OÖ. Heimatblätter 1987, 41. Jahrgang, Heft 2

Alter und Bedeutung der Pfarrschulen am Beispiel der Schule Ffarrkirchen-HaU Von Hans Hülber A/s er siehenunddreißig Jahre alt gewor den war, versuchte er, lesen und schreiben zu ler nen. Die langen Winternächte saß er heim flakkernden Licht des im öl schwimmenden Doch tes und grub Buchstaben für Buchstaben in die mit Wachs überzogene Holztafel. Schreiben, das Sichtbarmachen des Gesprochenen, der ge heimnisvolle Vorgang, der es ermöglichte. Ge sagtes zu verewigen! Es hatte ihm mißfallen, daß er die Bücher seiner Kleriker in den Kloster bibliotheken nicht lesen konnte, daß er sich Handschreiben vorlesen lassen mußte, kein La tein verstand, für alles und jedes einen Dol metsch brauchte, er, Otto, König der Deutschen, Beherrscher des Reiches. Die Nachwelt nannte ihn Otto den Großen. Er war 912 geboren wor den und starb 973^. Nicht nur Könige, auch Edle des Rei ches konnten nicht lesen und schreiben. Sie hielten es auch nicht für erforderlich. Wichtig war es, das Schwert zu führen. Die unteren Stände kannten nur ihre be ruflichen Belange, und die Isolation ihres Lebensraumes machte das Lesen und Schreiben wertlos. Mit Griffel und Feder konnten nur Priester umgehen. Sie waren Mittler zu Gott und zu den kirchlichen und staatlichen Oberen. Was sollte also die Schule auf dem Dorfe? Das städti sche Bürgertum war erst im Entstehen, die Gemeinschaften noch klein, über schaubar und wenig kommunikativ. Es gab handfeste Arbeit, aber keine Bot schaften, weder zu lesen, noch zu schrei ben. Aber es gab den Gottesdienst in all seinen Formen, und der wurde ernstge nommen, erforderte ein Mindestmaß an Bildung und noch mehr von den Talen tierten, die in der kirchlichen Hierarchie benötigt wurden. Und so verfügte Karl, den man den Großen nennt, schon mehr als 100 Jahre vor Otto, dem König der Deutschen, daß Schulen errichtet wer den, damit die Kinder das Vaterunser ler nen und Singen und Lesen, um die kirch lichen Feiern festlicher zu gestalten, gläu big zu werden und auch zu bleiben. Mit dem Aufblühen des Christen tums entstand so allmählich Volksunter richt. Religiöse Themen bildeten das Hauptstudium, die Summe anderer Kenntnisse war sehr bescheiden. Wahrscheinlich gab es vor dem Jahr 1000 nur in den Dompfarren und Klö stern Schulen. Während unter Karl dem Großen auch das Laienpublikum in die Lateinschulen eingeladen war, durften unter seinem Sohn Ludwig dem FromS. Fischer-Fabian: Deutsche Cäsaren, Droemer 1977.

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