OÖ. Heimatblätter 1985, 39. Jahrgang, Heft 4

der bedeutenden Bogenhofer'schen Stif tung aus dem Jahre 1474 durch den Ranshofener Kirchenverwalter hörten, und alle Erträgnisse aus den Stiftungen zu den Altä ren der Braunauer Kirchen immer noch nach Ranshofen flössen, zudem den Brau nauern auch noch ein eigenes Pfarrecht vorenthalten wurde, zogen sie gegen Rans hofen. Leider fehlte aber zur Errichtung ei ner Friedhofskapelle der notwendige Bau grund. Der Friedhof, südlich der St. Ste phanskirche angelegt, reichte schon bis an den dem Kloster gehörenden Baumgarten heran. Dieser Garten mit ertragreichen Obstbäumen war von einer Mauer umfrie det und seinen Wert schätzte man auf 200 Gulden. Der Propst wurde unter Hinweis auf die Unregelmäßigkeiten seines Kir chenverwalters bestürmt, einen Teil dieses Baumgartens abzutreten. Aber erst der Nachfolger von Mathias, Propst Blasius Rosenstingl (1494- 1504), willigte diesmal auf Fürsprache Herzog Georg des Reichen ein, ein kleines Stück des Baumgartens ab zutreten. Er legte am 15. März 1494 den Grundstein zur Kapelle. Die Braunauer, die nunmehr der Unterstützung des Her zogs sicher waren, begannen sogleich mit dem Abbruch der gesamten Umfriedungs mauer, fällten alle Bäume und begannen mit dem Kapellenbau. Dazu verwendeten sie der Einfachheit halber gleich das Ab bruchmaterial der Mauer. Verständlich, daß der Propst nunmehr Beschwerde beim Hofrat in Burghausen erhob. Doch bis zur Erledigung durch die herzogliche Kanzlei verfloß lange Zeit und der Bau schritt rasch voran. Einige Braunauer Zünfte hatten in der Zwischenzeit für ihre Zunftkapellen in der neuen Pfarrkirche Benefiziaten und Kapläne bestellt, unter ihnen Georg Dienst mann. Dieser stiftete die Mittel zum Bau einer Krypta unter der neuen Friedhofska pelle. Im Stiftbrief heißt es, daß die Krypta als „Begräbnisstätte für ihn und seine Amtsnachfolger als Friedhofskapläne" die nen sollte. Das Verhältnis zwischen dem Ranshofener Augustiner ChorherrenKonvent mit Propst Blasius und den Brau nauern war nunmehr schwerstens gestört. Endgültig bereinigt wurde dieser Streit erst im Jahre 1517, als Propst Kaspar Türndl (1504 - 1529) den Braunauem ein eigenes Pfarrecht zubilligte. In den Jahren 1500 und 1502 machten zwei angesehene Braunauer Bürger, näm lich Hans Fries und Leonhard Eckenfeiner, die ersten Meßstiftungen für den Altar der St. Martins-Kapelle. Nur die Höhe der Ekkenfelnerschen Stiftung ist noch bekannt: Vier Pfund Pfennig und der halbe Zehent von seinem „Noefingerhof". Im Jahre 1504 starb Herzog Georg der Reiche und es brach der sog. Landshuter Erbfolgekrieg aus. In diesem Krieg wurde u. a. das Leprosenhaus und die Kapelle St. Michael zerstört. Erst nach dem Pestjahr 1517 wurden Spital und Kapelle neu aufge baut. Die neue Kapelle wurde nunmehr dem Erzengel Michael und dem hl. Seba stian geweiht. Da die Braunauer sich im Landshuter Erbfolgekrieg (1504/05) auf die Seite Herzog Albrechts schlugen, wur den ihnen nach dessen Sieg alle alten Frei heiten bestätigt. Darüber hinaus verlieh Albrecht der Stadt elf weitere bedeutende Privilegien, die einen raschen Wiederauf bau Braunaus ermöglichten und den Reichtum der Bürger neu begründeten. Ein Ausdruck dieses Reichtums und der nurmehr bedingten Abhängigkeit von Ranshofen war die Erweiterung der Fried hofskapelle „gegen Westen um ein Joch" und der Bau eines Turmes an deren West seite. Auf einem Ölbild am St. SebastianPestaltar, von Martin Zürn um 1640 für die Pfarrkirche St. Stephan geschaffen, ist die Martinskirche mit ihrem Turm dargestellt. Der Turm mit seinem hohen Zeltdach dürfte eine Höhe von etwa 40 Meter gehabt haben und ist vergleichbar mit dem beson-

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