OÖ. Heimatblätter 1986, 40. Jahrgang, Heft 1

Materialsammlung, und negativ in bezug auf die Nichtrezipierung der aufkommenden Soziolinguistik und damit die zum Großteil durch ihn verursachte zeitweise Abkoppelung der Wiener Dialektologie vom internationalen Forschungsfortschritt. Ihm verdankt das Fach auch die bisher einzige Übersicht (zumindest zur Lautgeographie) des gesam ten bairischen Raumes, allerdings natürlich nur zur altbäuerlichen Sprache der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts (33). Eine den Anforderungen einer zeitgemäßen (Sozio)- dialektologie gerecht werdende Übersicht zu den bairischen Dialekten oder auch nur zur dialektalen Situation Österreichs ist ausständig. Für das Bairische im Freistaat Bayern hat jüngst Ludwig Zehetner eine leicht lesbare Zusammenfassung, die auf die wichtig sten Aspekte der gegenwärtigen Dialektologie hinweist, vorgelegt.^s Natürlich entstehen an der Universität Wien schon vor Kranzmayers einfluß reicher Zeit verschiedene Arbeiten, einige davon unter seinem Vorgänger Anton Pfalz (1885 — 1958), der selbst wie Kranzmayer nie direkt oder ausführlicher auf Oberöster reich Bezogenes publiziert hat. Lediglich in einer kleinen Abhandlung schließt er Ober österreich ein, wobei auch er auf die schon erwähnten (Pionier)arbeiten von Haasbauer zurückgreift (34). Obwohl 1921 schon eine (verschollene) Dissertation über Gallneukirchen erschienen ist (35), sind die ersten vier Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts in Wien vor allem eine Zeit intensivster Sammeltätigkeit. So kann Franz Roitingers Dissertation aus dem Jahr 1933 über seinen Heimatort Weibern (36) quasi als Vorhut und auch als Vor bild für die dann einige Jahre später einsetzende, aber erst in den sechziger Jahren stark ansteigende Zahl an dialektologischen Dissertationen gelten. Franz Roitinger (1906 - 1968),26 jahrelang Mitarbeiter der Wörterbuchkanzlei und somit auch beim WBO, ist einer jener Dialektologen „der zweiten Reihe", die zwar selbst nur weniges publiziert haben (37 - 40) und kaum der wissenschaftlichen Öffentlichkeit bekannt geworden sind, deren Name aber im Vorwort unzähliger Dissertationen genannt wird und ohne deren geduldige und zielstrebige Grundlagenarbeit die Materialbasis, auf der die heutige Dialektologie aufbaut, bei weitem kleiner wäre. Am Vorabend des 2. Weltkriegs, noch in Oberösterreich erhoben, aber schon über „Oberdonau" handelnd, erscheint die bislang einzige ausführliche dialektologische Bearbeitung des ganzen Landes Oberösterreich in Form der Dissertation von Herbert Grau, nachmalig Direktor der Linzer Volkshoch schule (41). Trotz der Tatsache, daß seither 47 Jahre vergangen sind und auch Grau schon den Sprachstand der damals älteren Leute aufgezeichnet hat, muß seine Unter suchung immer noch als Grundlage und Ausgangspunkt dienen, sobald man sich mit diesem oder jenem Landesteil ausführlicher befassen will. Vor allem hier drängt sich eine neuerliche und ausführlichere Bestandsaufnahme des ganzen Landes als dringend notwendiges Desiderat auf (siehe dazu weiter unten). Neben einigen kleineren dia lektologischen Arbeiten veröffentlichte Herbert Grau noch einen etwas längeren Bei trag zur Dialektgeographie der Eisenwurzen (42). Auch in den vierziger und fünfziger Jahren ist die Zahl der Oberösterreich be treffenden dialektologischen Arbeiten noch immer gering. Als einzige in dieser Zeit in Buchform veröffentlichte Arbeit erscheint 1942 eine ausführliche, aus einer Wiener Zehetner (1985). Es darf allerdings nicht verschwiegen werden, daß gerade in Bayern die für jedwede dia lektologische Erörterung vernünftigerweise vorauszusetzende ausreichende Beleglage nicht in dem Maße gegeben ist wie in Österreich. Siehe als kurze Biographie Pischinger (1968).

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