OÖ. Heimatblätter 1987, 41. Jahrgang, Heft 2

gen Bewirtschaftung erkennbar. 84 Prozent der Nebenerwerbsbauern sind Pendler, wobei mehr als ein Viertel täglich über 60 Kilometer unterwegs ist. Viele Tabellen und Kartenskizzen veran schaulichen den Text, der eine Fülle an Informa tionsmaterial enthält, das als Grundlage bei der Behandlung von Fragen des ländlichen Raumes und all der damit zusammenhängenden Erschei nungsformen dienen sollte. Für Heimatforscher, insbesondere im Mühlviertel, ist die vorliegende Broschüre eine geradezu unentbehrliche Voraus setzung für gegenwartsbezogene Arbeiten. Dietmar Assmann Gerhard Schwack: Marktplätze. Künstlerische und physiologische Gesichtspunkte bei der Gründung und Planung am Beispiel Altheim. (=Theorie und Forschung, Architektur und Städtebau, Bd. 1.) Regenshurg: Roderer und Welz 1986. 228 Seiten. S 296,40. ISBN 3-89073-363-8. Warum üben Marktplätze auf den Betrachter unbewußt eine Faszination aus, fordern ihn gera dezu heraus, mit seinen Augen die Häuserreihen abzutasten, die Gesimse entlangzugleiten und ein ästhetisches Empfinden zu spüren, das mitunter durch in das Ensemble eingesetzte Neubauten jäh gestört wird? Woran also liegt es, daß Bauten der Neuzeit so wenig Ausstrahlung besitzen? Die Theorie des Sehens, das Sehempfinden des menschlichen Auges spielen in der Beantwor tung der Fragen die entscheidende Rolle: Erstens: Nicht das Meßbare ist richtig, sondern das vom Auge als richtig Erkannte, auch wenn es sich dabei um bewußte optische Täuschungen handelt. Zweitens: Je anstrengender und aufwendiger das Sehen ist, desto interessanter und größer er scheint das Objekt. Wenn es möglich ist, dem begreiflichen Wunsch des Menschen - mehr zu sein, als er tat sächlich ist - durch Überlistung seiner Sinnesein drücke entgegenzukommen, dann heißt dies in baulicher Konsequenz das Abgehen von den heute vorherrschenden horizontalen, vertikalen, recht winkeligen Linien, planebenen Flächen und das Erzeugen von Abwechslung durch unterschiedli che Gebäudebreiten, Traufenhöhen, Dachformen, Gebäudeflucht und Fassadengliederungen mit Material und Farbe, das Betonen unregelmäßiger Teilungen der Fenster und Türen, das Herausbil den gebogener, wellenförmiger Fluchtlinien und Wandverformungen. Diese theoretischen Grundlagen waren im Zeitalter der Gotik jeder Bauhütte bekannt, inner halb einer bestimmten Bandbreite befindliche Unterschiede eifersüchtig von den einzelnen Bau meistern als Geheimnis gehütet. Italienische Ar chitekten, vielfach von den Herrscherhäusern für die Anlage von Plätzen in Stadt und Land enga giert, wußten sich an diese sorgfältig ausgearbeite ten Gesetze zu halten, die in Folge der sich ändern den Zeit- und Kunstepochen allmählich in Verges senheit gerieten. Der Altheimer Architekt Gerhard Schwack stieß im Zuge der Arbeiten für den Bebauungsplan „Altheimer Marktplatz" auf den Zusammenhang zwischen Sehwinkel, Haushöhe, Hausbreite und Hausfolge sowie auf das Vorhandensein von Min destunterscheidungen der Häuser zueinander. Umfangreiche Vermessungen der Hausflächen, des Bodenverlaufes des Marktplatzes bestätigten diese Theorie. Die Überraschung war perfekt, als die festge stellten vielfältigen Meßwerte mit den ehemals verwendeten natürlichen Längenmaßen Klafter, Schritt, Elle, Fuß, Handbreite und Finger verglichen wurden und sich eine Zahlenharmonie mit dem Modul 12 ergab. Geforderte nachbarliche Unter scheidungen in einem bestimmten Maß lagen immer im genau festgelegten Bereich des nächst feineren Maßes. Weitere Vermessungen an verschiedenen Kir chen (Pfarrkirche in St. Laurenz) und Domen (Chartre, Venedig, Florenz) wiesen die Gültigkeit auch in der kirchlichen Baukunst nach. Das das Schema von Altheim auch für andere Plätze entsprechend gilt, enthält die Untersuchung auch ein Kapitel über Bauaufnahmen sowie Hin weise zur Platzgestaltung mit Maßangaben und Faustregeln, sodaß es all den Personen empfohlen werden kann, die sich in verantwortlicher Stellung mit dem Bauen in historisch gewachsenen Orts kernen beschäftigen. Lothar Bodingbauer

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