Hannes Scheutz (74), aufbauend auf seiner 1982 fertiggestellten Dissertation und vorher noch seiner Hausarbeit. Enklaven und Exklaven Als besonders traurige Erscheinungsformen religiöser und politischer Wirrnisse und Verfolgungen erweisen sich in der Geschichte immer wieder Zwangsumsiedlungen und Vertreibungen. In den österreichischen Ländern kommt es v. a. seit dem Beginn der Gegenreformation zu derartigen Maßnahmen, und nicht nur - bei weitem mehr bekannt — im damals noch nicht österreichischen Salzburg. Schon im Gefolge des Oö. Bauern krieges finden die ersten Aussiedlungen statt, v. a. in protestantische Teile Deutschlands wie (dem heute bayerischen) Franken. Die sprachlichen Folgen dieser Emigration sind nie erforscht worden, und eine Untersuchung würde wohl auch heute kaum mehr Ergebnisse zeitigen - es sei denn die Konstatierung der vollkommenen Assimilation. Weitaus besser bestellt ist es um die Aufarbeitung der im 18. Jahrhundert stattgefun denen Umsiedlungen, aus staatspolitischen Gründen dann nur mehr innerhalb des eige nen Landes, um die zwar protestantische, aber sonst durchaus brauchbare Arbeitskraft nicht zu verlieren. Vor allem die auch heute noch überwiegend protestantischen Gebiete im Süden Oberösterreichs sind davon betroffen. Etwa 3000 oberösterreichische Pro testanten werden in Siebenbürgen angesiedelt, v. a. in den drei Dörfern Großpold, Großau und Neppendorf westlich von Hermannstadt, und prägen bis heute den als „Landlerisch" bezeichneten Dialekt dieser Dörfer. Bernhard Capesius und Alfred Obernberger haben sich um die Erforschung dieser „Landlermundarten" verdient gemacht (75, 76). Nicht so weit verschlagen hat es die Holzfäller aus dem Salzkammer gut, die 1782 in Naßwald, Gde. Schwarzau im Gebirge, im Bezirk Neunkirchen im süd östlichen Niederösterreich angesiedelt wurden. Trotz merklicher Anpassungserschei nungen an den niederösterreichischen Dialekt der Umgebung v. a. seit dem 2. Weltkrieg bilden sie noch heute eine westmittelbairisch-oberösterreichische (und protestantische) Sprachinsel in einer ostmittelbairisch-niederösterreichischen (und katholischen) Umge bung. Walter Glattauer hat in seiner Arbeit über das südöstliche Niederösterreich (77) auch Naßwald mitbehandelt, wiewohl die besondere Stellung Naßwalds noch immer — und angesichts der verstärkten Assimilation vielleicht gerade jetzt - eine ausführliche SpezialUntersuchung rechtfertigen würde. Um die Untersuchung der sprachlichen Folgen weiterer oberösterreichischer Neuansiedlungen, z. B. in Deutsch-Mokra (heute Ukraine), ist es - wie gesagt - sehr schlecht bestellt, zum Teil scheint sie als Folge der Völkerbewegungen in und nach dem Zweiten Weltkrieg gar nicht mehr möglich zu sein. Als eine Folge dieses Weltenbrandes sind auch die vielen tausend vertriebenen Deutschstämmigen aus Südosteuropa zu sehen, hierzulande meist pauschal „Banatler" genannt, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Oberösterreich angesiedelt haben und die aufgrund ihres großen Fleißes und ihres zähen Aufbauwillens die zumindest wirtschaftliche Integration bald geschafft haben. Die vornehmlich im oö. Zentralraum angesiedelte Volksgruppe hat zwar zahlenmäßig nie das Ausmaß erreicht wie ün Nach barland Bayern (die Vertriebenen als Bayerns „vierter Stamm"), aber dennoch wäre
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