buch, gemeinhin „der Schmeller" genannt (5), auf dem Schreibtisch fast jedes bairischen Dialektologen zu finden, und erst langsam beginnen die als Schmeller-Neubearbeitungen konzipierten neuen großen Wörterbücher neben ihn zu treten (s. u.). Ähnlich wie Höfer greift Schmeller über das engere (Alt)bayerische aus, ganz selbstverständlich auf das Fränkische und Schwäbische im Königreich Bayern, natürlich aber auch auf das Bairische in Österreich. Und noch stärker als Höfer ist Schmeller ein früher Soziolinguist, der in seine Wörterbuchartikel genügend Sozialkritik einbringt. Auch diese Seite seines Schaffens ist erst in den letzten Jahren eingehender beleuchtet worden.is Ganz allgemein kann die oft geäußerte Ansicht, die früheren Zeiten seien die Zeiten des reinen, unbeeinflußten Dialektlebens gewesen, nicht mehr aufrecht erhalten werden. Auch Benedikt Pillwein, „kaiserl. königl. Provinzial-Staats-BuchhaltungsIngrossist", sagt in seiner Beschreibung Oberösterreichs (6);^® Ueberhaupt findet man in dem Kreise wieder eine verschiedene Mundart. Jene an der Gränze Bayerns kommt der bayer'schen Mundart näher und ist die rauheste, an der böhmischen Gränze ähnelt sie der singenden Mundart der Deutschböhmen, an der unter österreichischen Gränze klingt sie besser und reiner. Daß dabei vor fast 160 Jahren schon der niederösterreichische Dialekt als „besser und reiner" eingestuft wird, wirft ein bezeichnendes Licht auf soziolinguistische Verhältnisse und Haltungen, die, wenn auch nicht explizit ausgesprochen, auch die gegenwärtigen sprachlichen Entwicklungen im österreichischen Donauraum charakterisieren. Eine historische Soziolinguistik hat hier noch einige Arbeit vor sich. Obwohl der noch im 18. Jahrhundert begonnene „dialektologische Faden" im ganzen 19. Jahrhundert weitergesponnen wird - hauptsächlich in volks- und mundart kundlicher Sammeltätigkeit - ist erst in den frühen Jahren unseres Jahrhunderts der eigentliche Beginn einer kontinuierlich aufbauenden, sich weiterentwickelnden und fruchtbringenden Dialektforschung zu sehen. Im beginnenden 20. Jahrhundert Mit der Gründung der Kommission zur Schaffung des Österreichisch-Bayerischen Wörterbuches und zur Erforschung unserer Mundarten der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien im Jahre 1911 und der Einrichtung der Arbeitsstelle, der soge nannten Wörterbuchkanzlei, im Jahre 1913 ist der formelle Anfang der neueren österreichischen Dialektologie gesetzt. In Zusammenhang und oft auch in Personalunion mit der schon 1899 gegründeten Phonogrammarchivs-Kommission beginnen aber schon 1901 die Aufnahmen deutscher Mundarten im damaligen Osterreich, und zwischen 1908 und 1918 veröffentlicht Joseph Seemüller (1855 - 1920), seit 1905 Professor in seiner Heimatstadt Wien, vorher in Innsbruck, in der Reihe „Deutsche Mundarten" (gemeint: vomehmUch Mundarten der deutschsprachigen Gebiete der ÖsterreichischUngarischen Monarchie) auch Umschriften oberösterreichischer Dialektaufnahmen, wobei diese Verschriftlichungen von Plattenaufnahmen'^ aus jeweils zwei Teilen beS. Wiesinger (1979) und Rein (1985). 16 In Band 1 (1827): Der Mühlkreis, S. 107. " Vgl. unten die Aufnahmen des Österreichischen Phonogrammarchivs.
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