OÖ. Heimatblätter 1987, 41. Jahrgang, Heft 2

über den Katechismus, der immer der wesentlichste Inhalt des Unterrichts war, sagt der Historiker Weiß^ daß es schwer gewesen sein muß, den Kindern den fol genden Einleiiungssaiz des ersten Hauptstückes zu erklären: Der Glaube ist ein übernatürliches Licht, eine Gabe Gottes, eine von Gott eingegos sene Tugend, durch welche der katholische Christ alles für wahr hält, was Gott geoffen baret und die katholische Kirche zu glauben vor stellet. Bei Helferb werden Stimmen zitiert, die uns die Einstellung vieler zur neuen Landschule und zur Vergangenheit zei gen: A4an hat geglaubt, ja bei jeder Gelegenheit behauptet, es sei nicht nur nicht nötig, sondern sogar gefährlich, der gemeinen Leute Verstand zu bearbeiten, denn die Geschäfte, zu welchen man sie braucht, erfordern keinen aufgeklärten Verstand, und wegen des Joches, welches sie drückt, sei es schädlich, ihnen viel Einsicht und feines Gefühl zu schaffen. Im Jahre 1764 sag te ein in Wien weilender russischer Herr - zitiert bei Heitert: Aus den Provinzialschulen, die die russische Kaiserin anlegen lassen wolle, soll nichts werden, denn die Edelleute wür den die Kinder ihrer Bauern nicht in dieselben schicken, weil diese weiter nichts lernen müssen als das, was der hl. Sergius sagte, nämlich, daß sie als Soldaten hingehen, wohin sie geschickt werden. Oder: Wenn Landleute lesen könnten, möchten sie wohl schlechte Bücher lesen und da durch in der Religion auf Irrwege geraten. Die Aufklärung der Landleute möchte in ihnen die Begierde nach einem besseren und leichteren Stand rege machen und folglich die Zahl der Personen vermindern, die man zum Anbau der Ländereien so nötig hat. Im bayrischen Landrecht aus 1616 steht, „man soll kein Bauernkind über 12 Jahre in die Schule gehen lassen, sondern zu anderen Arbeiten anhalten"'^. Die Widerstände gegen die geistige Entwicklung der unterprivilegierten Be völkerung waren, wie die Zitate zeigen, in ganz Europa gleich. Noch nach 1770 ver traten katholisch-kirchliche Kreise in Österreich die Meinung, daß die Lehre des Lesens und Schreibens unter dem Bauernvolk wegen des starken Kryptoprotestantismus eingeschränkt werden sollte. Die Oberste Hofkanzlei vertrat al lerdings (und bemerkenswerterweise) den Standpunkt, daß Lesen und Schrei ben allgemein nützlich sei. Die Men schen zu bilden sei Absicht und Mei nung der Kaiserin. Der Analphabetismus sei die Wurzel des Aberglaubens, ver rohter Sitten und der Kriminalität^ Si cher war die Einrichtung der Volksschu le aus einer wirtschaftspolitischen Ab sicht begründet. Aufklärung und Mer kantilismus sind die tieferen Beweggrün de für den Wandel in der Gesellschaft. Von Bedeutung war hier das Wirken von Sonnenfels, Gottfried van Swieten und Felbiger. Von einigen Kennern der Thematik gibt es über die Pfarrschulen im Lande ob der Enns wertvolle einschlägige Arbei ten, aber wohl infolge des Fehlens von of- ■ Hanna Mittenhuber: Pfarrschule Mürzzuschlag, Diss., Wien 1966. '' Entstehungsgeschichte des Volksschulplanes von 1804, Graz 1904. ' Jos. Alex. V. Belfert: Die Gründung der österr. Volksschulen, Prag 1860 (S. 326). Bezüglich aller Normalschulen sei auf die ausgezeichnete Ar beit von Ernst Wangermann hingewiesen: Auf klärung und staatsbürgerliche Erziehung, Österreich-Archiv, Verlag f. Geschichte und Po litik, Wien 1978. ^ Heinrich Heppe: Geschichte des Volksschul wesens, Gotha 1858, Bd. 1. '' Grete Klingenstein, in: Bildung, Politik und Ge sellschaft, Wien 1978.

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