Übernamen (etwa Hammer für den Schmied oder Blüml für den Gärtner) ist jedoch im Tschechischen wesentlich reichhaltiger. Den Beruf eines Schmiedes deutet zum Beispiel nicht nur der geläufige Name Koväf/Schmied an, sondern auch die Formen Zelezo/Eisen, Zelezny/Eisner, Ocel/Stahl, Kovärna/Schmiede, Kladivo/Hammer, Kovadlina/Amboß, Bouchal/Draufschläger, Tepal/Hämmerer und viele andere. Offensichtlich entwickeln die Tschechen auf diesem Gebiet viel mehr Phantasie als die Deutschen - und sie sind auch ungemein scharfzüngig bei der Umschreibung körperlicher und geistiger Eigenschaften oder Gebrechen. Die vorhin genannten Beispiele Bouchal und Tepal bilden die Überleitung zu einer tschechischen Besonderheit, nämlich zu den vom Zeitwort abgeleiteten Namen, die im Deutschen in dieser Form nicht vorkommen. Der Tscheche nimmt unter Verwen dung des Mittelwortes der Vergangenheit auf eine bezeichnende Tätigkeit oder ein Verhalten des ersten Namensträgers Bezug. Solche Namen enden zumeist auf „-al" oder „-il" und wären in folgender Weise aufzulösen: „Bouchal" heißt in wörtlicher Übersetzung „er hat geschlagen", „Tepal" heißt „er hat gehämmert". Sinngemäß heißt es „einer, der immer draufschlägt" bzw. „einer, der stets hämmert", also typische Umschreibungen für die Tätigkeit des Schmiedes. Ein weiteres Beispiel wäre noch „Coufal", das wörtlich „er ist zur Seite gewichen, er ist zurückgewichen" heißt, und eine treffende Bezeichnung für einen furchtsamen, zaudernden Menschen darstellt. In dieser Gruppe von Familiennamen gibt es eine große Zahl von Namen mit der verneinenden Vorsilbe „Ne-", wodurch die ursprüngliche Bedeutung des Namens ins Gegenteil gekehrt wird. So entsteht aus dem Ghvätal (der sich Beeilende) ein Nechvätal und aus dem Jedly (eßbar, genießbar) ein Nejedly. Ableitungen von Tiernamen sind ebenfalls häufig zu finden. Dabei wird eigenarti gerweise den Vogelnamen deutlich der Vorzug gegeben. Zu den häufg vorkommen den Namen zählen Brabec, Cäp, Cejka, Cizek und Sova (Spatz, Storch, Kiebitz, Zeisig und Eule). Bei der Erklärung dieses Phänomens sind sich die Namenforscher nicht ganz einig. Eine Theorie geht dahin, daß man die spezifischen Eigenschaften dieser Vögel im Auge hatte, doch ist es durchaus auch glaubhaft, daß es sich um Hauszei chen handelt, die früher fast jedes Haus zierten und letztlich dem Hausbesitzer oder Hausbewohner zu seinem Familiennamen verhalfen. Die Verkleinerung ist im Tschechischen - sozusagen als Koseform - besonders beliebt. Die Namen erhalten dadurch eine enorme gefühlsmäßige Bereicherung, vor allem auch deswegen, weil die Verkleinerungsform oft in zwei Stufen auftritt. So heißt etwa Petr (Peter) in der ersten Verkleinerungsstufe „Petfik", in der zweiten aber „Petficek"; ähnlich ist es bei vielen anderen Namen (Karl: Karel/Karlik/Karlicek; Franz: Franta/Frantik/Franfisek; Fuß: Noha/Nozka/Nozicka). Recht interessante Ergebnisse bietet eine Gegenüberstellung der am häufig sten vorkommenden tschechischen und deutschen Familiennamen, geordnet nach ihrer Häufigkeit^. ' Für die Aufstellung wurde benützt: ]. Neumann: Tschechische Familiennamen in Wien. Eine namen kundliche Dokumentation. Wien 1977, S. 275 f.
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