OÖ. Heimatblätter 1986, 40. Jahrgang, Heft 1

Von der Sprache des Pöbels zur dialektalen Variabilität Eine kommentierte Bibliographie zur oberösterreiebiscben Dialektforschung Von Hermann Scheuringer Innerhalb der sprachwissenschaftlichen Disziplin Dialektologie, einem tradi tionsreichen und - trotz aller Lücken und Desiderata - sehr gut erforschten Teilbereich der germanistischen Linguistik^, erscheinen vor allem jene (geographischen) Gebiete als bevorzugt, die im Einflußbereich bzw. Bearbeitungsgebiet einer der sogenannten dialek tologischen Schulen liegen und so oft stärker als andere Gebiete das wissenschaftliche In teresse auf sich lenken - und sei es auch nur mittelbar als praktisches „Testgelände" theo retischer Überlegungen. Schon allein der scheinbar nebensächliche Faktor der Herkunft der das Fach Studierenden ist hier ein gewichtiges Element im Verhältnis Universität - Umland und so auch von Einfluß auf den Gang der Forschung. Im Falle der beiden klei nen Nationalstaaten im Süden des deutschen Sprachgebiets, also der Schweiz und Öster reichs, deckt sich der Einflußbereich derartiger wissenschaftlicher Schulen mit dem Staatsgebiet, das zu erforschen man sich besonders verpflichtet fühlt. In Österreich ist es die Wiener Dialektologische Schule, die im Bereich dieses Faches die Forschung in diesem Jahrhundert geprägt hat, mit allen Vor- und Nachteilen, die traditionsreiche Schulen eben mit sich bringen.^ Trotz des in unserem Fall fehlenden universitären Forschungszentrums im Lande selbst konnte so im Laufe der letzten Jahrzehnte in der dialektologischen Forschung für Oberösterreich viel getan werden. Nach einer materialintensiven Phase in den sechziger und siebziger Jahren, als deren Ergebnis viele Dissertationen in Form sogenannter Ortsmonographien vor uns liegen, scheint in den letzten Jahren das Interesse von stu dentischer Seite wieder geringer zu werden, wobei rigorosere Studienvorschriften und der angespannte akademische Arbeitsmarkt das „Abgleiten" von den nicht direkt lehramtsbezogenen Fächern verhindern dürften. So stehen wir weiterhin vor einem Puzzle mit vielen leeren Feldern, und das Abdecken dieser Felder durch weitere Forschungen wird angesichts überall einsparender öffentlicher Geldgeber zunehmend schwieriger. Bedauerlicherweise trifft dies im Falle der Dialektologie bzw. des zugrunde liegenden Forschungsgegenstandes Dialekt mit einer Phase rapider sprachlicher Ver- ' . . . und — vom Standpunkt des Verfassers — nur der germanistischen Linguistik bzw. deutschen Sprach wissenschaft. Wie sehr die Dialektologie/Mundartkunde/Mundartforschung immer noch als Anhängsel von Volks- und Landeskunde (an sich hier notwendige Hilfswissenschaften) gesehen wird, zeigt schon der nur flüchtige Blick in die Indices und Inhaltsverzeichnisse einschlägiger Periodika - eine für die landläufige Einschätzung des Faches immer noch symptomatische Zuordnung. 2 Vgl. Wiesinger (1983a).

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