OÖ. Heimatblätter 1986, 40. Jahrgang, Heft 1

Die Maultrommeln und ihre Erzeugung zu Mölln Von der Zunft zur Werkgenossenschaft Von Gustav Otruba Die bis zum Ende der Ersten Repu blik existierende gewerblich produzierende Werkgenossenschaft freier Handwerks meister, die das seltene Musikinstrument „Maultrommel" für den Export in alle Welt erzeugte, stellt ein Unikum in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte dar, vielleicht nur noch vergleichbar mit den Büchsenmachern von Ferlach. Ihre über dreihundertjährige Geschichte bietet den seltenen Fall für ideale interdisziplinä re Forschung des Wirtschaftshistorikers ge meinsam mit dem Musikwissenschaftler und Volkskundler bei einander übergrei fenden Problemstellungen. Da stellt sich zunächst die Frage nach den Vorfahren der europäischen Maultrommel im fernen Asien und auf welchem Wege dieses In strument nach Europa gekommen ist. Erst im ausgehenden 17. und 18. Jahrhundert erfreut sich dieses Instrument vor allem bei der bäuerlichen Bevölkerung in den Alpen weiter Verbreitung und findet auch bei der höfischen Musik allmählich Eingang, so daß seine Massenerzeugung notwendig wurde. Zunftzwang war in der gewerblichen Produktion damals die Regel, die Her stellung neuer Produkte beziehungsweise neue Aufgabenstellungen der Wirtschaft verlangten die Gründung neuer Zünfte, was die Verleihung einer Handwerksord nung durch den Herrscher voraussetzte. Ursprünglich hatten solche Privilegien auch Stadtobrigkeiten, Bischöfe und Prä laten im Rahmen ihrer geistlichen Grund herrschaften sowie Fürsten und Adelige jeweils für ihren Machtbereich gewährt, aber seit der Gegenreformation nahmen die Habsburger das Recht neuer Bestäti gung ausschließlich selbst in Anspruch. Die Erinnerung an die frühere Praxis lebte jedoch im Volk weiter und so findet man vereinzelt auch aus späterer Zeit Hand werksordnungen, die hoher Adel oder Geistlichkeit, von einzelnen Handwerkern zum Schutzherm erkoren, ohne Sanktio nierung des Kaisers bestätigt haben (zum Beispiel die Fürsten Abensberg/Traun für die Keßler, der Abt von Lilienfeld für die Josefibruderschaft der Tischler oder der Reichsgraf von Lamberg zu Steyr für die Maultrommelmacher). Die Entstehung neuer Zünfte in der Neuzeit erfolgte oft als ein schmerzlicher Loslösungsprozeß aus einem bisher be stehenden größeren Zunftverband auf grund weitgehender Spezialisierung in der Produktion, wobei diese Lostrennung vielfach Schiedsprüche erforderte, wem künftig die Herstellung bestimmter neuer Produkte ausschließlich vorbehalten sein sollte. Diesen Schiedsspruch zu fällen und gegebenenfalls auch durchzusetzen war Aufgabe des Schutzherm, der die Hand werksordnung bestätigt hatte. (Die Maul-

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