OÖ. Heimatblätter 1986, 40. Jahrgang, Heft 1

Dichter Justinus Kerner^^ schreibt in der „Seherin von Prevost" (1829): „Durch Töne dieses Instruments ließ bei ihr sofort der fürchterliche Krampf nach und sie kam aus ihm in einen hellwachen Zustand". An anderer Stelle reimt er: „War die Leier mir zersprungen/Hab ich mit dem blanken Eisen/Der Natur oft nachgesungen/Ihre schmerzlich süßen Weisen" - womit er die Maultrommel pries. Übrigens stand Ker ner in enger Beziehung zu dem bereits er wähnten Eulenstein.37 Auch der Dichter Hopnann von Fallersleben'^^ berichtet in seinen „Lebenserinnerungen" von einer Begegnung mit einem der bedeutendsten Maultrommelvirtuosen seiner Zeit, mit Heinrich Scheibler, einem reichen Band fabrikanten und feingebildeten Mann (1777 - 1837).39 Er hörte diesen ün Juni 1821 in Düsseldorf spielen und vermerk te: „Unvergeßlich aber ist mir sein wun derbares Spiel auf der Mundharmonika geblieben. Das waren Klänge, die aus einer anderen Welt herübertönten, wie ein geheimer Zauber tief in die Seele dran gen". Von 1820 bis 1840 dürfte die Blüte zeit dieses Instrumentes anzusetzen sein. Es ist nach dem bereits Gesagten aber nicht verwunderlich, daß die beiden bedeutendsten Mundartdichter Öster reichs, Franz Stelzhamer (1802 - 1874)''o und Peter K. Rosegger (1843 - 1918),^^ ebenfalls enge Beziehungen zur Maul trommel hatten. Ersterer spielte diese vorzüglich und besaß mehrere Instrumen te, letzterer berichtete über die Maultrom mel in seinem Aufsatz „Wilde Musikan ten" und veröffentlichte im „Heimgarten" einen Artikel von A. Webinger über die „Steyermärker-Trumel". Auch die Volks dichter Vorarlbergs hatten enge Bezie hungen zur Maultrommel. Josef Wichner (geb. 1852) besaß als Gymnasiast nebst anderen Musikinstrumenten auch etliche solche. C. Hagen schrieb vor 1890 ein biblisches Bauemdrama „Jonas", worin er diesen, in Joppe von Heimweh gepackt, auf der Maultrommel einen flotten Land ler spielen läßt.'^^ Nicht zuletzt beherrschte der bedeu tendste Liederkomponist unserer jüngsten Vergangenheit,//Mgo Wo//(1860-1903), von seiner Windischgrätzer Heimat her, das Spiel auf der Maultrommel.^3 In den Museen finden sich noch In strumente dieser Virtuosen, die in Epaulettenform nicht nur aus Eisen und Mes sing hergestellt sind, sondern auch aus nahmsweise aus Silber. Kunstvolle Behäl ter in Schuhform weisen oft pächtige Ver zierungen im Kerbschnitt auf."*^ Außer in Molin existierten in der Habsburgermo narchie weitere Werkstätten in Stubai und Riva am Gardasee. J. Kerner: Das Bilderbuch aus meiner Knaben zeit. Erinnerungen 1786— 1804. Stuttgart 1886. S. 291 (K) Vgl. Fußnote 28 Vgl. Fußnote 12 ®® Allgemeine Musikal. Zeitung. Leipzig XVIII. Jg. 24. Juli 1816. Spalte 505-512 (Die Aura. Hein rich Scheibler. Crefeld) (K) *° Vgl. H. Commenda: Oberösterreichische Hei matblätter. Jg. 12, 78; A. Haberlandt: Taschen wörterbuch der Volkskunde Österreichs II. S. 76. Wien 1959 (K) P. K. Rosegger: Wilde Musikanten. Ein bunter Reigen aus den Alpen. In: Heimgarten VII/1883. S. 442 (K): A. Webinger: Die Steyermärker Trumel. Roseggers Heimgarten 59/11, S. 493 - 96 E. Winter: Die Vorarlberger Dialektdichtung. Innsbruck 1890. S. 108 (K): Vgl. auch Nach laß Klier: C-II-1/9 Die Maultrommel in Vorarl berg (MS) E. Deczey: Hugo Wolf I., Leipzig 1903 ** Eine Rundfrage bei einschlägigen österreichi schen Museen ergab in Wien, daß die Musik sammlung des Kunsthistorischen Museums vier Maultrommeln besitzt, die 1876 als Geschenk des .Athenäums übergeben worden sind und alle das

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