OÖ. Heimatblätter 1986, 40. Jahrgang, Heft 1

Eine Reise in die Vergangenheit zum Entdecken der eigenen Geschichte^ Für ein neues Geschichtsbild von Braunau am Inn Von Aldemar W. M. Schiffkorn Zwar ist es unmöglich, daß Vergangen heitsbilder völlig identisch sind, es ist aber im Sinne der Demokratie und im Interesse des Landes, diese Bilder so weit als möglich in Einklang zu bringen.' Walter B. Simon Vergangenheit ist „in". Hat Ge schichte Zukunft? 40 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges scheint der Ge schichtsverdrängung eine Welle des Ge schichtsinteresses zu folgen. Die „schreck liche", die geschichtslose Zeit ist vorbei! Seine Eindrücke über den Internationalen Historikerkongreß 1985 in Stuttgart be schreibt Konrad Adam unter dem Titel „Ein neuer Historismus": Heute, nach etlichen Jahrzehnten, die dem Historismus gleichgültig oder gar feindlich begegnet sind, erlebt er eine Re naissance Überall wächst die Überzeugung, daß die Vergangenheit mehr ist als nur die Vorgeschichte der Moderne. . . . Der Abstand zu den sechziger Jahren, als die Geschichte zur Standortbestimmung der Gegenwart benutzt wurde, und zu den Siebzigern, die immerfort Relevanz such ten, ist offensichtlich. Die Achtziger, so scheint es, sind dazu bereit, Geschichte als einen Gegenstand zu betrachten, der seinen Wert und seine Würde aus sich selbst be zieht.^ Sich selbst als eine vergängliche Mani festation historischer Zeiten und Räume zu begreifen und so besser urteilsfähig zu werden - darin liegt der zentrale Bildungs wert der Geschichte. Geschichte erhellt somit die soziale, kulturelle und politische Vielfalt der Gegenwart - mehr noch - Ge schichte ordnet die Gegenwart in Sinnzu sammenhänge und kann - so verstanden - Entscheidungshilfen für die Zukunft ge ben. Demokratisches Geschichtsverständnis oder lagergebundene Geschichtsauffas sungen? Walter B. Simon, Professor an der Colum bia Universität, stellt dazu fest: Die historischen Perspektiven einer Gemeinschaft, eines Staates oder eines Volkes sind ein integraler Bestandteil der jeweiligen kollektiven Identität. Sie bestäti gen grundlegende Werte, legitimieren Ziel setzungen, motivieren Verhalten und be einflussen entscheidend, was als Recht oder Unrecht oder als Gut oder Böse betrachtet wird.* Wir stehen nun am Ende des Jahres der Zeitgeschichte, das auch ein Jahr der Alltags- und Lebensgeschichte, der per sönlichen Geschichte ist: für mich gibt es sehr persönliche Beziehungen zur Stadt Braunau. 1947 betrat ich, mit meinen El tern von Trier kommend, hier erstmals ^ Vortrag zur Buchpräsentation des „Braunauer Album" am 28. 11. 1985 in Braunau in einer für den Druck umgearbeiteten Fassung. ^ In: Splitter und Balken. Vergangenheitsbewälti gung und Demokratie. Aus: Academia. 34. Jahr gang. Heft 5. Wien 1983. S. 30. ^ Zitiert nach: Kultur Chronik. Nachrichten und Be richte aus der Bundesrepublik Deutschland. Heft 6/1985. Hrsg. Inter Nationes e. V. Bonn. WalterB.Simon: Splitterund Balken. Wie Anm.2.

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