eine Untersuchung auch der sprachlichen Begleitumstände ihrer Eingliederung in die hiesige Gesellschaft vielleicht immer noeh ein lohnendes Unternehmen. Desiderata Doch nicht nur in bezug auf die zuletzt erwähnten sprachlichen Konsequenzen zahlreicher Aus- und Umsiedlungen gäbe es für die Sprachwissensehaft noch viel zu tun. Trotz der zahlreichen Einzeluntersuchungen in den letzten Jahrzehnten und auch trotz bestehender (aber gänzlich veralteter) Überbhekswerke wie Grau (1939) gerät das Land Oberösterreich in der Dialektologie zunehmend in Gefahr, zum gänzlich weißen Eleek zu werden. Da das Land keine Volluniversität hat und sieher auch nicht mehr bekommen wird, ist von universitärer Seite im Lande selbst nicht mit Initiativen zu rechnen. Umso mehr müßte man von der Seite der Kulturpolitik die Sache in die Hand nehmen oder zumindest fördern. Nur noch in diesem Jahrhundert (bzw. Jahrtausend) wird es möglich sein, eine auf der Grundlage einer feingliedrigen regionalen Auffäeherung basierende basisdialektale Bestandsaufnahme durchzuführen. Die an sich nicht beklagenswerte, den Variantenreichtum der Dialekte nur auf die Ebene stärkerer sozialer und situativer Schichtung transponierende Umgestaltung der Sprache bringt es mit sich, daß das da durch gewinnbare (Grundlagen)material in einigen Jahrzehnten unwiederbringlich verloren sein wird - ganz abgesehen vom sprachhistorischen Wert derartiger Erhebun gen. Diese Bestandsaufnahme ist in anderen österreichischen Bundesländern zum aller größten Teil durchgeführt, so in Vorarlberg, Tirol und Salzburg. Sie wäre bei entsprechender Eörderung für Oberösterreich in wenigen Jahren zu erledigen. Dem Fehlen der universitären Forschung im Land zu diesem Bereich steht auf landeskund licher, volksbildnerischer und schulischer Ebene das ausgeprägte Desinteresse gegen über, wohl in der Annahme begründet, daß mit der Förderung von Mundartdichtung = Mundarttümelei genug getan sei. Die in anderen kulturellen Bereichen wie Musik und Literatur (vgl. das Stifter-Institut, die ORF-Kolloquien zu Bernhard und Grass, die Zeit schrift „die rampe" etc.) umso intensivere Eörderung läßt das Mauerblümchendasein einer seriösen Beschäftigung mit Sprache in Oberösterreich vollends beklagenswert er scheinen. Eine als repräsentativ für Dialektleben gesehene Mundartdichtung, die als be vorzugte Themen weiterhin die bäuerliche Lebenswelt vor der Industrialisierung und die heile Natur vor der Umweltzerstörung kennt, geht mit der dann angemessenen Wahl ländhch-archaischer Sprache gänzlich an der spraehlichen Realität in einem Land vorbei, dessen Leben zu einem großen Teil verstädtert und industrialisiert ist und dessen Sprache diese Tatsachen auch widerspiegelt. Die dialektologische Erforschung des oö. Zentralraums wäre neben der dialektalen Bestandsaufnahme das drängendste Desiderat. Ähnlich wie die Literatur ün Adalbert-Stifter-Institut verdient es auch die Sprache, in angemessener Weise in einer Arbeitsstelle untersucht zu werden. Die Entromantisierung der Mundart aufgrund profunder und sachlicher Auseinandersetzung mit dem Phänomen Dialekt ist dringend notwendig, und die so gewonnenen Erkennt nisse könnten direkt in Rundfunk, Schule und Erwachsenenbildung einfließen. In der Soziologie ist es v. a. Brunhilde Scheuringer an der Universität Salzburg, die sich dieses Themas an genommen hat.
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