischen Stationen, wohin Magris die Leser seines Donau-Buches führt, das vorerst nur in italienischer Sprache vorliegt, aber dem nächst in deutscher Übersetzung im Carl-Hanser-Verlag erscheinen wird. Wenn wir die Darstelllung des Verlaufes der Donau von ihren Quellen bis zu den Mündungen vor Augen haben, die nach den Angaben des Kosmographen der Republik Venedig, Marco Coronelli, 1693 in Paris für den Dauphin hergestellt wor den ist und die im Norden bis Prag reicht und das Adriatische Meer bis Ancona und bis zu den Bocche di Cattaro einschließt, also jenen Raum, den wir historisch und kul turell mit Mitteleuropa identifizieren können, wird es uns nicht wundern, daß gerade der bekannte Triestiner Germanist der Autor dieses Buches ist. Mit ihm bestätigt er von neuem seinen Ruf als einer der bemerkenswertesten Persönlichkeiten der europäischen Kultur. Schon als Vierundzwanzigjähriger ist er mit einem Werk hervorgetreten, „Ii mito absburgico nella letteratura austriaca moderna", das nicht nur von Italien ausgehend eine regelrechte Österreich-Renais sance europaweit initiierte, sondern mit seiner Übersetzung ins Deutsche in Öster reich zur eigenen kulturellen Identifizierung beigetragen hat, die durch sein Buch „Weit von wo - Verlorene Welt des Ostjudentums" noch verstärkt worden ist. Als vor einigen Wochen in Wien die deutschsprachige Ausgabe der Erzäh lung „lllazioni su una sciabola" (Mutmaßungen über einen Säbel) von Claudio Magris präsentiert worden ist, kam auch auf sein jüngstes Werk „Danubio" die Rede. Am Umschlag wird es als eine sentimentale Reise von den Quellen des großen Flus ses bis zum Schwarzen Meer bezeichnet, die demnach mit einer inneren persönlichen Beziehung zum gewählten Argument verfaßt ist. Es handelt sich also um mehr als um eine Reisebeschreibung. Wenn wir dieses Buch etwa mit den Schilderungen der Donaufahrt des llluministen Friedrich Nicolai vergleichen, werden wir, abgesehen davon, daß es sich nur um die Beschreibung eines bestimmten Abschnittes der Donau handelt und Magris den ganzen Flußverlauf verfolgt, feststellen, daß uns Nicolai mit seinen Statistiken und seinen Informationen über die geistige Bildung sowie über die sittlichen und religiösen Zustände nur einen Überblick der wirtschaft lichen und kulturellen Verhältnisse in diesem Teil Mitteleuropas bietet, während uns Magris ein umfassendes Weltbild unserer Gegenwart mit seinen geistesgeschicht lichen Grundlagen vermittelt. Die Donau ist dabei nicht etwa ein Vorwand, sondern die Hauptperson, um die sich die Begebenheiten ranken, wie Verzweigungen, die schließlich wieder in den großen Strom der Geschichte münden. Bei der vorerwähnten Buchpräsentation in Wien hat Magris auf die Frage, in welche literarische Kategorie er selbst sein Buch über die Donau einreihen würde, dieses als ein Werk zwischen Essay und Geschichte charakterisiert. Greste del Buono hingegen hat es in seinem Artikel im „Corriere delle Sera" vom 18. November 1986 „Una vita lungo il Danubio" (Ein Leben entlang der Donau) als einen kritischen Roman bezeichnet, da uns der Autor bei der Verfolgung des Fluß270
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