OÖ. Heimatblätter 1987, 41. Jahrgang, Heft 2

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OBEROSTERREICHISCHE 41. Jahrgang 1987 Heft 2 Herausgegeben vom Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oberösterreich Hans Hülber Alter und Bedeutung der Pfarrschulen am Beispiel der Schule Pfarrkirchen-Hall Franz Sonntag Ein Beitrag zur Schulgeschichte Mattighofens (1779-1906) Johannes Riedl Die Kapelle der Pädagogischen Akademie der Diözese Linz Rudolf Zinnhobler Die Kirche Oberösterreichs im Barock Buchbesprechungen

Medieninhaber; Land Oberösterreich Herausgeber: Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oberösterreich, Leiter: W. Hofrat Dr. phil. Dietmar Assmann Zuschriften (Manuskripte, Besprechungsexem plare) und Bestellungen sind zu richten an den Schriftleiter der Oö. Heimatblätter: Wiss. Oberrat Dr. phil. Aldemar W. M. Schiffkorn, Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oö., 4020 Linz, Landstraße 31 (Landeskultur zentrum Ursulinenhof), Tel. 0 732/2705 17-0* Jahresabonnement (4 Hefte) S 160,- (inkl. 10% MwSt.) Hersteller: Druckerei Rudolf Trauner Ges. m. b. H., 4020 Linz, Köglstraße 14 Für den Inhalt der einzelnen Beiträge zeichnet der jeweilige Verfasser verantwortlich Alle Rechte vorbehalten Für unverlangt eingesandte Manuskripte über nimmt die Schriftleitung keine Haftung ISBN 3-85393-040-9 Mitarbeiter Mag. Peter Assmann, Lessingstraße 9, 4020 Linz W. Hofrat Mag. Ing. Herbert Bezdek, Leiter der Abteilung Landeskontrolldienst, Schubert straße 4, 4020 Linz Prof. Lothar Bodingbauer, Konsulent, Braunauer Straße 15, 4950 Altheim W. Hofrat Dr. Hans Hülben Blechturmgasse 23, 1050 Wien Prof. Dr. Johannes Riedl, Direktor der Pädagogi schen Akademie der Diözese Linz, Salesianumweg 3, 4020 Linz HS-Dir. OSR Franz Sonntag, Konsulent, Mittel straße 15, 5320 Mattighofen Univ.-Prof. Dr. Rudolf Zinnhobler, Institut für Kir chengeschichte und Diözesangeschichte, Kath.- Theol. Hochschule, Harrachstraße 7, 4020 Linz Titelbild „Brave und ungezogene Schüler". Aus: Borst, Arno: Lebensformen im Mittelalter. Frankfurt 1973.

Alter und Bedeutung der Pfarrschulen am Beispiel der Schule Ffarrkirchen-HaU Von Hans Hülber A/s er siehenunddreißig Jahre alt gewor den war, versuchte er, lesen und schreiben zu ler nen. Die langen Winternächte saß er heim flakkernden Licht des im öl schwimmenden Doch tes und grub Buchstaben für Buchstaben in die mit Wachs überzogene Holztafel. Schreiben, das Sichtbarmachen des Gesprochenen, der ge heimnisvolle Vorgang, der es ermöglichte. Ge sagtes zu verewigen! Es hatte ihm mißfallen, daß er die Bücher seiner Kleriker in den Kloster bibliotheken nicht lesen konnte, daß er sich Handschreiben vorlesen lassen mußte, kein La tein verstand, für alles und jedes einen Dol metsch brauchte, er, Otto, König der Deutschen, Beherrscher des Reiches. Die Nachwelt nannte ihn Otto den Großen. Er war 912 geboren wor den und starb 973^. Nicht nur Könige, auch Edle des Rei ches konnten nicht lesen und schreiben. Sie hielten es auch nicht für erforderlich. Wichtig war es, das Schwert zu führen. Die unteren Stände kannten nur ihre be ruflichen Belange, und die Isolation ihres Lebensraumes machte das Lesen und Schreiben wertlos. Mit Griffel und Feder konnten nur Priester umgehen. Sie waren Mittler zu Gott und zu den kirchlichen und staatlichen Oberen. Was sollte also die Schule auf dem Dorfe? Das städti sche Bürgertum war erst im Entstehen, die Gemeinschaften noch klein, über schaubar und wenig kommunikativ. Es gab handfeste Arbeit, aber keine Bot schaften, weder zu lesen, noch zu schrei ben. Aber es gab den Gottesdienst in all seinen Formen, und der wurde ernstge nommen, erforderte ein Mindestmaß an Bildung und noch mehr von den Talen tierten, die in der kirchlichen Hierarchie benötigt wurden. Und so verfügte Karl, den man den Großen nennt, schon mehr als 100 Jahre vor Otto, dem König der Deutschen, daß Schulen errichtet wer den, damit die Kinder das Vaterunser ler nen und Singen und Lesen, um die kirch lichen Feiern festlicher zu gestalten, gläu big zu werden und auch zu bleiben. Mit dem Aufblühen des Christen tums entstand so allmählich Volksunter richt. Religiöse Themen bildeten das Hauptstudium, die Summe anderer Kenntnisse war sehr bescheiden. Wahrscheinlich gab es vor dem Jahr 1000 nur in den Dompfarren und Klö stern Schulen. Während unter Karl dem Großen auch das Laienpublikum in die Lateinschulen eingeladen war, durften unter seinem Sohn Ludwig dem FromS. Fischer-Fabian: Deutsche Cäsaren, Droemer 1977.

II imn Schreibender Mönch mit Feder und Federmesser. Miniatur (um 1150) aus dem „Canterhury-Psalter". Dem Fleiß und der Kenntnis der Mönche des Mittelalters ver danken wir den größten Teil des aus dem Altertum über lieferten Wissens, Aus: Hartwig Gebler: Das Buch von den heilenden Kräutern. Sahburg: Langen-Müller 1982. men (814-840) nur noch die „pueri oblati", die dem Mönchsstand geweihten Kinder und solche, die Weltpriester wer den sollten, die Schulen besuchen. Erst nachdem die Städte durch Wohlstand und Ansehen zu Einfluß gelangt waren - eigentlich erst unter den Hohenstaufen im 13. Jh. waren diese Bildungsstätten auch wieder allgemein zugänglich. Die Pfarrschulen aber, die „deutschen Schu len", die lokal kirchliche Aufgaben hat ten, waren vom Verbot nicht betroffen gewesen. Diese Pfarrschulen, die weit in die Vergangenheit zurückreichen, sind eine versunkene Welt, über deren Wesen und Erscheinung manches Vermutung bleibt. So einfach sie im einzelnen gewesen sein mögen, sie sind ein Teil der österreichi schen Kulturgeschichte und der Beginn der allgemeinen Volksbildung. Leider würdigt die Forschung diese Institution zuwenig. Ihr gilt nun diese bescheidene Studie. Man muß allerdings zugeben, daß die Quellen spärlich fließen bzw. schwer erreichbar sind. In der ersten Zeit, im frü hen Mittelalter, hat niemand bewußt Aufzeichnungen verfaßt und hinterlas sen. Und so gibt man sich mit ungenauen Alters- und Wirksamkeitsvermutungen zufrieden. Verschiedene bereits erschlos sene Quellen sind viel jünger als das wirkliche Alter dieser ersten Schulen. Das verleitet zur Annahme, daß sie Ge bilde einer späteren Zeit, etwa des 16. Jh., seien, daß sie in einem Zusammenhang mit den protestantischen Schulbemü hungen stünden. Tatsächlich sind sie aber in der Regel so alt wie die jeweiligen Pfarren selbst. In ihrem Wirken hat sich natürlich im Laufe der Zeit manches geändert. Aber es war ein weiter Weg bis zu einem umfassenden Unterricht. Am 6. Dezember 1774 wurde der Re formplan des gesamten Schulwesens in Österreich gegen manche Widerstände von Maria Theresia genehmigt. Dem ging voraus, daß am 8. April 1752 mit Hofdekret die Kreishauptleute aufgefor dert worden waren, über das bisherige niedere Schulwesen ihrer Bereiche zu be richten. Da bis dahin nur Pfarrschulen bestanden, von wenigen städtischen Schulhaltern abgesehen, wurden die Pfarrer eingeladen, Berichte abzugeben. Und aus diesem Material wurde dann der Reformplan erstellt. 1769 ergingen

Schulgeschichtliche Sammlung, Heimathaus Bad Hall ■\^%w 4m X MV..i ^1* V die ersten allgemeinen Weisungen Maria Theresias an die Schulhalter. Daraus ist zu ersehen, dai3 die Pfarrschulen Grund lage des allgemeinen österreichischen Schulwesens sind. Ich werde versuchen, neben den all gemeinen Gesichtspunkten, am konkre ten Beispiel Pfarrkirchen-Hall die Ent wicklung des Pfarrschulwesens zu ver folgen. Pfarrkirchen-Hall war in den Anfän gen - etwa im 8. Jh. - eine Einheit, die sich erst später auseinander entwickelte. Die Zugehörigkeit dieser Mutterpfarre zum Benediktinerstift Kremsmünster war ent scheidend für Existenz und weitere Ent wicklung ihrer mittelalterlichen Schulen. Wenn man von den Lateinschulen der Dome und Klöster der näheren und wei teren Umgebung absieht, die doch nur elitären Kleingruppen dienten, waren die pfarrlichen Dorfschulen die ursprüng lichen Volksbildungsstätten, die vorerst im Rahmen des Kirchenkalenders geisti ge Anregungen gegeben haben. Wäh rend des frühen Mittelalters gab es nur wenige Schüler. Die Pfarrer schulten sie vorerst selbst, machten sie zu Sängern, Messeknaben und auch zu Mesnern. Entdeckten sie besondere Talente, wur den sie für die Klosterschulen als Prie sternachwuchs vorbereitet. Die Mesner wurden vielfach die späteren Schulmei ster. Die Pfarrer brachten in allen diesen Fällen ihr Wissen ein. An eine über die Religion hinausgehende Allgemeinbil dung für das bürgerliche Leben ist da mals nicht gedacht worden. Daraufweist

Iff# fi; ■ ■•# J- « :l Blfc fs" Schulgeschichtliche Sammlung, Heimathaus Bad Hall vieles hin. „Die Unterrichtung der Jugend ist nicht vornehmlich den Menschen zur Förderung der Welthändel dienlich, son dern vielmehr Gott, zur Mehrung seines Sohnes Reich." So steht es in der rich tunggebenden Schulordnung der Markt schule Kremsmünster aus dem Jahre 1600. Ich komme darauf noch zurück. Wir können annehmen, daß diese Auf fassung immer schon allgemein vorherr schend gewesen ist und erst durch die Reformation eine Korrektur erfahren hat. Neben den Benediktinern haben andere Orden und andere Religionsgemein schaften in die Jugenderziehung einge griffen. Zur frühmittelalterlichen Schul motivation sagt Konrad Schiffmann; Hauptsache des Unterrichtes waren die Dienste an der Kirche und die dazu erforderlichen Vor bereitungen. In erster Linie singen, beten, lesen. Man wird annehmen müssen, daß in der Regel die an der Kirche gehaltenen Chorknaben (Mes seknaben) den Christallisationspunkt für das Entstehen einer allgemeinen Schule geboten ha ben^. Karl Hochhuber, um die Jahrhun dertwende Pfarrer zu Pfarrkirchen, schreibt in der Pfarrchronik (Manuskript in der Pfarrkanzlei): Bis zum Ausgang des Mittelalters lag der Unterricht ganz in den Händen der Kirche. Bei jeder Kirche war ein Kantor angestellt, der neben dem Mesner- und Orgeldienst auch verpflichtet war, den Kindern Unterricht zu erteilen. Freilich erstreckte sich dieser nur auf die Glaubenslehre, doch konnte, wer wollte, auch Lesen, Schreiben und Rechnen lernen. Doch diese Lehrerwaren keine Männer aus Hohen Schulen. ■ Schulwesen im Lande ob der Enns, Linz 1900.

Albert Anker (1832-1910): Die Dorfschule Wenn man der Geschichte der Pfarr schulen nachgehen will, ist man weitge hend auf Hinweise in Urkunden und in alten Büchern - oft nur marginale An deutungen - und auf daraus abzulei tende hypothetische Schlüsse angewie sen. Solche Hypothesen haben über lan ge Zeiträume Gültigkeit. Große, bewußt herbeigeführte Veränderungen stellten sich erst mit der Aufklärung ein. Eine Zä sur mit fließendem Übergang brachte die schon erwähnte Schulordnung der Kai serin. Eine bemerkenswerte Verfügung dazu war die Hofordnung losephs II. vom 24. März 1785, die besagt, daß über all dort, wo ein Pfarrbuch gehalten wird, eine Pfarrschule zu errichten ist. Der Zu sammenhang zwischen Pfarre und Schu le war aus der Gepflogenheit der voraus gehenden Jahrhunderte abgeleitet. Im Absolutismus wurde das Erziehungsziel erweitert: Der Religionsunterricht soll die Kinder gegen Gott Liebe und Ehrfurcht erweisen lehren, gegen ihren Monarchen unerschütterliche Treue. Die Debatte über die Methode des Unterrichts führte erst sehr spät zu we sentlichen Veränderungen. Die Absicht der Unterrichtsbehörde, im Unterricht mehr den Verstand anzusprechen, stieß nämlich bezüglich des Religionsunter richtes auf den Widerspruch des Wiener Erzbischofs Migazzi: Der Grund unserer heiligen Religion, schrieb er in einer Ein gabe an den Kaiser, ist der Glaube, von dem muß man anfangen, wenn man katholische Christen zu bilden hat. Kinder soll man gewöh nen, dasjenige zu glauben, was ihnen als katho lische Wahrheit zu glaubenvorgetragen wird... Das Glaubenssi/stem enthält Wahrheiten, die über unsere geschwächte Vernunft erhaben sind^.

über den Katechismus, der immer der wesentlichste Inhalt des Unterrichts war, sagt der Historiker Weiß^ daß es schwer gewesen sein muß, den Kindern den fol genden Einleiiungssaiz des ersten Hauptstückes zu erklären: Der Glaube ist ein übernatürliches Licht, eine Gabe Gottes, eine von Gott eingegos sene Tugend, durch welche der katholische Christ alles für wahr hält, was Gott geoffen baret und die katholische Kirche zu glauben vor stellet. Bei Helferb werden Stimmen zitiert, die uns die Einstellung vieler zur neuen Landschule und zur Vergangenheit zei gen: A4an hat geglaubt, ja bei jeder Gelegenheit behauptet, es sei nicht nur nicht nötig, sondern sogar gefährlich, der gemeinen Leute Verstand zu bearbeiten, denn die Geschäfte, zu welchen man sie braucht, erfordern keinen aufgeklärten Verstand, und wegen des Joches, welches sie drückt, sei es schädlich, ihnen viel Einsicht und feines Gefühl zu schaffen. Im Jahre 1764 sag te ein in Wien weilender russischer Herr - zitiert bei Heitert: Aus den Provinzialschulen, die die russische Kaiserin anlegen lassen wolle, soll nichts werden, denn die Edelleute wür den die Kinder ihrer Bauern nicht in dieselben schicken, weil diese weiter nichts lernen müssen als das, was der hl. Sergius sagte, nämlich, daß sie als Soldaten hingehen, wohin sie geschickt werden. Oder: Wenn Landleute lesen könnten, möchten sie wohl schlechte Bücher lesen und da durch in der Religion auf Irrwege geraten. Die Aufklärung der Landleute möchte in ihnen die Begierde nach einem besseren und leichteren Stand rege machen und folglich die Zahl der Personen vermindern, die man zum Anbau der Ländereien so nötig hat. Im bayrischen Landrecht aus 1616 steht, „man soll kein Bauernkind über 12 Jahre in die Schule gehen lassen, sondern zu anderen Arbeiten anhalten"'^. Die Widerstände gegen die geistige Entwicklung der unterprivilegierten Be völkerung waren, wie die Zitate zeigen, in ganz Europa gleich. Noch nach 1770 ver traten katholisch-kirchliche Kreise in Österreich die Meinung, daß die Lehre des Lesens und Schreibens unter dem Bauernvolk wegen des starken Kryptoprotestantismus eingeschränkt werden sollte. Die Oberste Hofkanzlei vertrat al lerdings (und bemerkenswerterweise) den Standpunkt, daß Lesen und Schrei ben allgemein nützlich sei. Die Men schen zu bilden sei Absicht und Mei nung der Kaiserin. Der Analphabetismus sei die Wurzel des Aberglaubens, ver rohter Sitten und der Kriminalität^ Si cher war die Einrichtung der Volksschu le aus einer wirtschaftspolitischen Ab sicht begründet. Aufklärung und Mer kantilismus sind die tieferen Beweggrün de für den Wandel in der Gesellschaft. Von Bedeutung war hier das Wirken von Sonnenfels, Gottfried van Swieten und Felbiger. Von einigen Kennern der Thematik gibt es über die Pfarrschulen im Lande ob der Enns wertvolle einschlägige Arbei ten, aber wohl infolge des Fehlens von of- ■ Hanna Mittenhuber: Pfarrschule Mürzzuschlag, Diss., Wien 1966. '' Entstehungsgeschichte des Volksschulplanes von 1804, Graz 1904. ' Jos. Alex. V. Belfert: Die Gründung der österr. Volksschulen, Prag 1860 (S. 326). Bezüglich aller Normalschulen sei auf die ausgezeichnete Ar beit von Ernst Wangermann hingewiesen: Auf klärung und staatsbürgerliche Erziehung, Österreich-Archiv, Verlag f. Geschichte und Po litik, Wien 1978. ^ Heinrich Heppe: Geschichte des Volksschul wesens, Gotha 1858, Bd. 1. '' Grete Klingenstein, in: Bildung, Politik und Ge sellschaft, Wien 1978.

fen zutage tretenden Aussagen nur weni ge ins Detail gehende®. In Heimatbüchern, Ortsgeschichten und verschiedenen Chroniken finden wir gelegentlich brauchbare Hinweise auf das Schulwesen in den lokalen Berei chen. Aus Archiven und Bibliotheken er reichen uns eher zufällig oder nach müh samem Suchen weitere Informationen zu dem, was bereits erarbeitet worden ist. Doch gibt es sicher in Klosterarchiven noch verborgene Schätze. Man müßte al les besser auswerten, ordnen und zusam menfassen können, insbesondere über die wenig beachteten Dorfschulen. Im Vorwort zur „Geschichte der Päd agogik" (Th. Ziegler, München 1895) stehen folgende Sätze: „Auf dem Gebiet der historischen Pädagogik befinden wir uns in den Anfängen wissenschaftlicher Arbeit. Hier gilt es vielfach erst Quellen material aufzusuchen, zu sichten und in Einzeldarstellungen zu verarbeiten." Ahnlich äußerte sich auch Schiffmann. Aber nach rund 100 Jahren ist dieser Wunsch immer noch nicht erfüllt. Im ganzen ist zu verstehen, daß die Motive zur Schaffung der Dorfschulen andere waren, als die für die Lateinschulen. Für die Dorfbewohner war kein Schulwissen nötig und es gab keinen Elternehrgeiz. Die meisten konkreten Nachrichten über das Schulgeschehen erreichen uns aus der Zeit der Reformation. Erst durch Rivalität in der Schulpolitik ist es zu Auf zeichnungen gekommen. Von hier aus eröffnen sich Rückblicke in die Schulver gangenheit. Luther hat in der ersten Hälf te des 16. Jh. an die Bürgermeister und Räte der deutschen Städte die Aufforde rung gerichtet. Schulen zu schaffen und auch zu erhalten. Die Menschen sollten die Bibel, die er ins Deutsche übersetzt hatte, lesen können. Das Aufblühen der evangelischen Schulen und ihr Einfluß brachten die katholischen Kreise in Be wegung. Aus Oberösterreich sind uns einige Schulordnungen, vor allem evan gelische, erhalten; die erste aus 1567. Besonders sei darauf hingewiesen, daß in der Literatur als älteste Schule im Schulbezirk Steyr jene am Anger im Markt Hall erwähnt ist, die auf eine Stif tung aus dem Jahre 1493 zurückgeht. Aus einer anderen Stiftung, die zuwenig beachtet wurde, ergibt sich aber, daß die Schule zumindest seit dem Ende des 14. Jh. bestanden hat. Darauf komme ich noch zurück. Die Schule in Hall ist vor al lem auf die Selbständigkeitsbestrebun gen des aufstrebenden Marktbürger tums zurückzuführen. Von einer Pfarr schule im Ortsgebiet von Pfarrkirchen ist nichts überliefert, doch ist anzunehmen, daß die Mutterpfarre einer so großen Ge meinde ihre Messe- und Chorknaben schon immer selbst ausgebildet hat. 1. Die Rechtsquellen im Mittelalter Ich habe schon auf die Lehrtätigkeit der Benediktiner hingewiesen. Die Aus breitung eines umfassenden Schulwe sens der Benediktiner wurde erst durch ein Reichsgesetz Karls des Großen aus dem Jahre 789 ermöglicht': ® Hagn, Rolleder, Schiffmann, Pillewitzer, Hochhuber, Ferihumer, Ardelt u. a. Für Gesamtösterreich ist H. Engelbrechts „Geschichte des öster reichischen Bildungswesens", Wien 1982, be sonders zu erwähnen. ' Allgemeiner Mahnerlaß an die Priester. Die voll ständigen, übersetzten Texte aller einschlägigen Reichsanordnungen bringt H. Engelbrecht: Ge schichte d. öst. Bildungswesens, Bd. 1, S. 372 f. - Th. Hagn: Urkundenbuch, Geschichte des Stif-

Vor allem sollten in Klöstern und in bischöflichen Kirchen für Knaben Schu len errichtet werden. In diesen sollten die Psalmen, Noten, Gesang, der Kirchen kalender und Grammatik'" erlernt wer den können. Die Kinder sollten zumin dest das katholische Glaubensbekennt nis und das Gebet des Herrn erlernen. Und so wurde dieses Reichsgesetz die Grundlage des Unterrichts für das Mit telalter. Aufrechterhalten und gefestigt wurde diese Entwicklung durch mehrere Konzils-(Synodal-)Beschlüsse". Im en geren Bereich des Traunviertels gab es Klosterschulen in den Abteien Krems münster, Garsten und Gleink. Pfarrschulen sind in der Folge in allen Mutterpfar ren des Viertels entstanden. Nach der al ten Rechtslage konnten nur die jeweili gen Herrschaften in ihren Gebieten die Gründung von Schulen veranlassen. Da aber in Kremsmünster die weltliche und die kirchliche Gewalt in einer Hand ver einigt waren und der belehnte Landadel kaum Einspruch erhoben haben wird, entstanden keine Komplikationen. Eine Eigendynamik entwickelten die Land adeligen erst in der Reformation. Die Schule des Stiftes Kremsmünster geht auf das 9. Jh. zurück und wurde nach einer gewaltsamen Unterbrechung im 11. Jh. weitergeführt. Um das Jahr 1000 wurde die Stiftsbibliothek neu ge gründet. Etwa seit dem 13. Jh. ist die Klo sterschule in zwei Abteilungen weiterge führt worden: die Innere oder Konvent schule für jene Knaben, die oft schon im Kindesalter von ihren Eltern dem Klo sterleben gewidmet und deshalb im Klo ster erzogen wurden; die Äußere oder Hofschule wurde für jene geführt, die nicht ins Kloster wollten, deren Eltern aber aus verschiedenen Gründen höhere Bildung für ihre Kinder anstrebten. Auf Eignung und Neigung ist wohl wenig Rücksicht genommen worden. Auf die sicher wichtige Frage der Kinder- und Ju gendpsychologie kann im Rahmen die ser Studie nicht näher eingegangen wer den. In den Dorfschulen wird diese Art von Zwang zum Lernen kaum vorge kommen sein. Geteilt war die Kloster schule, um die pueri oblati, die künftigen „Söhne des Klosters", dem weltlichen Einfluß gänzlich zu entziehen. Am Konzil von Aachen nahm Abt Wolfram von Kremsmünster (807 bis nach 817) persönlich teil. Das Stift war seit dem Sturz der Agilolfinger, seiner Gründer, Reichskloster und so in enger Verbindung mit dem Hof, der Schul gründungen immer wieder verlangte. Dazu schreibt Hagn (in: Wirken der Be nediktinerabtei..., S. 17): „Es läßt sich vermuten, daß die Vorschriften des Kon zils zur Ausführung kamen." Am Konzil zu Mainz, im folgenden Jahr, wurden die Gläubigen aufgefordert, ihre Söhne zur Schule zu schicken, „sei es in die Klöster oder auswärts zu den Geistlichen, damit sie den Glauben und die Gebote des Herrn recht lernen". Im 10. Jahrhundert, nach den wieder holten kriegerischen Einfällen aus dem tes Kremsmünster und seiner Pfarren u. Besit zungen von 777 bis 1400. Kremsmünster 1852; Kremsmünster 1200 Jahre Benediktiner; 787, Constitutio de Scholis; 3.1.791, Bestätigung der Stiftung Tassilos in Worms. Formenlehre der lateinischen Sprache. " 812 Konzil Aachen; 813 Mainz; 11793. Lateran konzil; 1215 4. Laterankonzil; 1246 Synode Bezier; 1270 Satzungen des Küsters u. Schul meisters für Köln; 1545 bis 1563 Konzil Trient; 1548 königl. Synode Preßburg (Reifert; Die österr. Volksschulen I/XIX).

Osten, litten Schulwesen und Wissen schaft beträchtlich. Doch der Umstand, daß bereits im Jahre 1270 von Erzbischof Engelbert III. von Köln eine „Satzung für den Küster und Schulmeister" erlassen worden war, läßt erkennen, daß im 13. Jh. ein ausge prägtes Schulwesen bestanden haben muß. Die Institutionalisierung der Schule wird wohl schon im 12. Jh. ihre Wurzeln haben^^. Daß dies auch im Lande ob der Enns so gewesen ist, entnehmen wir einem Spruchbrief des Bischofs Gottfried von Passau aus dem Jahre 1355: Wir sprechen auch vom Gottesdienst der Pfarrkirche zu Linz, daß das begangen und vollführt werden soll mit singen und mit lesen in aller mass als es von alter herkommen ist und als es gestiftet ist, es sei A4ess, Vesper, Metten oder Vigili oder wie es genannt sei und soll der Schulmeister mit den Schülern dem Pfarrer und der Kirche dienen und warten, mit Gesang und mit allen Sachen, als es von alter herkommen ist^^. Wenn man im Jahre 1355 von „alter herkommen" spricht, dann kann man zu mindest an das vorausgehende Jahrhun dert denken. Wahrscheinlich aber an die Zeit der Gründung der jeweiligen Mut terpfarren. Und so ist ein Bogen gespannt vom Reichsgesetz des Jahres 789 über die Konzile bis ins 14. Jh. Und innerhalb die ses Bogens liegen auch die Daten über die Kirche zu „Halle" aus dem 12. Jh. Aus dem Umstand, daß der Abt des „Reichsklosters" Kremsmünster, Wolf ram, an einem entscheidenden Konzil teilgenommen hat, darf abgeleitet wer den, daß das Schulwesen in den zugehö rigen Pfarren schon sehr früh Gestalt an genommen hat. 2. Die Gotteshäuser in Pfarrkirchen-Hall und ihre Schulen Aus der Gründungsurkunde des Stiftes läßt sich die Vermutung ableiten, daß zur Zeit der drei Salzkocher am Sulzbach um das Jahr 777 schon eine Kirche bestand. Die Schenkungen wur den an den Reichstagen zu Worms und zu Aachen von Karl dem Großen bestä tigt", damit wohl auch die Kirche am Sulzbach. Vielleicht ein Holzkircherl, das sicher in den Wirren der folgenden Jahre zugrunde ging. Mit der Wiedererrich tung des Stiftes im 11. Jh. ist auch der Kir chenort mit einem romanischen Gottes haus neu erstanden. Urkundlich gesi chert ist der Bau auf dem Terrassenrand westlich des Sulzbaches, im heutigen Ort Pfarrkirchen. Nach der Schilderung des im Jahre 1330 niedergeschriebenen „De census ecclesiarum" erbaute Abt Ul rich III. (1173-1182) diese Kirche. Urkunden zwischen 1184 und 1280 nennen den Ort „Herzogenhall", da die Herzöge von Bayern hier Besitzungen hatten. Auf der Terrasse über dem rechten Ufer des Sulzbaches entstand ein her zoglicher Ansitz des landesfürstlichen Amtes Hall". Um 1280 wurde das Land gericht Hall zwischen den Flüssen Enns und Krems errichtet, das bis zur Errich tung des Bezirksgerichtes (1848) beste hen blieb. 1287 ist Hall ein landesfürstHelfert: Die Gründung der österr. Volksschulen, Prag 1860. ' " Urkundenbuch Linz VI, 300 n 106, Abschrift. Rolleder: Heimatkunde Steyr. " Siehe Rolleder, S. 209: Burgstall zu Hall. War an der Stelle des heutigen Hallenbades.

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lieh privilegierter Ort mit dem Recht der freien Wahl des Bürgermeisters und der Räte. Diese Wahlen fanden um den Drei königstag bei St. Margareten am Anger statt. Auch die Gerichtstage wurden hier abgehalten. St. Margareten war Ortskir che. In einem Urbar aus den Jahren 1251 bis 1276 ist der Markt Hall als dem Lan desfürsten zinspflichtig belegt. Man kann also sagen: soweit zurück reichen die Wurzeln, die zur getrennten Entwick lung von Dorf und Handwerkersiedlung führten. Wirtschaftlicher Schwerpunkt hier, kirchliches Zentrum dort". Der Bischof von Passau weihte das Gotteshaus von Pfarrkirchen zu Ehren des hl. Georg. Der Seelsorgebereich erstreckfe sich nach den Bestätigungsbul len aus 1174, 1179 und 1247 im Osten bis zum Fernbach bei Mengersdorf und im Süden bis über Adlwang hinaus. So hatte die 1280 unter die Vogtei des Bi schofs von Passau gestellte Pfarre um das Jahr 1298 vier Filialen: St. Margareten am Anger in Hall, St. Marien in Adl wang, St. Blasien zu Prüherswang und das in der josephinischen Zeit aufgelöste St. Andrä am Weißenbach. Die Kirche im „Dorfe Hall" - dem späteren Pfarrkirchen - baute unter dem Schutz des Klosters Kremsmünster in der Folge seine Stellung als kirchlicher Mit telpunkt des Haller Raumes aus. Der päpstlichen Bulle aus 1179, anläßlich des 3. Laterankonzils, entnehmen wir die zu Kremsmünster gehörenden Gotteshäu ser. Außer Hall noch Garsten, Wartberg, Dietach, Kirchberg und Kematen. In den Jahren 1220 und 1234 wird der Pleban (Weltpriester) Pernhardus zur Kirche von Hall in Urkunden genannt, 1292 der Pfar rer Ott. Es gab einen ununterbrochenen, geordneten Pfarrbetrieb. Es darf daher angenommen werden, daß auch zu die ser Zeit schon Messeknaben ausgebildet worden sind. Hall am Anger, erst Kapelle, 1298 erstmals urkundlich erwähnt, ist älter. Es dürfte 1326 der Mutterpfarre für Gottes dienste vorübergehend zur Verfügung gestanden haben. Es gab dort größere Bauarbeiten. Das wäre eine verständliche Erklärung für die Ausgestaltung der Ka pelle, wie wir der Pfarrchronik entneh men. Da 1410 eine Einweihung erwähnt ist, scheint auch im Laufe des 14. Jh. eine bauliche Veränderung eingetreten zu sein, die eine Einweihung erforderlich ge macht hat. Die Sakristei wurde erst 1600 dazugebaut, die neue Schule 1493. Die Kapelle am Anger unter den Sieben Lin den war, wie überliefert, klein und unan sehnlich, trotz eines gotischen Uhrtürmchens. Bis 1784 war sie Filiale, von 1784 bis 1888 Pfarrkirche, bis die neuerbaute Kirche ihre Funktion übernehmen konn te. Veränderungen des Hauptschiffes wurden 1875 bis 1897 durchgeführt. Wegen der Bedeutung der Kapelle für das bürgerliche Leben (Markttage, Wahlort, Gerichtstage) wurde die Mar garetenkapelle zum Wappenzeichen des Ortes (1459). Die anderen Filialen dürften in ihrem Umfang ebenso bescheiden gewesen sein: St. Blasien ist das heute noch, trotz dem eine historische Kostbarkeit, Adl wang wurde eine stattliche Kirche und St. Andrä wurde abgebrochen. Nach St. Blasien in Prüherswang" dürften schon im 14. Jh. die Halsleiden- " Urbar aus 1424 im Schloßarchiv Steyr. Legte Befugnisse des Landrichters fest. Banntaiding aus 1498 in Abschrift (Marktarchiv) erhalten. Gustav Gugitz: Die Wallfahrten Oheröster reichs, Linz 1954.

den ihre Pilgerzüge geführt haben. Die Stiftungs-(Gründungs-)Legende spricht von einem Ritter von Rohr, der als Dank dafür, daß er einem Feind entging, Geld für den Bau aufgebracht hat. 1684 wurde die Kirche renoviert. Um 1600, in der Zeit der religiösen Wirren, war sie vorüber gehend Lagerschuppen. Die Kapelle St. Marien in Adlwang^'' ist, so wie St. Andrä und St. Blasien, in einer abseits gelegenen, wenig besiedel ten Gegend errichtet. Die Kapelle hat ih ren Ursprung im mittelalterlichen Ma rienkult. Ende des 13. Jh. entwickelte sich namentlich im deutschsprachigen Euro pa das aus der Literatur der „Marienkla ge" hervorgegangene Vesperbild (Pieta), das in Oberösterreich unter anderem in Adlwang wirksam geworden war. 1330 als Marienkapelle gegründet, wurde dort 1431 eine Kirche gebaut. Mit seiner Augenheilquelle war und ist Adlwang einer der bedeutendsten Wallfahrtsorte Oberösterreichs und ist seit 1782 selb ständige Pfarre. Über die Bedeutung der Kirche des hl. Andreas ist nichts Näheres bekannt. Die Kirchenrechnungen zeigen keinen Bezug zu einer Schule in vergangener Zeit. Die später errichtete Andreasschule (Kindshub) scheint eine Winkelschule gewesen zu sein". Alles in allem muß man sagen, daß Pfarrkirchen eine bedeutende Pfarre mit einer weit über ihre Grenzen reichenden Ausstrahlung war, was natürlich immer schon einen entsprechenden Stab von Ministranten bzw. Chorknaben rechtfer tigte. Es ist bei dem Umfang der Pfarrauf gaben verständlich, daß verhältnismäßig bald auf eine Teilung gedrängt worden ist. Darauf kommen wir noch zurück. 3. Die Stiftungen für die Gotteshäuser im gesamten Pfarrbereich Im Zusammenhang mit dem Schul wesen, das immer schon mit Kosten ver bunden war und noch ist, sind die Zu wendungen an die Pfarre von Bedeutung. Sehr wesentlich sind dabei die verschie denen Stiftungen, die zwar viel Arbeit für den Pfarrer und seinen Mitarbeiterstab verursachten, anderseits aber wesent liche Beträge erbrachten. Stiftungen und Wallfahrten belebten das religiöse Leben des gesamten Umfel des. Die frühesten Aufzeichnungen dar über entnehmen wir dem Urkundenbuch des Stiftes". Auch in der Pfarrchronik sind entsprechende Vermerke zu finden, die so das Bild vervollständigen. Eine der ersten noch erhaltenen Ur kunden berichtet über den 1364 gestifte ten Jahrtag der Familie Asperger zu Grueb, dem späteren Mühlgrub. 1378 haben die Brüder Arbayter einen Jahrtag zugunsten des „hl. Herrn Georg" gestiftet. Unter den Zeugen finden wir den Namen Sinzendorf. Er wird uns in diesem Kapitel oft begegnen. Pfarrer Friedrich verpflich tet sich im Jahre 1380 zur genauen Ein haltung des von Reicher, dem Sinzen dorfer, gestifteten Jahrtages. Er spendete die Wiese bei der Ritzenhueb (MödernKindshub, Möderndorf. Vermutlich seit dem 18. Jh. als Winkelschule. Bekannt ein Schulmei ster (Weber), der nicht rechnen konnte. - Die Schule in der Krühub wahrscheinlich aus dersel ben Zeit, unterstand der Stiftspfarre. Im Trau buch der Stiftspfarre 1766 „Schullmeister" Tho mas Windischbauer genannt, " Th. Hagn: Urkundenbuch f. d. Geschichte d. Stif tes Kremsmünster, 1852.

dorf 24). Friedrich von Sinzendorf, Pfar rer zu St. Georgen am Ybbsfeld, schenkt der Kirche mehrere Güter. Daraus ent steht 1401 ein Benefizium für die Marga retenkapelle. Im Jahre 1392 stiftet Hans der Kammerhuber einen Jahrtag und gibt die „Lüs auf der Hueb, gelegen bei der Badstu ben". Der jeweilige Zechmeister hat dem Pfarrer den schuldigen Dienst zu erwei sen. Und dieser soll den Mesner (Schul meister) und die Chorknaben zufrieden stellen. Es gab also - so kann man anneh men - 1392 schon (geschulte) Chorkna ben. Die beiden Stiftungen aus 1401/05 und 1493 wurden in der Folge zu wesent lichen Stützen des Schulbetriebes. 1400, nach dem Ableben des Pfarrers Friedrich Sinzendorf, wurde ein sogenannter „Hin dergangs- oder Compromißbrief" abge faßt, der die Meßstiftungen in Hall regeln sollte. Diese Erbschaftsabwicklung dauerte fünf Jahre. Die Stiftung hat - wie schon angedeutet - das Deputat für den Schulmeister enthalten. Pfarrer Wernhard Luger befürchtete durch die Stif tung zur Kapelle in Hall einen Entfall von Geldmitteln für sich. Nach langwierigen Verhandlungen wurden die Pflichten des Benefiziaten der Sinzendorfstiftung ge genüber dem Pfarrer geregelt. Damit war dem Schulmeister die Zuwendung ge sichert. Die Schule in Hall hat demgemäß nicht 1493, sondern schon vor 1401 (1392) existiert. Der älteste Schulraum wird in einem früheren Mesnerhaus vor der Kapelle seinen Platz gehabt haben. Als Schule einer Filialkirche muß sie aber nicht auf deren Gründungszeit zurück zuführen sein. Die Sinzendorfs waren durch Jahr hunderte Lehens- und Vogtherrn des Benefiziums gewesen. Das in dieser Stif tung miteingeschlossene Wohnhaus in Pfarrkirchen gewährte dem Benefiziaten, aber auch dem Mesner, der zugleich Schulmeister und (oder) Kantor war, Un terkunft und - zumindest gelegentlich - auch ein Unterkommen für den Schulbe trieb. Das geht aus marginalen Vermer ken hervor. Das Haus lag beim Pfarrhof vor der Friedhofsmauer. Daraus ergibt sich, daß sowohl im Pfarrort als auch in Hall Schule gehalten wurde. 1403 sHftete die Familie der Rohr eine monatliche Messe. 1404 wurde diese durch Wilhelm von Rohr, Pfleger zu Steyr, bestätigt. Berührt waren die Pfarre, Hall, Prüherswang und Adlwang. In jeder dieser Gotteshäuser sollte monatlich eine Mes se gelesen werden. Mit all diesen Details soll ins Bewußtsein gerufen werden, daß auch eine größere Anzahl von Knaben für die Bewältigung dieser Aufgaben ausgebildet werden mußte. Im Jahre 1410 beurkundet Pfarrer Wernhard Luger (Lueger) einen Jahrtag zu Hall für das Ehepaar Hölbling. Auch dieser Name fällt durch seine ansehn lichen Stiftungsgelder durch Jahrhun derte auf. Hans von Sinzendorf, Sohn des Wolfhard auf Achleiten, stiftet 1422 eine ewige Messe am Montag vor dem Perchtentag. Rom hat am 1. März 1462 einen Ablaß von 100 Tagen gewährt, um die Gläubigen anzuspornen, zur Erhaltung der Margaretenkapelle beizutragen. Siegmund Sinzendorf zu Feyregg^° hat am 27. Oktober 1467 eine Donnerstag messe für Pfarrkirchen gestiftet. Und Die Sinzendorfs waren mit den Anhängern ver schwägert. Sie residierten auf Achleiten, Feyregg, später auch auf Mühlgrub.

'=^:Wä ' im hi Jd4dt^:S'^xi.f\-'' 'tt 4 Nu . /•■'•■:] /-•.I < •'\'*- ' .' -1 ' <.' ■■ ■' ,' ' .h'iM 'k. . ''.-■ '• '•■■:■.' ■ ' ■■'/ Stiftung ]ohann Hölhling (1624-7684) zur Margareienkirche Bernhard Sinzendorf wird im Jahre 1474 als Spender genannt. Die Kirche hatte mit den katholi schen Familienmitgliedern der Sinzen dorf immer ein gutes Einvernehmen. Zu Gegensätzen, die teilweise recht drama tisch verliefen, kam es erst im 16. Jh., nachdem der lutherische Einfluß wirk sam geworden war. 1473 wird uns aus einer Stiftung des Stadtrichters Hans Hutter der Name eines Kaplans am An ger genannt: Hans Puchkircher. Er ist un ter den Erben. Im Jahre 1493 läßt Caspar Mühlwanger zu Grueb^^ ein Schulhaus vor der Margaretenkapelle unter den Sieben Lin den am Anger im Markt Hall bauen. Die Kapelle und somit auch die Schule lagen außerhalb des Marktes, der etwa bei der heutigen Römerstraße endete. Der Grundobrigkeit des Marktes war die Schule überantwortet worden, Grund stücke kamen dazu und die Auflage, daß Schule und Mesnerhaus für ewige Zeit für keinen anderen Zweck verwendet werden dürfen. Entgegen der Meinung Rolleders in seiner Heimatkunde über Steyr können wir feststellen, daß es niedere Schulen auch in kleinen Dorfgemeinden gegeben hat, soferne eine Kirche bestand. Dafür gibt es außer Pfarrkirchen-Hall noch vie le Beispiele^^. ' Hans Mühlwanger hatte 1416 Barbara Asperger zu Grub geheiratet, die M. blieben bis 1512. Hans u. Barbara wurden 1422 in der Pfarrkirche bestattet. Nach ihnen kamen Wucherer u. Fenzl nach Mühlgrub. ■ Ein Beispiel von vielen ist das kleine Dorf (mit Filialkirche) Großengersdorf im niederösterrei chischen Weinviertel, Pfarre Pillichsdorf. Aus dieser Gemeinde ist vom 16. April 1372 ein Schulmeistervertrag in früher Abschrift im Schulmuseum Michelstetten erhalten.

4. Die Sinzendorfsche Stiftung in der Zeit der religiösen Gegensätze Den wortgetreuen Text des Urbars der Margaretenkapelle zu Hall aus dem Jahre 1401 erfahren wir aus einer Ab schrift vom 2. Februar 1582". Der Inhalt dieses Urbars sei, soweit für die Schulge schichte interessant, wiedergegeben und kommentiert. Vor den Stellungnahmen des Verfassers mögen die Kommentare des Stiftes aus der Zeit angeschlossen werden, wie sie uns in Pergamenturkun den überliefert sind. Damit ergibt sich eine gewisse Aufhellung geschichtlicher Zeiträume, chronologisch geordnet, die uns auch die Schulvorgänge verständ lich machen. Nun der Text: Benefiziatenhaus. Erstlich ein Haus zu Pfarrkirchen im Dorfe samt einem kleinen Gärtlein und der dazugehörigen Wiese hei der Koglmühle, nächst den des Pfarrers zu Pfarrkir chen gelegenen Wiesen, vom Gotteshaus zu Kremsmünster zu Lehen. (Anmerkung: Es han delt sich um den vor dem Friedhof gelegenen Be reich einschließlich des Zorn- und des Gunter hauses.) Die zweite Wiese, welche freies Eigen ist, und die jeder Kaplan der St. A4argaretenkapelle bisher besessen und genossen hat, die auch jetzt und in Zukunft bebaut werden muß. Das Bene fiziatenhaus dient dem Stift und dem Pfarrer von Pfarrkirchen und reicht dem Schulmeister eine Verehrung für Kinderlehre, dem Kirchen gesang und dergleichen. Dem Benefiziaten gehö ren 12 Viertel Weingärten in Brunn im Feld und in Stratzendorf, Pfarre Gedersdorf bei Krems, Nieder Österreich. Der Wein wurde überwiegend auf der Donau bis Enghagen bei Enns ge bracht. Und immer wieder gibt dieser Wein Grund zu Streitigkeiten. Er ist auch Ursache für die oft festgestellte Trunken heit der Benefiziaten und der Mesner (Schulmeister), die offensichtlich davon mehr tranken, als für gottesdienstliche Handlungen erforderlich war. Lehens und Vogtherren waren durch Jahrhun derte die Sinzendorfs. Im Jahre 1582 war es Hans von Sinzendorf zu Goggitsch, seiner Majestät Hofkammerrat. Für seine Familie, seine Vorfahren und für die Bür ger von Hall waren wöchentlich drei Messen zu lesen. Die in der Schule zu Hall geschulten Messeknaben mußten dabei sekundieren. Außer den Weingärten in Nieder österreich gehörten zum Benefizium ver schiedene „Leibgedinge" in oberösterrei chischen Dörfern. Die Möglichkeit unterschiedlicher Interpretationen des Shftungsbriefes ver ursachte im Laufe der Jahrhunderte sehr oft Differenzen, besonders während der Reformation. Die Auseinandersetzungen waren meist sehr derb. Im Jahre 1462 muß die Margareten kapelle bauliche Schäden aufgewiesen haben, da Rom mit einem Ablaß vom 1. März zur Erhaltung der Kapelle auffor dert. Die Kontinuität von Kirche und Schule ist durch Pergamente aus den Jah ren 1467, 1487, 1496, 1519 belegt. Die nächste erhaltene Nachricht ist vom 4. August 1545.1550 erfolgt eine Aufbes serung der Stiftung durch Christoph Sin zendorf. Zu dieser Zeit macht sich bereits der Einfluß der evangelischen Bewegung Je eine Abschrift befindet sich in den Pfarräm tern Pfarrkirchen und Bad Hall und eine im Or dinariatsarchiv in Linz, eine im Oö. Landes archiv in Linz, Schlüsselberger Handschrift. Die Abschrift im Ordinariatsarchiv ist aus 1615. Eine Aufwertung der Stiftung aus 1678 liegt im Pfarr- und im Marktarchiv Bad Hall.

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bemerkbar. Die Präsentation ist ein fort währender Streitpunkt. Die „Gesellprie ster" lösen einander immer öfter ab, teils wegen religiöser Meinungsverschieden heiten, teils wegen Trunksucht und Rauf handel. Aus Eintragungen im Raitbuch der Kapelle wissen wir, daß die Mesner den Schuldienst versehen. Gelegentlich tun dies auch die Gesellpriester. Auch die Bezeichnung Kantor kommt vor, was darauf hindeutet, daß dem Kirchenge sang die größere Bedeutung zukam. Aus einer Quittung, die der Benefiziat Mark steiner unterschrieben hat, ist zu ersehen, daß auch in Achleiten, nach „altem Her kommen" Gottesdienste abgehalten wurden. Unbotmäßigkeit und Trunksucht führen immer wieder zu Differenzen. Schon von 1563 bis 1573 ist Christoph Hofstetter bemerkenswert lange als Be nefiziat tätig gewesen. Aber bereits seit 1572 gab es zwischen Leonhard Sinzen dorf und ihm Differenzen wegen Unbotmäßigkeiten. Auch er wurde wegen Trunksucht gekündigt. Vielleicht war er nicht genug evangelisch. Diese oft wech selnden Benefiziaten waren alle mehr oder weniger katholisch. Aber weder Pfarrer noch Gesellpriester hielten sich an den Zölibat und gaben zum Teil die Kommunion in beiden Gestalten. Es hat allerdings den Anschein, daß viele gar nicht an einen Abfall gedacht haben, sondern gewisse Dinge für eine innere Reform hielten. Erst um die Wende zum nächsten Jahrhundert prallten die Ge gensätze aneinander. Manche Unge reimtheiten waren auf die mangelnde Ausbildung des Priesternachwuchses, speziell in den Dörfern, zurückzuführen. Sie waren weder den Kindern noch den Erwachsenen ein Vorbild. Um die Bezü ge aus den Stiftungen wurde andauernd gestritten. Auch untereinander waren Tätlichkeiten an der Tagesordnung. Ihre nicht beneidenswerte soziale Lage und mangelnde Ausbildung machen ihr un zulängliches Verhalten teilweise ent schuldbar. In der Folge gab es wieder öfters Wechsel und auch Vakanzen. Ein bemerkenswerter protestantischer Prie ster war Hieronymus Schütz. Über ihn sind wir auch besser unterrichtet. Vor sei ner Ordinierung in Pfarrkirchen-Feyregg war er drei Jahre lang Diakon in Schwanenstadt, somit in Diensten der Starhem berg. Er war zweimal verheiratet. Seine zweite Frau, die er nach Pfarrkirchen mit brachte, war die Tochter eines Bäckers in Seewalchen. Von ihm kann man sagen, daß er schon integriert war. Wie umfas send der Einfluß der lutherischen Kirche geworden war, ersieht man daraus, daß der aus dem Reich zum Aufbau der evan gelischen Kirchenorganisation nach Österreich berufene Superintendent Backmeister, der vorerst im Lande unter der Enns residierte, auch in Pfarrkirchen visitierte und Schütz examinierte und auch ordinierte. Dieser wurde für ortho dox befunden, da er „die reine Lehre pre digt, die er wohl verstand". Die Ordination erfolgte, obwohl er vom Pfleger Wiellinger gegen den Willen des Abtes Erhard Voit eingesetzt worden war. Daneben wurde auch ein zweiter Prädikant vom Pfleger forciert, der aber sehr bald wieder wegen Trunkenheit ver schwand. In einer längeren Vakanz (1584-1587) hatte Wiellinger (zu Wolf stein und Weyer) die Einkünfte des Bene fiziaten eigenmächtig an sich gezogen, was natürlich wieder zu Auseinanderset zungen mit dem Abt führte. Zum Fami lieneinkommen des Mesners und Schul meisters trugen bei: Zahlungen des Pfar rers, Zuschüsse durch das Benefizium,

Gaben für Ein- und Ausläuten bei den verschiedensten Anlässen, Kirchstuhlgeld, „Truchengeld" (Leichenbegängnis), Uhrrichten, Stiftungsmessen, fieirat, Or gelspiel, Chorleitung. Die Schulmeiste rin, die vor allem für die Kirchenwäsche zu sorgen hatte - Waschen, Flicken und Glätten -, mußte oft lange warten, bis sie entlohnt wurde. Im Raitbuch lesen wir zum Beispiel, daß dem Schulmeister sein Schullohn nicht gewährt wurde, weil er Mesnergeld bekommen habe. An einer anderen Stelle ist zu lesen, daß das Schul geld von den Eltern zwar vereinnahmt wurde, da aber kein Unterricht stattge funden hatte, war es nicht an den Schul meister weitergegeben worden. Aus marginalen Vermerken können wir erkennen, daß gelegentlich auch die Gesellpriester unterrichteten, sowohl evangelische als auch katholische. In den Jahren um die Jahrhundertwende gibt es sehr oft Streit um die Schlüssel zur Mar garetenkapelle. Der Mesner und Schul meister Wolfgang Rueczner verwahrte sie. Der Gewalt weichend, mußte er sie dem Pfleger von Feyregg übergeben. Abt Erhard ließ die Kapellentür versiegeln. Der Pfleger brach sie wieder auf. Zur Illu stration sei noch eine Begebenheit aus dem Jahre 1586 erzählt. Am Sonntag Mi chaelis (September) sollte in St. Blasien ein Gottesdienst stattfinden. Der Schlos ser Georg Ginzenhuber aus Hall band sich einen Kotzen um den Leib, setzte sich eine Weiberhaube auf den Kopf, be stieg die Kanzel und hielt eine lästerliche Predigt, las anschließend „spottweise" eine heilige Messe, wobei ein Knabe ein Glöcklein läutete - und das alles zum Gaudium der Anwesenden, unter denen sich auch der Pfleger Wilhelm Wiellinger befand. Aus einem Raitbuch geht hervor, daß im Jahre 1590 ein neuer Pfleger auf Feyr egg, Martin Stocker, noch radikaler die evangelischen Interessen vertrat. Im Haller Mesner- und Schulmei sterdienst war ein Wechsel eingetreten. Die zur Kapelle gehörigen Fahnen wur den von Wolf Rueczner dem Zechmei ster Hans Schlatter, Tischler und Mitbür ger zu Hall, übergeben. Es ist anzuneh men, daß er ein Protestant war, weil in dieser Zeit alle der neuen Lehre anhin gen. Er übernahm den Mesnerdienst. Ob er auch Schullehrer wurde, ist nicht zu ersehen. Wolf Rueczner behielt die Mes nerstelle in Pfarrkirchen, und wohl auch den katholischen Schuldienst. Am IG. November war der Gesellpriester Hans Rumpl verstorben. Er hinterließ eine Witwe namens Martha. Bemerkens wert ist, daß sein Nachlaß einige evange lische Bücher enthielt. An seine Stelle kam die Aushilfe Ulrich Mosholzer aus Steinerkirchen. Er gab vor, krank zu sein, und wurde abgelöst von Hans Grafius aus Wels, einem Protestanten. Auf dem Weg zu seiner Behausung wurde er am 10. Juni 1590 geschlagen. Auch dem al ten katholischen Wolf Rueczner erging es so, als er mit Weib und Kind auf dem Heimweg war. Die Situation war völlig verworren. Des Raufhandels verdächtig waren zwei Schneider aus Hall, die Brü der Gruebmüller. Schon um die Mitte des Jahrhunderts waren alle Haller evan gelisch mit Ausnahme des kaiserlichen Landrichters und des Wundarztes. Land richter war in der zweiten Jahrhundert hälfte der Edle Kaspar Wiellinger. Er wurde am 9. Februar 1589 im Gotteshaus zu Pfarrkirchen bestattet. Pfarrer war um diese Zeit Melchior Lenglacher, der dann nach 22jährigem Pfarrdienst am

29. März 1593 gestorben ist. Nicht ab wertend gemeint, nur festgestellt sei, daß die beiden Pfarrer dieser Periode, Leng lacher und Kürzinger, verheiratet waren und Witwen und Kinder zurückließen. Aber sie verteidigten dennoch tapfer ihre katholische Position. Nach ihrem Abgang sollte Jakob Stürtzer am 14. April 1593 installiert werden. Es kam zu Tumulten und lär mendem Widerspruch. Am 18. Juli wur de er vor Beginn der öffentlichen Feier, sozusagen unter Ausschluß der Öffent lichkeit, installiert. Die Christmette 1594 wurde durch Raufhändel gestört. Stürt zer mußte sich oft zurückziehen, weil er mit dem Tode bedroht worden war. Die se uns zufällig erhaltenen Berichte lassen vermuten, daß in all diesen Jahren ein ständiger, derber Kampf der wenigen ka tholisch gebliebenen Dorfbewohner ge gen eine Übermacht von protestanti schen Marktbürgern geführt worden ist. Im Dezember 1595 beklagt Abt Spindler die Baufälligkeit des Benefiziatenhauses und fordert von der Herr schaft Feyregg Maßnahmen dagegen. Im März 1596 werden dem Gesellpriester und Benefiziaten Hans Graf die Einkünf te gestrichen. Im September 1597 wird er vom Hofrichter aufgefordert, die Behau sung zu verlassen und sich jeder kirch lichen Handlung zu enthalten, weil er sonst aufgegriffen und gefangengehalten werden würde. Der nächste Benefiziat, Preglinger, weigert sich, katholisch zu ze lebrieren. Er hatte das Benefiziatenhaus verlassen, worauf es Pfleger Martin Stokker versperrt und den neuen katholi schen Kaplan nicht eingelassen hat. Die Beschimpfung des Abtes führte zur In haftierung Stockers durch den Landes hauptmann. Aus einem Urkundentext erfahren wir, daß Jakob Stürtzer im Jahre 1598 „mit seinem Weibe" und mit Leuten, die bewaffnet waren, auszog, um sein Eigentum zu schützen. Er und sein Ge sellpriester waren dabei in Lebensgefahr. Als im April 1599 die politischen Stände des Landes über die Entfernung des Prädikanten aus Feyregg und über die Anhaltung des Pflegers als Gefangener auf dem Schloß in Linz Einspruch erhoben wurde und' der Landeshauptmann be fürchten mußte, es könnte die Gegenre formation, wenn schon nicht verhindert, so doch verzögert werden, kommt es zu einer verbindlichen Schlichtung. Der „sektische" Gesellpriester verließ die Benefiziatenwohnung, und Stocker kehrte aus Linz nach Feyregg zurück. Und wie der schmähte er den Abt. Eine neuerliche Verhandlung in Linz führte wieder zu einem Vergleich. Der Einfluß der evange lischen Stände war zu groß. In diese Zeit fielen auch die Ausschreitungen der Bauernaufstände. Die Bürger Halls for derten wiederholt „mit stürmischem Be gehr" die Darbietung des Altarsakra mentes „teutsch und außer der Meß", so wie es anderswo gewährt wurde. Der Beginn des neuen Jahrhunderts brachte für Pfarrkirchen-Hall eine Aus weitung der religiösen Differenzen. In Feyregg und in Mühlgrub hatte sich der aus dem evangelischen Bürgertum der Stadt Steyr stammende Achaz Fenzl fest gesetzt. Die Wucherer auf Mühlgrub wa ren ausgestorben, die Sinzendorfs abge wandert. Nach den Prädikanten Schütz und Preglinger kam zuerst Simon Mann aus Steyr und dann wohl einer der be deutendsten Prediger, Magister Christophorus Crinesius. Vorher war er schon in Neuhofen Hofprediger im Schloß Gschwendt. Darüber später noch mehr. Die trotz der Gegenreformation im mer wieder aufflammenden Bauernun-

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