Doch den Durchbrach zur „Moder ne", gegen den sich der „Gralbund" heftig zur Wehr setzte, vollzogen nun auch jene Dichter, die sich mit dem Katholizismus eng verbunden fühlten. Mit Hermann Bahr, Rainer Maria Rilke, Richard von Schaukai und Hugo von Hofmannsthal war die österreichische Literatur bereits in eine enge Beziehung zu den neuen, geistigen Strömungen in Europa getreten.®® Mit Hilfe von Form und Sprache wird nun versucht, trotz einer konservativen Grandhaltung, den Zusammenbruch des alten Österreich und des alten Europa dichterisch zu verarbeiten. Neuromanti sche Tendenzen, ebenso wie Rückgriffe auf die mittelalterliche oder barocke Tra dition, wie etwa bei Handel-Mazzetti oder Hans von Hammerstein, sind die wesent lichsten Züge, welche die österreichische Literatur der ersten Republik kennzeich nen. An die bereits arrivierten Dichter wie Karl Schönherr, Rainer Maria Rilke, Hugo von Hofmannsthal, Hermann Bahr und Heinrich Suso Waldeck, schließen sich Anton Wildgans, Max Mell und Hans von Hammerstein-Equord an. Aber auch die jüngeren, um 1890 geborenen Dichter, treten bereits an die Öffentlichkeit; Ru dolf Henz, Josef Weinheber, Paula von Preradovic oder Friedrich Schreyvogel. Gleichzeitig tritt aber auch die Hei matdichtung, und damit das stärkere Her vortreten der Bundesländer, zutage. Die Tiroler Josef Wenter, Josef Leitgeb und Franz Kranewitter, die Steiermärkerin Paula Grogger, die Kärntner Dichter Josef Friedrich Perkonig und Guido Zernatto, der Salzburger Karl Heinrich Waggerl, sowie die öberösterreicher Richard Bil linger, Arthur Fischer-Colbrie und Hans von Hammerstein-Equord sind die be kanntesten Vertreter dieser volkstümli chen Dichtung. Die vaterländische Bewegung unter Dollfuß und Schuschnigg hat diese Be strebungen begünstigt. Je stärker die na tionalsozialistische Propaganda in Deutschland gegen Österreich wurde, um so mehr wurde die besondere Pflege der österreichischen Eigenart gefördert. Auf führungen von Dramen am Burgtheater, die Stoffe aus Österreichs Geschichte be handeln, so zum Beispiel Werke von Hanns Sassmann, Josef Wenter, Franz Theodor Csokor und Rudolf Henz, sollten dem Österreich-Gedanken dienen. Diesem wußte sich auch Hans von Hammerstein-Equord als Bundeskom missär für Kulturpropaganda in beson derer Weise verpflichtet. Ein gleiches gilt für repräsentative Bücher und Zeitschrif ten aus jenen Jahren. Hier sei die von Karl Pawek herausgegebene Zeitschrift „Die Pause" genannt, in der Hans von Ham mersteins Roman „Die gelbe Mauer" in Fortsetzungsform erschien, und in der er einen grundlegenden Artikel über die Ei genständigkeit Österreichs veröffentlich te.®^ Unter dem Titel „Gedanken über Österreich" setzte sich Hammerstein mit dieser Problematik auseinander. In der Förderang des Brauchtums, der Pflege des Volkstanzes und der Tracht, gab es mit dem „nationalen Lager" einen starken Wettbewerb. Um die Grenzen, die oft fließend waren, genauer zu akzen tuieren, wurde vielfach, auch gegen das Widerstreben der traditionell antisemiti schen alten christlichsozialen Kreise, die starke geistige und kulturelle Kraft des jü disch-konservativen Elementes-das etwa dureh Hugo von Hofmannsthal, Franz Vgl. dazu: Heinrich Benedikt (Hrsg.): Geschichte der Republik Österreich. Wien 1954. S. 352. Hans von Hammerstein: Gedanken über Öster reich. In: Die Pause. Wien. 2. Jg. H. 2. 1937. S. 2 - 3.
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