OÖ. Heimatblätter 1986, 40. Jahrgang, Heft 1

Tourismusbranche hinreichend vermarktet werden. Vieles an wesentlichem, lebendigem Brauchtum bleibt daher von vorherein unberücksichtigt. Leider betrifft das ganz allgemein auch unser Bundesland. Von den 127 im Register genannten Orten sind lediglich 4 aus Oberösterreich behandelt worden; die Fronleichnamsprozessionen von Hall statt und Traunkirchen, der Ebenseer Glöcklerlauf und Bilder von der Emtedankprozession mit der Goldhaubengruppe in Unterweißenbach. Nur im wenige Seiten umfassenden „Brauchtumskalender" werden wenigstens die wichtigsten Bräuche auch aus Oberösterreich, geordnet nach Terminen, aufgeli stet. In der „notwendigen Begriffserklärung" wird zumindest jeder ehemalige Innsbrucker Volkskunde student sofort Auszüge aus den Vorlesungen und den wissenschaftlichen Arbeiten zu diesem Thema von Karl Ilg erkennen. Während der „Wissenschaftler" (wie es im Buchprospekt heißt) in diesem Zu sammenhang jedoch Paul Satori, Adolf Spamer, Paul Geiger und Hans Trümpy nennt, wird der Name Karl Ilg verschwiegen! „Die Festbeschreibungen wurden nach schriftlichen, telefonischen und persönlichen Recherchen von der Redaktion des Pinguin-Verlages unter fachlicher Beratung und Mithilfe von Dr. Werner Schneider zusammengestellt" (S. 156). Gleich zu Beginn dieser Beschreibungen wird das Weihnachtsfest auf den 24. Dezember (S. 13) ver legt - welcher Gewährsmann war hiefür zuständig? Dietmar Assmann Friedrich B. Polleroß (Hrsg.): Kamptal-Studien 5. Band. Gars/Kamp 1985. 315 Seiten. 12 Bildtafeln. Der neue, fünfte Band der hier nuiunehr bereits regelmäßig besprochenen Kamptal-Studien kann ebenso wie seine Vorgänger positiv aufgenommen werden. Polleroß versteht es, das Niveau tmd die Vielseitigkeit der Publikationsreihe eher noch zu steigern, und der Überblick des Herausgebers über die Reaktionen des Publikums (S. VIff) kann daher auch fast durchwegs positive Aufnahme und weit gehende Zustimmung verzeichnen. Daß PoUeroß seine Aufgaben nicht allein in der Sammlung und Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnis sieht, sondern darüber hinaus auch vor unmittelbarer kulturpoütischer Aktivität dort nicht zurückschreckt, wo ihm dies notwendig erscheint, beweist seine un mißverständliche Stellungnahme zu verschiedenen akuten Fragen der Region in der Einleitung (S. IX — XVII). Von den zwölf Beiträgen, deren Niveau — soweit dies der Rez. beurteilen kann — von gleich mäßiger Höhe ist, sei vor allem auf zwei kunstge schichtliche Abhandlungen verwiesen, die als „Sei tenstücke" zu kürzlich an der Universität Wien ab geschlossenen Dissertationen entstanden und wich tige Ergänzungen zur regionalen Kunstgeschichte darstellen; Andreas Fingernagel untersuchte die Be ziehungen der Skriptorien in Heiligenkreuz und Zwettl im 12. Jahrhundert, wobei er die Abhän gigkeit der Tochtergründung vom Mutterkloster für die Buchmalerei belegen und zudem einen deut lichen Qualitätsabfall der Buchausstattung außer halb der Heiligenkreuzer Werkstatt feststellen konn te. Renate Holzschuh-Hofer widmete der Georgs kirche in Horn eine monographische Behandlung von großer Ausführlichkeit, an der vor allem die Ein bindung des einzelnen Kunstwerkes in seinen kultur historischen Kontext hervorzuheben ist. Die vor allem durch die neue Untersuchung von Hermann Hipp wieder belebte Beschäftigung mit dem Phä nomen der „Nachgotik", die durch das umfangreiche Werk Engelbert Kirschbaums aus der Zwischen kriegszeit einige Zeit lang „verhindert" wurde, findet nun zu einer neuen Sicht dieser Kunstübung, die vom herkömmlichen, vereinfachenden „Stil"begriff ab kommt und die Zeichenhaftigkeit des Formzitates und die Repräsentationsfunktion architektonischer Details betont. Die beispielgebenden Untersuchun gen Holzschuh-Hofers für den niederösterreichi schen Raum sollten in anderen Bundesländern Nachfolge finden. Aus den restlichen Beiträgen sei lediglich kurz auf Edwin Lachnits Aufsatz über den früh verstor benen Kunsthistoriker Hermann Dollmayr hinge wiesen, dem damit eine zweifellos berechtigte Wür digung zuteil wurde; der Abdruck des von Univ.- Prof. Mitterauer anläßlich einer Tagung in Eggen burg 1984 gehaltenen Referates „Neue Wege der Alltagsgeschichte zwischen Quantifizieren und Oral History" führt die aktuelle Problematik der histo rischen Quellen „jenseits der Archive" einem breiten Publikum vor. Besonders erfreulich ist die Tatsache, daß auch in diesem Band der Kamptal-Studien wiederum den Rezensionen viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde, wobei die zahlenmäßige Beschränkung, verbunden mit Sachkenntnis und Kompetenz (Beispiel; die bei den Besprechungen des Altenburg-Buches von Wil helm Deuer und dem Herausgeber) besonders er-, freulich wirkt. Man kann dem Herausgeber nur eine ähnlich erfolgreiche weitere Tätigkeit wünschen. Bernhard Prokisch

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