OÖ. Heimatblätter 1987, 41. Jahrgang, Heft 1

OBEROSTERREICHISCHERnSEnfiSEiSb 41. Jahrgang f

OBEROSTERREICHISCHE 41. Jahrgang 1987 Heft 1 Herausgegeben vom Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oberösterreich Fritz und Thilde Lichtenauer Brotbacken am Bauernhof Josef Weichenberger Neue Ergebnisse der Erdstallforschung in Oberösterreich Emil Puffer Tschechische Familiennamen in Oberösterreich F. Anton Gindl SJ Die Gesellschaft Jesu (Jesuiten) in Oberösterreich Josef Moser Michael Traugott Müller (1799-1876), Verfasser der „Reise ins Salzkammergut" im Jahre 1821 Buchbesprechungen

Medieninhaber: Land Oberösterreich Herausgeber: Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oberösterreich. Leiter: W. Hofrat Dr.phil. Dietmar Assmann Zuschriften (Manuskripte, Besprechungsexem plare) und Bestellungen sind zu richten an den Schriftleiter der Oö. Heimatblätter: Wiss. Oberrat Dr. phil. Aldemar W. M. Schiffkorn, Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oö., 4020 Linz, Landstraße 31 (Landeskultur zentrum Ursulinenhof), Tel. 0 732/2705 17-0* Jahresabonnement (4 Hefte) S 160,- (inkl. 10% MwSt.) Hersteller: Druckerei Rudolf Trauner Ges.m.b.H., 4020 Linz, Köglstraße 14 Für den Inhalt der einzelnen Beiträge zeichnet der jeweilige Verfasser verantwortlich Alle Rechte vorbehalten Für unverlangt eingesandte Manuskripte über nimmt die Schriftleitung keine Haftung ISBN 3-85393-039-6 Mitarbeiter: W. Hofrat Dr. Josef Demmelbauer, Bezirkshaupt mann, Parkgasse 1, 4910 Ried F. Anton Gindl SJ, Jesuitenresidenz Alter Dom, Domgasse 3, 4020 Linz Amtsrat Fritz Lichtenauer, Aubergstraße 37, 4040 Linz Wiss. Oberrat Dr. Thilde Lichtenauer, Auberg straße 37, 4040 Linz Dr. Josef Moser, Traunsteiner Straße 155, 4810 Gmunden Mag. Elisabeth Schiffkorn, Akaziengang 8, 4040 Buchenau Dr. Bernhard Prokisch, Coulinstraße 5, 4020 Linz Oberamtsrat Emil Puffer, Konsulent, Prandtauerstraße 13, 4040 Linz Josef Weichenberger, Hermann-Bahr-Weg 7, 4050 Traun Titelbild: In einer Schlupfröhre im Erdstall Bauernhofer

Brotbacken am Bauemhof Von Fritz und Thilde Lichtenauer Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es im ländlichen Raum zu einem gewalti gen gesellschaftlichen und wirtschaft lichen Wandel. Landflucht, Entsiedlung peripherer Gebiete, Rückgang der Zahl der in der Landwirtschaft beschäftigten Personen von ca. 40 Prozent in den fünf ziger Jahren auf weniger als 10 Prozent in der Gegenwart sind nur einige Merk male dieser Entwicklung. Gleichzeitig sperrten die kleinen Handwerksbetriebe wie Schuster, Schneider, Wagner, Schmiede, Binder usw. ihre Werkstätten zu. Sie konnten mit den billigeren Industrieprodukten nicht mehr konkurrieren. Viele zogen in die Stadt und suchten in den neuen Fabriken Arbeit. Der technische Fortschritt und der zunehmende Wohlstand veränderten auch die Lebensgewohnheiten und Wertvorstellungen. Alles Alte und Über lieferte galt als rückständig und unschön, alles Neue als schön. Viele neue Produkte kamen auf den Markt, am und im Haus wurde erneuert, „Schöner Wohnen" wur de ein Schlagwort. Alte Kästen, Truhen und sonstiger Hausrat wurden auf den Dachboden oder in eine Scheune ge schafft, wenn nicht verkauft oder zum Müll geworfen. Mit diesen Neuerungen in Haus und Küche änderte sich auch der Arbeits rhythmus. Zeitaufwendige Tätigkeiten wurden durch Maschinen einfacher oder überhaupt überflüssig. Wozu noch But terrühren zum Beispiel, wenn die Molke rei die Milch holt und Butter liefert, wozu noch Brotbacken, wenn der Bäcker mit dem Lieferwagen vor die Haustüre fährt? Dennoch gibt es vereinzelt Höfe, in denen alte Traditionen fortleben, ohne daß ihre Besitzer gleich als „Eigenbrötler" eingestuft werden. So bewirtschaftet mitten im Sau wald, dem höchstgelegenen, waldigen Teil des Innviertels, Familie Reiter, vulgo Gabauer, einen Bauernhof. Jeden zweiten Samstag bäckt die Bäuerin nach alter Tradition Brot für den Eigenbedarf. Am Freitagnachmittag wird in dem schönen alten Vierseithof der große höl zerne Backtrog in die Stube getragen. Die Bäuerin setzt darin den Sauerteig, ge nannt „Ura", an. Von jedem Backvorgang bleibt ein kleiner Rest des Teiges in einem Stein gutgefäß zurück - mit Wasser vermischt ergibt dies den „Ura" für das nächste Backen. Gegen Abend kommen zum Ura etwa 20 Kilo Mehl und die entsprechen-

de Menge Wasser. Fast eine halbe Stunde knetet die Bäuerin dann die Masse in dem Trog. Je geschmeidiger der Teig, desto lauter wird das Schnalzen, wenn ihre Hände in die Masse greifen. Zum Schluß macht sie auf den ferti gen, glänzenden Teig drei Kreuze, be sprengt ihn mit Weihwasser und deckt ihn mit einem Tuch zu. Der Teig muß nun über Nacht rasten. Am Morgen des Samstages herrscht um halb 6 Uhr schon Betrieb in der Stube. Die Bäuerin und ihre 82jährige Mutter haben viel zu tun. Die Teigmasse wird nun mit Salz, Kümmel, Fenchel, Koriander und Anis gewürzt, nochmals um 10 Kilo Mehl und Wasser vermehrt und fest durchge knetet. Als nächstes werden die Brotkörberl in die Stube gebracht und mit weißen Lei nentüchern ausgelegt. Ist der Teig gut durchgeknetet, wird er portioniert und in die Backkörbe verteilt. Um 6 Uhr früh stehen bereits 18 Körbe mit Brotteig auf dem großen Bauerntisch. Nun muß der Teig rund zweieinhalb Stunden lang „gehen". In der Zwischenzeit wird die mor gendliche Stallarbeit erledigt. Gegen 7 Uhr früh heizt die Bäuerin den gegen über dem Wohnhaus gelegenen Back ofen an. Ein rund 50 cm hoher Stoß mit schön geschichteten Backscheitern wird angezündet. Dann werden als erstes die „Glutzelten" aus den im Trog zurück gebliebenen Teigresten ausgewalkt, auf den warmen Rand der Ofenplatte gelegt und gebacken. Mit Butterschmalz bestri chen, gesalzt und zu warmer Milch ge trunken ergeben sie ein schmackhaftes Frühstück. Ist der Holzstoß völlig niederge brannt, wird die Glut mit der „Ofenglugger" über die ganze Backplatte verteilt, um so die Fläche gleichmäßig zu erhit zen. Die beiden „Zuglöcher" werden mit feuchten Lappen zugestopft, um genü gend Oberhitze zu erhalten. Nach einer halben Stunde kehrt dann die Bäuerin die Glutreste und Asche säuberlich mit einem in Wasser getauchten Tannenrei sigbesen aus dem Backofen und „schießt" anschließend die Laibe, die die Familien angehörigen in den Körben aus der Stu be bringen, in den Ofen. Der erste Laib er hält durch Druck mit einem Finger in der Mitte eine kleine Vertiefung und wird deshalb als sogenannter „Lochlaib" be zeichnet. Sind alle Laibe drinnen, wird das Ofentürl verriegelt. Der nächste Arbeitsvorgang nennt sich „Brotumwaschen". Dazu holt die Bäuerin nach etwa dreißig Minuten die Brotlaibe kurz aus dem Ofen und bürstet sie mit heißem Wasser ab. Dadurch wer den sie schön glänzend. Abermals in den Ofen „eingeschossen", werden sie nun fertiggebacken. In der Zwischenzeit ist die Morgen frische längst gewichen. Wir unterhalten uns mit Frau Reiter, warum sie sich die Arbeit antut, da doch die Bäckereien direkt ins Haus liefern. Die Antwort: „Weil uns das eigene Brot viel besser schmeckt." Nach einer Stunde holt sie die gold braunen, duftenden, heißen Laibe aus dem Backofen. Jeder einzelne wird kri tisch gemustert, in eine große Schwinge gelegt und ins Haus getragen. Vierzehn Tage reicht der Vorrat. Dann wird der Backtrog wieder in die Stube gebracht...

r! 1.^' -t ]eden zweiten Freitag wird Stühe getragen. ig in die Die Bäuerin heim „Urasetzen": Sie mischt den Sauerteig mit Mehl und Wasser. M -HPV L.f:. W" Der Teig wird in rhythmischen Bewegungen geknetet, his er „schnalzt".

mwm ■ ;-.Vsr^*' -*'-y •«■•^ V.. I» * ' • ifWi. * *• -t Samstagfrüh: Die Masse wird gewürzt und abermals mit Mehl und Wasser vermischt und fest durchgeknetet. Zum Schluß macht die Bäuerin drei Kreuze auf den Teig, der nun über Nacht rasten muß.

Die Brotkörbe werden mit Leinentüchern ausgelegt. yjI iS t.

Aus den im Backtrog zurückgebliebenen Resten werden „Glutzelten" gemacht. In ein irdenes Gefäß kommt der Sauerteig (Ura) für das nächste Backen.

Die Glutzelten werden gebacken, noch bevor das Holz niederbrennt. ji-G Ganz exakt wird der Scheiterstoß in den Back ofen geschichtet, um eine möglichst große Hitze zu erhalten. Nach dem Niederbrennen des Scheiterstoßes wird die Asche mit einem in Wasser getauchten Besen aus Tannenreisig aus dem Backofen gekehrt.

sC- •"H >|8^K«|| Stunde wird der Backoj he werden „umgewasche 'asser ahgehürstet und da Nach einer weiteren Stunde ist die Arbei beendet: Die duftenden Laibe werden heraus geholt und ingroßen Schwingen insHausgetra

Neue Ergebnisse der Erdstallforschung in Oberösterreich Von Josef Weichenberger Die beiden Publikationen von Hans Falkenberg „Die Erdställe - Zwischen bilanz einer rätselhaften Unterwelt in Oberösterreich" in den Oö. Heimatblät tern (1982, Heft 3/4, S. 179-216) und „Neuentdeckter Erdstall in Hochetting, Gemeinde Putzleinsdorf" (1981, Heft 3/4, S. 309-311) haben in unserem Land das allgemeine Interesse an diesen unterirdi schen Anlagen wieder geweckt. Auch im Landesverein für Höhlenkunde in Ober österreich arbeitet eine kleine Gruppe von Forschern, die sich besonders der Erdstalldokumentation widmet. In einem Kataster sind nun alle bisher bekannten künstlichen Höhlen Oberösterreichs er faßt. Die Bilanz um diese „Unterwelt" un serer Heimat ist jedoch erschreckend: Von den nun verzeichneten 361 unter irdischen Gängen sind lediglich 24 er halten und auch noch zugänglich. Die restlichen Erdgänge sind entweder gänz lich zerstört, vermauert oder verschüttet. Es helfen die besten denkmalrechtlichen Vorschriften nichts, wenn nicht die Be völkerung selbst Achtung vor ihren Geschichts- und Kulturdenkmälern empfin det. Das Bewußtsein um diese schützens werten, hochinteressanten mittelalter lichen Anlagen scheint sich jedoch durch die oben erwähnten Publikatio nen, durch die aktive Forschungsarbeit sowie durch Ausstellungen, Vorträge, Zeitungs-, Rundfunk- und Fernseh berichte gebessert zu habenb Erst die genaue Vermessung und Fotodokumenfation der Erdställe erlaubt eine wissenschaftliche Interpretation und ermöglicht Vergleiche mit ähnlichen Anlagen in anderen Ländern. Die Ver breitung der Erdställe reicht von Ungarn, der Tschechoslowakei, Österreich und ' Kurier, Wien, 5. 1. 1983. Salzkammergut-Zeitung, 20. 1. 1983, S. 18. Amtliche Linzer Zeitung, Linz, 27.1.1983, S. 1 ff. Mühlviertler Nachrichten, Linz, 3. 11. 1983, S. 45. Mühlviertler Nachrichten, Linz, 12. 4. 1984, S. 22. IBF, Wien, 12. 7. 1984, S. 4. Neues Volksblatt, Linz, 13. 7. 1984, S. 5. Was ist los in Linz und Oberösterreich, Linz, September 1984, S, 29. Oberösterreichisches Tagblatt, Linz, 25.9.1984, S. 4. Oberösterreichische Nachrichten, Linz, 20. 10. 1984, Magazin. Oberösterreichische Nachrichten, Linz, 8. 11. 1984. Die Höhle - Zeitschrift für Karst und Höhlen kunde, Wien 1985, 36. Jg., Heft 2, S. 48. Neue Kronen-Zeitung, 30. 6, 1985, S. 17. Rieder Zeitung, Ried i. I., 29. 8, 1985, S. 19. Welser Zeitung, Wels, 5. 9. 1985, S. 19. Mittelbayrische Zeitung, 25. 9. 1985, Roding und Umgebung.

Deutschland über Frankreich bis Spa nien und Irland. In der eingangs zitierten, 1982 er schienenen Veröffentlichung von Hans Falkenberg werden zahlreiche Theorien zur Entstehung und zum Verwendungs zweck der Erdställe angeboten. Auf grund meiner Erfahrungen und Kennt nisse möchte ich jedoch für die Erdställe in unserer Gegend folgende Erklärung geben: Erdställe sind von Menschenhand geschaffene Höhlen, die im Zuge der mit telalterlichen Besiedlung errichtet wur den, um den Bewohnern (etwa bei plötz lichen Überfällen und Plünderungen) eine kurzzeitige Zufluchts- und Ver steckmöglichkeit zu bieten. 1. Erdstall Lumerstorfer, St. Johann am Wimberg, Bezirk Rohrbach 1.1 Lageangabe St. Johann am Wimberg liegt etwa 9 km Luftlinie östlich von Neufelden. Im Ort St. Johann zweigt man bei der Kirche von der Durchzugsstraße ab, fährt halb um die Kirche herum und be nützt dann eine abwärts führende Straße. Nach ca. 400 m erreicht man den rechts der Straße stehenden Bauernhof Lumers torfer. 1.2 Forschungsgeschichte 1981 wurde durch einen Bagger, der im Hang eine Terrasse ausschob, der Erdstall freigelegt. In den „Fundberichten ERDSTALL ST. JOHANN / WIMBERG beim Bauernhof Lumerstorfer in Sf. Johann Nr. 26 Bezirk Rohrbach Gesamtlänge : 16m Niveaudifferenz : - 2.6m Seehöhe : 680m Grundriß VERM.: .EEichbauer, E Frifsch, J. Weichenberger 2. .9 1962 GEZ: Fritsch, Weichenberger 1982/63 LAGESKIZZE \\Herzogsdf.

Ahh.l: Erdstall Lumerstorfer. „Hauteng" wird es hei der ersten Sehlupfröhre nach oben. '"te Abb. 2: Erdstall Lumerstorfer. Am oberen Rand der Schlupfröhre muß man sich mit den Händen abstemmen, um hochklettern zu können. aus Österreich" erschien 1982 eine kurze Fundmeldung^. 1456 wird der Hof „Ludmanstorf", der jetzt 27 m vom Erdstall entfernt ist, erstmals urkundlich erwähnt^. 1.3 Beschreibung In der vom Bagger ausgeschobenen Terrasse östlich des Bauernhauses Lu merstorfer liegt die Einstiegsöffnung. Durch dieses Loch kommt man in einen nur 0,75 m hohen Gang, der schräg nach unten abfällt. Nach 2,0 m und 4,0 m zweigt jeweils nach rechts ein verstürzter Seitengang ab. Nach 5,5 m glaubt man schon am Ende des Kriechganges zu sein, doch eine ovale, senkrechte Schlupfröh re, die man erst im letzten Moment sieht, führt nun in die um 1,6 m höhere Etage. Im oberen Gang sind vom Boden bis zur Decke 0,85 m Platz. Eine Abzwei- ^ Fundberichte aus Österreich, 20. Bd., Wien 1982, S. 582, Petersberg. ^ Das Lehenbuch K. Ladislaus F. für Österreich ob und unter der Enns. In; Notizenblatt. Beilage zum Archiv für Kunde österreichischer Ge schichtsquellen, 4. Jg., Wien 1854, S. 191, Nr. 149.

Abb. 3: Erdstall Lumerstorfer. Diese Gänge sind geprägt von ihrer räumlichen Enge. gung nach rechts ist nach einem Meter mit Steinen verlegt. Am anderen Ende des Ganges öffnet sich im Boden wieder eine ovale Schlupfröhre.' 1,8 m Höhen unterschied sind zu überwinden, um in den tiefsten Teil dieser Anlage abzustei gen. Der unterste Gang biegt nach 1,4 m nahezu im rechten Winkel nach Westen um und endet schließlich bei einem Versturz. 7.4 Bemerkungen Der Eingangsteil ist durch einge schwemmtes Erdreich stark im Quer schnitt verengt und daher nur erschwert passierbar. Eine gründliche Ausräumung des Einfüllmaterials wäre notwendig. Die erhaltenen Teile dieses Erdstall systems sind von der räumlichen Enge geprägt. Die niedrigen Gänge zwingen den Besucher, sich auf allen vieren fort zubewegen. Nur in den senkrechten Schlupfröhren kann man aufrecht ste hen. Um jedoch hochzuklettern, muß man wieder die Hände zu Hilfe nehmen. Zuerst stemmt man die Ellbogen an und zieht den Körper höher, dann beugt man den Oberkörper vor, um ein Zurückglei ten zu verhindern. Nun stützt man sich mit den Händen ab, zieht den Körper hoch und klettert nun so in die höhere Etage. Abb. 4: Erdstall Lumerstorfer. Im tiefsten Teil der Anlage sind einige Steine aufgeschichtet. 2. Erdstall Rudersböck, Anberg Nr. 29, Bezirk Rohrbach 2.1 Lageangahe Im Ort St. Peter am Wimberg benützt man die 300 m westlich der Kirche ab zweigende Straße (Wegweiser Gemein deamt Anberg und Arnreil) und folgt dieser ca. 2,5 km weit, bis neuerlich ein Hinweis-

) Nr. 29 Rohrbach terreich J u J We'Chenberger 9 7 1983 Jcsef Weichenberger ein fui" HohlenKunde OH Lggeskizze OK U St Peter o.Wbg ,- Schild zum Gemeindeamt Anberg auf fällt. Man biegt jedoch hier bei einem Marterl nach rechts in den Güterweg Grünhäusl ab. Gleich der erste Idof links der Straße ist der Rudersböck. 2.2 Forschungsgeschichte Schon Pater Lambert Karner er wähnte in seinem 1903 in Wien erschie nenen Standardwerk „Künstliche fiöhlen aus alter Zeit" diese AnlageL Er schrieb; „Ich konnte leider in dieselbe nicht eindringen, denn der Gang war bis zur Höhe der Tastnischen mit Wasser gefüllt." 1923 veröffentlichte Franz Stroh in der Zeitschrift „Heimatgaue" eine Be schreibung und einen kleinen Plan der ihm zugänglichen Teile®. Er konnte bis zur ersten Kammer vordringen, aber auch hier verhinderte das im Gang ste hende Wasser jede weitere Erforschung. Stroh schrieb, der frühere Besitzer des Gutes habe ihm mitgeteilt, der Erdstall sei im Jahre 1848 beim Kellergraben ent deckt worden. Bei der Erweiterung des Kellers 1968 grub der Besitzer noch ein kurzes Gangstück ab, das jedoch auf dem Plan von Franz Stroh eingezeichnet ist. Am 9. Juli 1983 pumpten mein Bru derjohannes und ich das im Erdstall ste hende Wasser aus, und anschließend fotografierten und vermaßen wir die An lage. Dabei dürfte nach Jahrzehnten, möglicherweise sogar nach Jahrhunder- " S. 194. ^ Franz Stroh: Erdställe im Mühlviertel. In: Hei matgaue, 4. Jg., Linz 1923, S. 49 f. und Plan 4.

ten, das gesamte System erstmals wieder begangen worden sein. Abb. 5: ErdstaU Rudersböck. Der Einstieg ist vom Karioffelkeller aus. 2.3 Beschreibung Im Keller des Hausstockes ist eine Maueröffnung freigelassen, die den Ein stieg in die Unterwelt ermöglicht. Der eindringende Forscher wird von einem 2 m langen und 1,05 m hohen Kriech gang aufgenommen. Der östliche Teil davon ist verstürzt, an der südlichen Wand ist eine Lichtnische eingehauen. Gegenüber zweigt der weiterführende Gang ab, der auch Lichtnischen besitzt. Um in die tiefste Etage des Systems zu gelangen, muß man sich nun durch eine kreisrunde, senkrechte Schlupfröhre mit 0,42 m Durchmesser nach unten zwänAbb. 6: Erdstall Rudersböck. Die erste Schlupfröhre hat einen Durchmesser von 42 cm. Abb. 7.- Erdstall Rudersböck. Links ist eine Sitznische, im Hintergrund führt ein niedriger Kriechgang weiter.

gen. So wird ein Niveauunterschied von 1,4 m überwunden. Anschließend durch kriecht man auf allen vieren einen 0,7 m niedrigen Gang, um in die erste Kammer zu kommen. Gleich links lädt eine Sitz nische zum Verweilen ein. Rechts (süd lich) davon ist nach einem Absatz eine Trockenmauer aufgeführt. Der Weiter weg führt wieder durch einen niedrigen Kriechgang, an dessen Stirnseite eine kreisrunde Schlupfröhre nach oben geht. Gelangt man in die obere Etage, so sieht man eine große Steinplatte an der Wand lehnen, die genau auf die Schlupfröhre paßt und diese verschließt. Nach 2,0 m Ganglänge ist eine kleine Stufe und dann ein 0,5 m hoher Absatz. Der anschließen de Quergang besitzt am westlichen Ende eine Trockenmauer. Auf Grund der Ver messung ergibt sich die Vermutung, daß sich hinter der Trockenmauer ein Bau hilfsschacht befindet, der nach Errich tung des Erdstalls wieder verschüttet wurde. Im südlichen Teil des Ganges kann man aufrecht stehen, doch schon führt ein niedriger Kriechgang zu einer weiteren Schlupfröhre. Durch diese auf steigend, kommt man in die 1,1 m hohe Schlußkammer, an deren Wände noch deutlich die Bearbeitungsspuren zu se hen sind. 2.4 Bemerkungen Jetzt steht der Erdstall ab der ersten Schlupfröhre wieder unter Wasser. Er " ' Abb. 8: Erdstall Rudersböck. Hinter der Trockenmauer Abb. 9: Erdstall Rudersböck. Trittnischen erleichtern das dürfte sich der einstige Bauhilfsschacht befunden haben. Hochklettern in der zweiten Schlupfröhre.

müßte daher vor einer Besichtigung neuerlich ausgepumpt werden. Obwohl der Eingangsteil dieser An lage nicht mehr erhalten ist, ist dieser Erdstall sehr urtümlich und durch die Schlupfröhren, die Trockenmauern und den Abdeckstein besonders typisch. .... f"."- / mf'-:- j Abb. 10: Erdsiall Rudersböck. Durch die dritte Schlupf röhre kommt man in eine kleine Schlußkammer. 3. Erdstall Plankenbergerhof, Witzersdorf Nr. 9, Kirchberg ob der Donau, Bezirk Rohrbach 3.1 Lageangahe Von Altenfelden kommend, benützt man die Bezirksstraße Richtung Kirch berg, fährt aber bei der Kreuzung nach Kirchberg (Wegweiser Kirchherg 1 km) nicht in den Ort hinein, sondern bleibt auf der Bezirksstraße. Ca. 900 m nach dieser Kreuzung zweigt nach rechts der Güterweg Winzberg ab, dem man nun etwa 400 m weit folgt, dann jedoch wie der nach rechts abbiegt, und nach 200 m erreicht man den Plankenbergerhof. 3.2 Porschungsgeschichte Im Buch von Josef Reitinger „Die urund frühgeschichtlichen Funde in Ober österreich" (Linz 1968) wird auf S. 209 dieser Erdstall erstmals erwähnt. In den „Fundberichten aus Österreich" (Band 9, S. 38) wiederholt sich diese Meldung. Am 10. Juli 1983 pumpte ich den mit Wasser gefüllten Erdstall leer. Eine Woche später nahmen Erna Eichbauer, Erhard Fritsch und der Verfasser diese unterirdische Anlage genau auf (Fotodo kumentation, Vermessung). 3.3 Beschreibung Von einer Ecke im Keller des Wohn gebäudes führt ein 1,3 m tiefer, rechtecki ger Schacht mit einer Trittnische in den Erdstall. Nach dem Einstieg schließt ein 2,6 m langer, nach Süden gerichteter Gang an, der drei Abzweigungen auf weist. Schräg nach links (östlich) führt ein 1,8 m langer, 1,0 bis 1,4 m hoher und 0,8 m breiter Abschnitt, der an der Stirn seite eine Sitznische besitzt. Vor dieser

ERDSTALL „ PlankanbGrgerhof" Besitzer: Fam. Eldenberger Witzersdorf Nr. 9 , Kirchberg ob der Donau Bezirk Rohrbach Oberösterreich Seehöhe: 545 m Gesamtlänge: 11,0m Vermessen: E. Eichbauer E, Fritsch J- Weichenberger Gezeichnet: J.Weichenbg Juni 1984 Grundriß Längsschnitt VP1 bis VP 6 aufgerollt einstieg LICHTNISCHEN 0 1 2 3 4 5m LaqeskizzG VP4 bis VP 8 aufgerollt (Xirchberg 0»nim OK Nn 31 W befindet sich ein kreisrundes Wasser- Bei Vermessungspunkt 5 ist eine um loch, das genau an der tiefsten Stelle der 0,40 m erhöhte Nische, die ebenfalls ein Anlage situiert ist. Bemerkenswert sind kreisrundes Wasserloch birgt. Die nördauch zwei typische Lichtnischen an der liehe Seitenwand dieser Nische ist nur nördlichen Wand. 0,20 m stark. Gleich nebenan mündet ein

Abb. 11: Erdstall Plankenbergerhof. Die Dokumentation dieser Anlage wurde unter schwierigsten Bedingungen durchgeführt. Seitengang ein, der eine Länge von 5 m aufweist und am Ende abgemauert ist. Seine Breite nimmt von 0,90 m auf 2 m zu, die Ganghöhe schwankt zwischen 0,60 m und 1,10 m. Die Gesamtlänge der noch erhaltenen und somit zugänglichen Teile beträgt 16 m. Der Erdstall ist aus dem anstehenden Flins herausgearbeitet. 3.4 Bemerkungen Der Erdstall hat sich wieder mit Was ser gefüllt und müßte daher vor einer Be gehung leergepumpt werden. Wie der Besitzer des Idofes mitteilte, führte der Erdstall bis unter die „Gred". Bei Umbauarbeiten wurde dieser Gang abschnitt verschüttet und die Mauer im Seitengang aufgerichtet. Daher ist diese Anlage nur mehr zum Teil erhalten. Lx. , ■ 4. Erdstall „Feuchtes Eck", ■■ ~ Huterergasse 5, Bad Zell, Abb.12: Erdstall Plankenbergerhof. Auch dieser anstei- Bezirk Frelstadt gende Gang ist mit Schlamm bedeckt. Abb. 13: Erdstall Plankenbergerhof. Die Fortsetzung des Ganges ist zerstört und abgemauert. 4.1 Lageangahe Vom Marktplatz des Ortes Bad Zell führt eine Straße - die Huterergasse - in nördliche Richtung (Wegweiser Zwettl, Königswiesen). Dieser folgend, erreicht man nach 200 m das links der Straße ste hende Gasthaus „Feuchtes Eck". 4.2 Forschungsgeschichte In der Gendarmeriemeldung des Po stens Perg vom 23. August 1891, die im Oö. Landesmuseum verwahrt wird, heißt es: „Aus dem Keller des Bräuers Schoiber von Engelstein in Zell Nro 14 sollen zwei unterirdische Gänge auslau fen, deren Ende noch nicht erforscht sind."

Ojnvatr. täj; r* 1 '*10,15/7) üb. (jb-je LÄNGSSCHN/TT hin.t Teil d. W-Stollen NIVEAU Vp.16 »1,2m über Sohle PROFIL Weststollen j^unschliefbar 21/^-2,63 Ob. 16 Nordstollen Besitzer'. Populorum SH.; c^. 51o m West-Stollen 44,6o m (Vp. 1 - 15) Nord-Stollen 19,6o m (Vp.17 - 2l) West-Stollen 4li,35 m Nord-Stollen + 3,B3 m Verm. ; Ö.n.l98i Börner W. , Fritsch : Gez.; Dez. 1981 Fritsch B. STOLLEN OASTH "FEUCHTES ECK" BAD ZELL Hutererqasse 5 l^^^^\^renglöcher Kmcn \^ GRUNDRISS rrF^ / H ' / a 7 ' H ' GEMAUERTER / // / t(£LLER ! H j t ff / / ff / ÄT/rr/ö/ww Franz Stroh erwähnt 1923 diesen Stollen unter dem einstigen Bräuhaus^. 1934 folgt von Kurt Krenn eine ausführ liche Beschreibung^. Linzer Höhlenforscher bearbeiteten am 8. November 1981 den Stollen, ihr Plan erschien dann 1985 im Heimatbuch von Bad Zell®. 4.3 Beschreibung Von der Kegelbahn des Gasthauses führt eine Tür zum Keller. Ein etwa 10 m langer gemauerter Gang mündet in einen 14 m langen und 3 m breiten Kellerraum, der aus dem anstehenden verwitterten Granit herausgehauen ist. Von diesem Raum zweigt von der nordöstlichen Wand eine 3 m tiefe, 2,40 m breite und 1,80 m hohe Nische ab, in welcher zahl reiche Bohrlöcher zu sehen sind. Neben dieser Nische beginnt der so genannte Nordgang. Dieser hat zu Be ginn eine Breite von 1 m und eine Höhe von 1,10 m bis 1,20 m. In mehreren Krümmungen und nahezu rechtwinkeli gen Richtungsänderungen führt dieser rundbogige Gang immer leicht anstei gend fast 20 m weit. Das Ende ist durch eingeschwemmten Sand und Lehm ge bildet. Das Gangende liegt um 3,80 m über dem Fußbodenniveau des Keller- ^ Wie Anmerkung 5, jedoch S. 52 und Plan 6. ' Kurt Krenn: Zwei Erdställe im Mühlviertel. In: Heimatgaue, 15. Jg., Linz 1934, Heft 3/4, S. 153 ff. ® Lambert Stelzmüller und Alois Schmidt: Hei matbuch der Marktgemeinde Bad Zell, Linz 1985, S. 233.

V 's^JÄlk. " '• «ÄiAbb. 14: Erdsiall Feuchtes Eck. Die Gänge dieser Anlage werden nach hinten immer niedriger. Der sogenannte Weststollen zweigt von der nordwestlichen Ecke des Keller raumes ab. Auch dieser Gang hat viele Krümmungen; ja sogar spiralförmig win det sich das Gangende zu einem 3,50 m hohen Schlot. Dieser beinahe quadrati sche Schlot verjüngt seinen Querschnitt von 1,20 m auf 0,75 m, an der Decke sieht man noch deutlich die Bearbeitungsspu ren. Neben dem Weststollen öffnet sich eine 1,80 m hohe und bis zu 3 m breite Nische, an deren Stirnseite sich nach einem Absatz ein ca. 5 m hoher kaminar tiger Schlot ausbildet, der oben abge mauert ist. 4.4 Bemerkungen Besonders beachtenswert sind die zahlreichen Krümmungen und Winkel der Gänge und der eigenartige Schlot am Ende des Weststollens. Diese Anlage ist kein typischer Erd stall. Auch die Erklärung als Wasserstol len (= Kanat) befriedigt nicht, da beson ders der Schlot des Weststollens keinen praktischen Zweck erkennen läßt. Ob wohl man sicherlich auch den Namen „Feuchtes Eck", der sich auf das Wasser bezieht, berücksichtigen muß. Solange der eingeschwemmte Nordstollen nicht freigelegt ist, kann diese künstliche Höhle nicht in ihrer Gesamtheit beurteilt werden. Deshalb bleibt diese Anlage be sonders rätselhaft. 5. Erdstall Bauemhofer, Maierhof 18, Bad Zell, Bezirk Freistadt 5.1 Lageangabe Um zum Bauernhof zu gelangen, zweigt man in Bad Zell von der Bundes straße 124 ab und fährt Richtung A/Jerlieiligen-Perg weiter, dann bereits 200 m nach dieser Kreuzung vor dem Sport platz nach rechts zur Hauptschule (100 m) und links sich haltend noch rund 200 m zum Haus Bauernhofer. 5.2 Forschungsgeschichte Dieser Erdstall wurde nun schon mehrfach in der Literatur erwähnt: Erst mals 1933 von Franz Stroh', dann folgte 1934 eine umfassende Beschreibung von Kurt Krenn^°, 1984 wurde von mir in der ' Franz Stroh: Neue Erdställe im Mühlviertel. In: Heimatgaue, 14. Jg., Linz 1933, Heft 2, S. 109f. Wie Anmerkung 7, jedoch S. 148 ff.

4"' WIRTSCHAFTS TRAKT ERDSTALL BAD ZELL Maierhof 18 Besitzer; Fam.Wansch Bezirk Freistadt Oberösterreich 9^ Vermessungspunkt (VP 9) Seehbhe: 530m Gesamtlänge: 39m Vermessen: E.Eichbauer, E.Fritsch, J. Weichenberger Landesverein f. Höhlenkunde OÖ 2.8-1983 Gezeichnet: E. Fritsch, J. Weichenberger Okt.83 LÄNGSSCHNITT VP 1 -VP 10 aufgerollt LÄNGSSCHNITT VP14 -VP17 aufgerollt 0.0 BODENNIVEAU I Trittstufe-j—2,0 0 1 2 3 4 5 Nlveaudifferenz: -4.8m

!f ' ■ ,w)S& 1 >.■«1 Ahh.JS: Erdstaü Bauernhofer. Die waagrechte Schlupf- Abb. 16: Erdstall Bauernhofer. Von einem Hauptgang röhre zwingt den Besucher auf den Bauch. zweigt ein niedriger Kriechgang ah. Fachzeitschrift „Der Erdstall" ein Plan dieser Anlage veröffentlicht", und 1985 erschien der gleiche Plan im Heimatbuch von Bad Zell". Da jedoch in der Zwischenzeit das neuzeitliche Einfüllmaterial aus dem Erdstall ausgeräumt wurde^"\ bietet sich nun die Anlage komplett erhalten in ihrem ursprünglichen Zustand an. We gen der oben erwähnten zahlreichen Publikationen seien hier nur der überar beitete Plan und eine kurzgefaßte Be schreibung wiedergegeben. 5.3 Beschreibung In einer Kammer des Hofes mit ge stampftem Lehmfußboden befindet sich der Einstieg. Nachdem eine große Platte vom Boden aufgehoben wurde, gähnt uns ein dunkles Loch entgegen. Mit einer Taschenlampe ausgerüstet klettern wir nun tiefer; Trittnischen, die in der Wand Josef Weichenberger: Der Erdstall von Bad Zell, Maierhof 18. In: Der Erdstall, Nr. 10, Roding 1984, S. 4ff. Wie Anmerkung 8, jedoch S. 232. " Es mußten insgesamt knapp über 100 Arbeits stunden aufgewendet werden, um Mist und Schutt zu entfernen. Bedanken möchte ich mich bei meinen eifrigen Helfern Leo Mayböck, Peter Ludwig, Harald Müller, Hans Pammer mit sei nen Söhnen, Johannes Weichenberger und ganz besonders bei den Hofbesitzern Johann und Eli sabeth Wansch.

Abb.17: Erdstall Bauernhofer. Die glattgeschliffenen Wände und die abgerundeten Kanten dieser Schiupfröhre weisen auf eine oftmalige Benützung des Erdstalls hin. Abb. 19: Erdstall Bauernhofer. In den Sitznischen findet man halbwegs bequem Platz. Abb. 18: Erdstall Bauernhofer. Insgesamt drei Etagen gibt es in dieser Anlage. Abb. 20: Erdstall Bauernhofer. Die sogenannten Licht nischen dienten zur Aufnahme einer Tonlampe.

eingehauen sind, und kleine Stufen sind uns beim Abklettern behilflich. 3,5 m Höhenunterschied sind zu überwinden, um unten wieder festen Boden zu fassen. Wir stehen nun in einer von Menschen hand aus dem Erdreich ausgehauenen künstlichen Höhle. Drei Gänge führen nun weiter, einer nach links, einer nach vorne und einer nach rechts. Wir wenden uns dem linken Teil zu und gehen einige Schritte halb gebückt. Doch die Gang höhe wird niedriger und zwingt uns auf die Knie. An der Stirnseite des Ganges öffnet sich nun eine kreisrunde Röhre, die senkrecht nach oben führt. Zum Hoch klettern stemmen wir am oberen Röhren rand die Hände an und ziehen so den Körper nach. Den anschließenden, gut einen Meter hohen Gang durchkriechen wir am besten auf allen vieren, bis wir zu einer waagrechten Schlupfröhre kom men. Diese Engstelle zwingt dazu, uns so gar auf den Boden zu legen, um so durchzurobben. Danach wird der Gang wieder einen Meter hoch, und auf Händen und Knien bewegen wir uns vorwärts. Wir er reichen so eine gemauerte Rundkammer, die oben mit Brettern verschlossen ist. Vielleicht war hier früher ein zweiter Ein stieg oder aber ein Notausstieg. Somit ist das Ende dieses Teiles erreicht, und wir kehren wieder zurück zum Ausgangs punkt. Der rechte Gang, der eine rundbogige Decke besitzt, führt zu einem Schacht, von dem unten ein Gang ab zweigt. Mit einem Spreizschritt gelangen wir an die andere Seite und kommen nun zu einer Stelle, die ein aufrechtes Stehen ermöglicht. In die Wände sind Trittni schen eingehauen, was darauf hindeutet, daß auch hier eine Verbindung zur Ober fläche bestand. Weiter führt der Gang zu einem Kreuzungspunkt, an dem vier Gänge auf einanderstoßen. Das erweckt bei uns den Eindruck, daß der Erdstall labyrinthartig angelegt ist. Eine Fortsetzung mündet in eine Schlupfröhre, die senkrecht nach unten geht und mit dem Schacht beim Einstieg in Verbindung steht. Der andere Teil führt nach einer rechtwinkeligen Richtungsänderung zu einem Wasser loch. Der nächste Gang ermöglicht ein kurzes Stück lang fast ein aufrechtes Ge hen, doch schon zweigt nach rechts wie der ein niedriger Kriechgang ab. Dieser geht in eine senkrechte Schlupfröhre über, die wieder genau kreisrund ausge bildet ist. In der oberen Etage gabeln sich zwei Gänge, die an der Stirnseite jeweils drei Sitznischen besitzen. In den Nischen kann man tatsächlich halbwegs bequem sitzen, wenn man sich mit einer isolieren den Unterlage gegen die aufsteigende Feuchtigkeit schützt. 5.4 Bemerkungen Meiner Meinung nach ist dieser Erd stall der derzeit schönste und besterhal tene Oberösterreichs. Das bewog den Verfasser, mit zwei weiteren Höhlenfor schern in dieser Anlage einen „Überle bensversuch" durchzuführen. Es wurde getestet, ob es drei Personen möglich ist, 48 Stunden lang in einem verschlosse nen Erdstall auszuharren. Dieses unter „mittelalterlichen Bedingungen" durch geführte Experiment brachte wichtige Er kenntnisse für die Erdstallforschung". Auch die Medien berichteten aus führlich von diesem im deutschsprachi gen Raum erstmals durchgeführten Experiment". " Josef Weichenberger: Wurden die Erdställe als Zufluchtsanlage gebaut? Ein zweitägiger Über lebensversuch bringt neue Erkenntnisse. In: Der Erdstall, Nr. 11, Roding 1985, S. 24 ff.

I 6. Erdstall Vatersam Nr. 2, Taufkirchen an der Trattnach, Bezirk Grieskirchen 6.1 Lageangabe Man biegt von der Bundesstraße 137 (Wels-Schärding) beim Weiler Rogering, der etwa zwei Kilometer vor Neumarkt im Hausruck liegt, nach links in den Gü terweg Keneding ab und folgt diesem in etwa westlicher Richtung, bis man nach ca. einem Kilometer den kleinen Ort Vaiersam erreicht. Der letzte Hof links der Straße ist das Anwesen Vatersam Nr. 2, Hausname Furtauer, das von der Familie Loizenbauer bewirtschaftet wird. 6.2 Forschungsgeschichte Im März 1981 stieß man bei Aushub arbeiten für die Senkgrube plötzlich auf einen unterirdischen Gang. Vom Vor handensein eines Erdstalls war den Besit zern vorher nichts bekannt. Um die An lage zu erhalten, errichtete die Familie Loizenbauer auf eigene Kosten über dem Höhleneingang einen Einstieg aus Beton ringen. ' ORF, ö 3,27. 3.1984,15 Uhr, Weltnachrichten. ORF, ö Regional, 26. und 28. 3. 1984, Lokal nachrichten (mit Interview). Oberösterreichische Nachrichten, Linz, 28. 3. 1984, S. 6. Neues Volksblatt, Linz, 28. 3. 1984, S. 1 und 4. Oberösterreichisches Tagblatt, Linz, 28.3.1984, S. 1 und 5. ORF, ö 3, 2. 4. 1984, 17 Uhr, Interview. ORF, FS 2,18. 7.1984,18 Uhr, Österreich heute, Filmbericht.

Abb. 21: ErdstaU Vatersam. Von den Besitzern wurde auf eigene Kosten ein Zustieg zum Erdstall errichtet. Abb. 22: Erdstall Vatersam. Oberhalb der Gänge fuhr jüngst ein tonnenschwerer Bagger, ohne dem Erdstall Scha den zuzufügen. 6.3 Beschreibung Der Zugang zum Erdstall jst durch den „Kanaleinstieg" mit einer Leiter mög lich. Man steigt 3,5 m in die Tiefe, bis man den Gangboden erreicht. Der Gang führt zuerst in nördlicher Richtung unter dem Haus durch. Der erste Teil kann in gebückter Haltung begangen werden, den zweiten Abschnitt muß man auf al len vieren bewältigen. An der linken Wand findet man insgesamt drei Licht nischen, an der rechten Wand eine Ni sche eingehauen. 20 m vom Einstieg ent fernt zweigt nach rechts ein Seitengang ab, der durch ein Bodenloch noch ein kurzes Stück kriechend verfolgt werden kann, bis er verstürzt endet. Die Gesamt länge der Anlage beträgt 26 m. 6.4 Bemerkungen Derzeit kann der Erdstall nicht be sichtigt werden, da von der Senkgrube Jauche eingedrungen ist und sich Gär gase gebildet haben. Selbst nach stun denlangem Offenhalten der Einstiegsöff nung verbessern sich die Luftverhältnis se nicht, da das giftige Gas schwerer als die Luft ist. Die Errichtung eines Lüf tungsrohres ist daher dringend ange bracht. 7. Erdstall Wösner, Münzkirchen Nr. 3, Bezirk Schärding 7.1 Lageangahe Neben der Pfarrkirche von Münzkir chen befindet sich das Gasthaus Wösner, dem auch eine Fleischhauerei ange schlossen ist. 7.2 Forschungsgeschichte Der Pionier der Erdstallforschung, der Benediktinerpater Lambert Karner,

ERDSTALL MUNZKIR Bezirk Schard Seehöhe: A85m Gesamtlänge : 25,3fn Vermessen: E. Eichbauer

Abb. 23: ErdstaU Wösner. Besonders bemerkenswert ist hier die sehr hohe Schlupfröhre. Ii Abb. 24: Erdstall VJösner. A4ehrere Sitznischen laden zum Verweilen ein. hat bereits 1899 in den „Mitteilungen der k. k. Centraikommission" einen Plan von dieser Erdhöhle veröffentlicht^^. 1903 folgte noch eine ausführliche Beschrei bung in seinem Werk „Künstliche Höh len aus alter Zeit"^''. Deshalb seien hier nur der neu aufgenommene Plan und eine kurzgefaßte Beschreibung wieder gegeben. 7.3 Beschreibung Vom Keller des Hauses steigt man durch eine Bodenöffnung in die „Unter welt" ein. Die ersten Meter des Ganges sind mit schönen Quadersteinen ausge mauert. Nach 4,5 m erreicht man einen Quergang, der an der nördlichen Stirn seite drei kleeblattförmig angeordnete Sitznischen besitzt, die jedoch großteils vom Einfüllmaterial verdeckt sind. Das südwestliche Ende des Querganges wird von einem verfüllten Bauhilfsschacht ge bildet, der auch mit dem um eine Etage höher liegenden Gangabschnitt in Ver bindung steht. Ein abzweigender Gang biegt nach 1,5 m im rechten Winkel nach rechts um und verringert seine Höhe auf 0,70 m, sodaß man auf allen vieren weiterkriechen muß. Umso erstaunter ist man dann, wenn man die kreisrunde Schlupfröhre erreicht hat, die von der Gangsohle bis zur Gangdecke der oberen Etage einen Niveauunterschied von 2,7 m überwin det. Um nach oben zu gelangen, kann man die eingehauenen Trittnischen zu Hilfe nehmen. In der oberen Etage finden sich im südlichen Seitengang wieder zwei Sitz nischen. Der Hauptgang besitzt im nörd- ' 25. Jg., Wien 1899, S. 139, Fig. 6. ' S. 186 f.

liehen Teil den schon erwähnten verfüll ten Bauhilfsschacht. Das südliche Gang ende ist T-förmig ausgebildet, die beiden hier ausgebildeten Sitznischen ermög lichen ein halbwegs bequemes Verwei len. 7.4 Bemerkungen Die überaus hohe Schlupfröhre be weist, daß die Erbauer dieses Erdstalls sicher keine kleinwüchsigen Personen waren. Es scheint, als sei diese Anlage halb wegs im ursprünglichen Zustand erhal ten. Ungeklärt isf allerdings die große Menge von Einfüllmaterial, das in der tie feren Etage eine Mächtigkeit von 40 cm erreicht. Insgesamt 8 Sitznischen trifft man in diesem 25,3 m langen Erdstall. 8. Erdstall Oberhauser, Raschbach Nr. 15, Aurach am Hongar, Bezirk Vöcklabruck ■ A Abb. 25: Eristall Oberhauser. Über der Schlupfröhre haben die Besitzer einen Betonboden eingezogen, um den Erdstall zu erhalten. 8.1 Lageangabe In Aurach am Hongar benützt man den am östlichen Ortsausgang abzwei genden Güterweg Riedl, dem man 1,5 km folgt. Rechts der Straße liegt dann der Bauernhof mit dem Hausnamen Ober häuser. 8.2 Forschungsgeschichte 1981 wurde bei Baggerungsarbeiten für eine Wagenhütte südlich des Bauern hofes der Erdstall aufgedeckt. Die Besit zer sorgten in vorbildlicher Weise für die Erhaltung der unterirdischen Anlage, in dem sie beim Betonieren des Hütten bodens zwei Einstiege herstellten. 8.3 Beschreibung Vom Einstieg 1 erreicht man in nörd licher Richtung über einen Absatz den 1,70 m hohen Hauptgang. Gleich gegen über der Einmündung ist eine Sitznische ausgehauen, über der sich noch eine Lichtnische befindet. An der östlichen Stirnseite des Hauptganges sind drei weitere Sitznischen ausgebildet, in denen man bequem sitzen kann. Das westliche Ende des Ganges war ursprünglich mit zwei großen Steinen verkleidet, die jetzt durch Grabungen von Kindern nicht mehr im ursprünglichen Zustand sind.

iTznischen Lichtnische Sitznische 1. Einstieg Schlupfrohre Schlupf röhre 2.Einstieg i

Direkt unter dem Einstieg 1 führt eine kreisrunde, senkrechte Schlupfröhre zu einem 0,8 m niedrigen Kriechgang, von dem ein Seitengang abzweigt, der ur sprünglich ebenfalls mit einem grol?en Stein abgeriegelt war. Beachtenswert ist auch, daß der Kriechgang vor der Schlupfröhre noch niedriger und schmä ler wird. Durch die zweite Schlupfröhre hochsteigend, kommen wir zum zweiten betonierten Einstieg. Auch hier führt ein Absatz zu einem Quergang, der jedoch am westlichen Ende verstürzt ist. 8.4 Bemerkungen Die Errichtung dieser Anlage dürfte von einem Bauhilfsschacht aus erfolgt sein. Nachdem die Grabungsarbeiten für den Erdstall abgeschlossen waren, wur de die Verbindung zu den Kriechgängen mit großen Steinplatten verschlossen und der Schacht verfüllt. Die erhaltenen Teile dieser künstlichen Höhle haben eine Gesamtlänge von 19 m. Sehr interessant sind auch die Funde von Tonscherben im Erdstall, die jetzt der Besitzer verwahrt. Es handelt sich um Weißhafnerkeramik aus dem 13. Jahr hundert". Die Erdställe zählen zu den histori schen Raritäten unserer Heimat und sind zudem interessante Belege von hoher kulturgeschichtlicher Bedeutung. Leider sind nur noch die Anlagen vom „Bauern hofer" in Bad Zell und „Wösner" in Münzkirchen im ursprünglichen Zu stand erhalten. Die Erdställe vom Lumerstorfer, Rudersböck, Plankenbergerhof, Feuchten Eck, Vatersam und Ober hauser sind nur zum Teil erhalten und können daher nicht in der Gesamtheit beurteilt und analysiert werden. Die typischen Bauelemente eines Erdstalls sind bei den beschriebenen Höhlen wie folgt nachgewiesen: Erdstall-Nr. lt. Beschreibung Senkrechter Einstieg mit Trittnischen 3, 5 Kriechgänge .... 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 Gebückt begehbare Gänge 1,2, 3, 4, 5,6, 7,8 Sitznischen 2, 3, 5, 7, 8 Lichtnischen 2, 3, 5, 7, 8 Senkrechte Durchschlupfe 1,2, 5,6, 7, 8 Waagrechte Durchschlupfe 5 Sechs von den acht beschriebenen Erdställen besitzen mindestens zwei Eta gen, die durch senkrechte Schlupfröhren miteinander verbunden sind. Es könnte sein, daß dieser Typ - diese Art der Erd stallbauweise - eine bestimmte Entwick lungsstufe in der „Evolution" der Erd ställe darstellt. Die vergleichbaren älteren Anlagen wären demnach solche mit den kammerartigen Raumerweiterungen, de nen die stockwerkartige Anordnung fehlt. Solche sind z.B. die sogenannte „Flehlucka" bei Wartberg ob der Aist", der Erdstall von Oberalberting Nr. 4 (Ge- " Freundlicherweise bestimmt am 10.6.1984 von Dr. Josef Reitinger, Oö. Landesmuseum. " Eine Beschreibung mit Plan findet sich im Hei matbuch von Gallneukirchen, Freistadt 1982, S. 491 ff., und bei Josef Weichenberger: Drei neu bearbeitete Erd ställe in Oberösterreich. In: Der Erdstall, Nr. 13, Roding 1987.

meinde Pfaffing, Bezirk Vöcklabruck)^" oder der leider zerstörte von Altenberg (Gem. Eschenau, Bez. Grieskirchen)^k Insgesamt sind für Oberösterreich 361 künstliche Höhlen nachgewiesen (Stand August 1986), von denen jedoch nur noch 24 erhalten sind. Davon haben sich 144 unter Bauernhöfen (meist Einschichthöfen), 94 in Wald, Feld oder Wiese, 91 unter Häusern in Ortschaften, 23 unter Schlössern, Burgen oder Edelsitzen, 6 unter Kirchen, 3 in Friedhöfen befunden. Bei jenen 94, die im freien Gelände re gistriert wurden, kann es auch sein, daß sie mit jetzt nicht mehr vorhandenen Häusern in Verbindung standen. Daß die Erdställe den mittelalter lichen Bewohnern von großer Wichtig keit waren, beweist schon allein die mü hevolle und zeitraubende Herstellung. Wie der Verfasser durch einen prakti schen Versuch belegen konnte^^ kann man annehmen, daß der Grabungsarbei ter (= der Errichter des Erdstalls) in einer Woche ein Gangstück von etwa ein Me ter Länge zu graben imstande war. Dabei verrichtete der Mineur Schwerstarbeit. In einer liegenden, knienden oder ge bückten Zwangshaltung war er bei schlechtem Licht - verwendet wurden wahrscheinlich eine Tonlampe mit öl oder Kienspäne - und bei schlechter Luft ständig der Erdfeuchtigkeit ausgesetzt, die einem bis „unter die Haut" kriecht. Bei der Anwendung von Schlägel und Eisen für den Vortrieb entstand durch den Schlag auf das Eisen ein heller Klang, der sich dann noch mehrfach in dem engen Gang brach und so unweigerlich zu gra vierenden Gehörschäden führte. Der wahrscheinlich halb taube und von Rheuma geplagte Arbeiter mußte so durch viele Monate hindurch stets die gleichen Arbeitsabläufe verrichten. Die Begehung eines Erdstalls ist si cherlich nicht jedermanns Sache. Der Einstieg gähnt uns als finsteres Loch ent gegen, enge, niedrige, feuchte, lehmige Gänge empfangen den Eindringling. In gebückter Haltung oder auf Händen und Füßen kriechend oder aber gar auf dem Bauch robbend, durchquert man die stockdunklen Teile, die nur von der mit gebrachten Taschenlampe erhellt wer den. Wenn man sich durch eine „haut enge" Schlupfröhre zwängen muß, ist das Vertrauen an die Standfestigkeit des Erdreichs wichtig, um nicht von Beklom menheit und Platzangst befallen zu wer den. Beim Durchforschen dieser unter irdischen Stätten muß man sich mit Totenstille, Finsternis, Feuchtigkeit und Schmutz vertraut machen. Sollte trotz dieser Schilderung ein Leser den Mut aufbringen, einen Erdstall zu besuchen, so seien einige Hinweise an gefügt. Verlassen Sie bitte den Erdstall so, wie Sie ihn betreten haben. Nehmen Sie außer dem Erlebnis nichts aus dem Erd stall mit, hinterlassen Sie auch nichts - insbesondere keine Zerstörungen und Josef Weichenberger: Der Erdstal! von Oberalberting Nr. 4, Gemeinde Pfaffing (Oberöster reich). In: Der Erdstall, Nr. 11, Roding 1985, S. 51 ff. Josef Reitinger: Die ur- und frühgeschichtlichen Funde in Oberösterreich, Linz 1968, S. 95 und Abb. 71 auf S. 94. Oberösterreichischer Kulturbericht, Folge 24, 4. 12. 1959, S. 2 ff. Josef Weichenberger: Über den Bau von Erdstäl len - Erfahrungen, Vergleiche, Theorien. In: Der Erdstall, Nr. 12, Roding 1986, S. 45 ff.

Veränderungen, keinen Mist und keine Rußinschriften. Bewahren auch Sie die Ursprünglichkeit der Anlage. Bei einer Begehung bzw. Bekriechung eines Erdstalls empfiehlt sich ein Overall (der schmutzig werden darf) zum Darüberanziehen oder aber Klei dung zum Wechseln. Praktisch sind auch Stiefel und eine Kopfbedeckung - am günstigsten ein Helm. Eine gut funktio nierende Taschenlampe, am besten noch eine zweite in Reserve, sorgt für Licht. Notwendig ist auch ein Feuerzeug, um öfter durch Anzünden zu prüfen, ob auch genug Sauerstoff im Erdstall vorhanden ist. Selbstverständliche Voraussetzung für eine Erdstallbegehung ist natürlich die Erlaubnis des Besitzers. Der Verfasser führt ein genaues Ver zeichnis der in Oberösterreich bekann ten Erdställe. Für Hinweise auf Erdstall fundstellen, alte Bergwerke, Wasserstol len, unterirdische Steinbrüche und ande re künstliche Höhlen ist er sehr dankbar. Aber auch Sagen und Überlieferungen, die sich auf unterirdische Gänge bezie hen oder von fleißigen Zwergen und Heinzelmännchen berichten, werden von ihm gesammelt.

Tschechische Familiennamen in Oberösterreich Von Emil Puffer Beschäftigt man sich etwas näher mit der organisch gewachsenen Welt unserer Familiennamen, ist man von der unglaublich großen Menge und Vielfalt der Namen nahezu überwältigt. Die Rufnamen sind wohl so alt wie die Menschheit selbst, die Familiennamen dagegen sind wesentlich jünger und im deutschen Sprach raum noch keine tausend Jahre alt. Bis dahin genügte der Rufname und allenfalls der Vatersname vollauf zur Bezeichnung einer Person. Doch seit dem 12. Jahrhun dert reichte die Zahl der Rufnamen nicht mehr aus - mit einem Namen allein war eine bestimmte Person nicht zu identifizieren. Zusätzlich zum Rufnamen war nun ein wei terer Name nötig, eben ein „Zu"-Name. Aus diesem hat sich dann der Familienname im heutigen Sinn entwickelt. Im deutschen Sprachgebiet begann dieser Prozeß in den großen Städten am Rhein und war zu Beginn des 15. Jahrhunderts im wesentlichen abgeschlossen^. Die Namenforschung, die sich mit der fierkunft, Geschichte und Deutung der Familiennamen beschäftigt, hat sich insbesondere seit der Mitte des 19. Jahrhunderts stark entwickelt und stellt heute eine eigene wissenschaftliche Diszi plin dar^. Selbstverständlich kann aber auch der Laie so manche interessante Einzel heit aus dem Familiennamen herauslesen. Bei den meisten Namen ist relativ leicht zu erkennen, ob für die Namensgebung ein Beruf, eine körperliche oder geistige Eigenschaft oder aber die Herkunft des ersten Namensträgers Pate gestanden hat. ' In manchen Gebieten (z. B. Alpenregion, deutsche Nordseeküste) kam es zur Ausbildung der Familien namen wesentlich später; man behalf sich, indem man zusätzlich zum Vornamen den Hausnamen bzw. den Namen des Vaters als weiteres Unterscheidungsmittel verwendete. Dienstboten und Hörige blie ben ebenfalls noch lange ohne festen Familiennamen; diese bezeichnete man außer mit dem Vorna men mit dem Namen ihrer Herrschaft. Die orthodoxen Juden in Galizien wurden erst Ende des 18. Jahr hunderts zur Annahme eines Familiennamens verhalten; sie sollen dann je nach Bezahlung mehr oder weniger wohlklingende Namen erhalten haben. ' Die wissenschaftliche Grundlage für die Namenforschung legte Jakob Grimm, die ersten einschlägigen wissenschaftlichen Arbeiten bzw. Nachschlagewerke sind: H. F. Abel: Die deutschen Personennamen. Berlin 1853; K. G. Andresen: Die altdeutschen Personen namen in ihrer Entwicklung und Erscheinung als heutige Geschlechtsnamen. Mainz 1873; £. G. Förste mann: Altdeutsches Namenbuch. I. Band: Personennamen. Nordhausen 1854-56; A. F. Pott: Die Perso nennamen, insbesondere die Familiennamen und ihre Entstehungsarten. Leipzig 1853; F. Stark: Die Kosenamen der Germanen. Wien 1868; L. Steub: Die oberdeutschen Familiennamen. München 1870; A. F. Vilmar: Die Entstehung und Bedeutung der deutschen Familiennamen. Marburg 1855.

Ein Teil unserer Familiennamen geht auf die alten Einzelnamen (Vor- bzw. Taufnamen) zurück. Man kann fast behaupten, daß, wenn bei einem Familiennamen eine andere Deutung nicht zu finden ist, er am ehesten von einem solchen Namen abstammt. Aus dem Vornamen Reinhard entwickelten sich beispielsweise die Fami liennamen Rehnert, Renner, Renger, Reinelt, Reimer, Reim, Rehm, Reimann, Rembrandt. Rein, Reine, Reinecke, Ranke, Renz, aus dem Taufnamen Matthias wieder Matthies, Matthy, Matz, Matzke, Maschke, Matschke, Mätschke, Mathisson, Hiesel. Hinlänglich bekannt sind die sogenannten Berufsnamen, denen wir ebenfalls recht oft begegnen - man denke nur an die vielen Schmid oder Müller. Für viele Berufe gibt es aber auch umschreibende Namen^; Nestroy verwendet solche gern in seinen Possen''. Auf körperliche Eigenschaften verweisen die Namen Lang, Kurz, Groß, Klein, Krause, Roth, Schwarz usw. Auch hier gibt es viele, manchmal gar nicht schmeichelhafte Umschreibungen; so für einen dunklen Menschentyp außer Schwarz auch Raab, Moriggl, Schwarzkopf, Schwarzäugl oder Rußkäfer. Körper liche Besonderheiten und Gebrechen (Fingerlos, Handlos, Stummer, Schieler) sowie charakterliche Eigenschaften (Klug, Seelig, Ohnesorg, Biedermann, Köck, Resch, Wohlgemuth) finden ebenfalls ihren Ausdruck. Schier unendlich ist die Zahl der Herkunftsnamen, also jener Namen, die etwas über die Herkunft bzw. Abstammung des ersten Namensträgers aussagen. Die bunte Palette reicht von Ländernamen (Bayer, Heß, Böhm, Unger) über Namen bekannter örtlichkeiten (Wiener, Prager, Würzburger) bis zu Namen oft winziger Weiler und Einzelgehöfte (Haager, Enzinger, Obermüller, Schweighofer) und zu Flurnamen und Geländeformen (Berger, Thaler, Gruber, Ebner). Aus heutiger Sicht läßt sich manchmal nicht eindeutig feststellen, wie ein Name tatsächlich entstanden ist, auch wenn seine Bedeutung klar zu sein scheint. Es kommt immer wieder zu gewissen Überschneidungen. Der Name „Fuchs" ist zum Beispiel zweifellos vom gleichnamigen Tier abgeleitet; zumeist ist damit ein fuchsfarbener (rothaariger) Mensch gemeint. Es ist aber durchaus auch möglich, daß der erste Namensträger etwa schlau wie ein Fuchs gewesen ist, und schließlich kann es sich um eine Ableitung von einem Hauszeichen handeln, falls der Namensträger in einem Haus „Zum Fuchsen" gewohnt hat. Dies alles läßt sich ohne größere Mühen aus den Familiennamen herauslesen, vorausgesetzt, daß es sich um deutsche Namensformen handelt. Stammen die Namen aber aus anderen Sprachen, wird es ungleich schwieriger, weil in der Regel nur der Fachmann über die nötigen Sprachkenntnisse verfügt. Nun kommen aber besonders im österreichischen Raum viele slawische, ungarische und italienische Namen vor - kein Wunder, war doch die alte österreichisch-ungarische Monarchie ein Vielvölkerstaat mit vielen Sprachinseln und gemischtsprachigen Gebieten. Fast ^ Für den Beruf des Koches gibt es beispielsweise die umschreibenden Namen Schaumlöffel, Kessel, Wiegelmesser, Pfannstiel, Feuerhake, Gensfleisch, Bratfisch, Süßmilch, Pfannkuch, Saueressig u.v.a. In der Zauberposse Lumpazivagabundus heißt der Tischler „Leim", der Schneider „Zwirn" und der Schuster „Knieriem".

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