OÖ. Heimatblätter 1986, 40. Jahrgang, Heft 1

(Nr. 136) über „Die Maultrommelerzeu gung in und um Mölln a. d. Steyr" einiges Interessantes zu berichten: Die letzte größere Bestellung an den engeren Verband erfolgte aus Sachsen mit der Weisung, die Ware direkt nach Ham burg zu versenden. Näheren Nachfor schungen ist es gelungen, zu erfahren, daß die bezüglichen Kisten von Hamburg aus nach Chile, Valparaiso und Japan instradiert wurden. Es scheint, daß die bezüg lichen Eingeborenen und Hinterländler für die Mollner Fabricate eine Vorliebe gewon nen haben und darum gilt es, diese ohne Konkurrenz und Tunlichkeit zu unterstüt zen und unseren Export um eine, wenn auch kleine Ziffer zu heben. Die Gefahr, daß die Großindustrie sich dieses Artikels bemächtigen und die kleinen Leute erdrükken könnte, besteht ebensowenig wie für die Taschenfeitel-Erzeuger, da nur eine 14und 15-stündige angestrengte Arbeit, das Zusammenwirken aller Angehörigen der Familie und das Vorhandensein von ge ringen Regie-Auslagen eine so wohlfeile Fabrikation ermöglichen. Es herrscht ein unleidliches Trucksystem seitens der Ver leger, ein Tagesverdienst von 30 bis 40 Kreuzern ist die Regel. 21 Meister be schäftigen 26 Gehilfen und 3 Lehrlinge. Diese 50 Arbeiter erzeugen aus ca. 20.000 Kilogramm Schmiedeeisen und 1.500 Ki logramm Federstahl bei zwei Millionen Maultrommeln pro Jahr. Der Preis variiert nach Größe und Qualität auf 1 Gulden per 200 Stück für die niedrigste Nummer und auf 1 Gulden per 160 Stück für die feinste Nummer. Die Gründung eines engeren Verbandes innerhalb der Genossenschaft zum Zwecke des genossenschaftlichen Ein kaufs der Rohstoffe und gemeinschaftli chen Verkaufs der Fertigware erzielt heute für Nr. 1 einen Gulden für 148 Stück, bei Nr. 3 einen Gulden für 132 Stück. Der Tagesverdienst des Einzelnen (im Ver band, der erst 15 Mitglieder zählt) konnte auf 60 bis 70 Kreuzer angehoben werden. Wer kauft aber zwei Millionen solch primi tiver Musikinstrumente, nachdem dieselbe außer Mode gekommen scheinen? Diesem innerhalb der Genossen schaft der Maultrommelmacher entstan denen engeren Verband einer Werksge nossenschaft gehörten 1898 nur mehr 12 Mitglieder an. Die Werksgenossenschaft organisierte sowohl den Einkauf der Roh stoffe als auch den Verkauf an Großkauf leute im Ausland. Hauptabnehmer von Maultrommeln waren vor dem Ersten Weltkrieg Polen, Rumänien, Serbien, Bul garien und Ungarn.^0® Karl Baedekers Reisehandbuch für „Südbaiem, Tirol etc." von 1897 erwähnt bei Molin die „Fabrikation von Maul trommeln" als sehenswert. ^0® In der Zwischenkriegszeit erlebte die Maultrommelerzeugung in den Konjunk turjahren vor Ausbruch der Weltwirt schaftskrise neuerdings einen Aufschwung. Am 8. Juü 1925 schreibt die „Tages Post, Linz" in ihren Steyrer Nachrichten „Zur Geschichte der Maultrommel" Die Maultrommelindustrie bleibt trotz aller technischen Neuerungen nun einmal Handwerk der Mollner und ihre Hausin dustrie. Maschinell erzeugte Maultrom meln fanden überhaupt keine Abnehmer. Es wird ausschließlich für überseeische Lieferanten, die in Hamburg und auch in Kleinasien ihre Niederlagen haben, auf Be stellung gearbeitet. Diese ist in erfreulicher Weise so zahlreich, daß die Erzeuger kaum in der Lage sind, allen Anforderungen 108 R. Kropf: a. a. O. S. 252 109 K. Baedeker: Reisehandbuch für Südbaiem, Tirol etc. Leipzig 1897. S. 400 110 Tages-Post Linz. 8. Juli 1925 (Steyrer Nach richten) (K)

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