OÖ. Heimatblätter 1985, 39. Jahrgang, Heft 4

Seele" zu bauen und zu gestalten, münden schließlich in Hammersteins drittes großes Anliegen; die Wiedergeburt der Mensch lichkeit. Ursachen, die zum Verlust der Menschlichkeit und Menschenwürde füh ren, sieht Hammerstein im Krieg, in der Großindustrie, sowie im Großstadtmilieu und in der Vermassung. All diese Faktoren verleiten zur Unmenschlichkeit. Der Krieg ist zum Massenvernich tungsmittel geworden, nicht nur mit Waf fen, auch durch Propaganda, Aushunge rung und Vernichtung ganzer Völker wird der Mensch geknechtet und in Schrecken gehalten. Die Industrie „benützt" das Individu um, kalkuliert mit Menschenmassen und macht den Einzelnen zu einem Lohnskla ven. Auf der Strecke bleiben die Arbeits und Brotlosen. Die Großstadt hat ebenfalls menschli che Züge. Sie zieht die Leute wie ein Stru del an, hetzt sie von Geschäft zu Geschäft und läßt die Schwachen erbarmungslos fal len. In der Masse, die in den dreißiger Jah ren Opfer gewissenloser Propaganda zu werden drohte, sieht Hammerstein eine immense Gefahr, denn animalische Re gungen und Gefühle, die dem Einzelnen sonst fremd sind, treten in der Masse plötz lich zutage."^ Welchen Weg zu einer neuen Mensch lichkeit sieht aber der Dichter? Zunächst ruft er alle gutwilligen Menschen auf, sich an das schlichte göttliche Gebot zu halten: „Liebe deinen Nächsten". Die Liebe über windet Haß, Neid, Ausbeutung und Er niedrigung."*® Aus dieser Überzeugung appelliert er an die Völker, einander zu achten und zu tolerieren, positive Leistungen auch ande rer Nationen anzuerkennen. Daß dieser Appell ohne Echo blieb, mußte wenig spä ter Hammerstein schmerzlich erkennen. Sein ideales Ziel, die neue Menschlichkeit, ging auf den Schlachtfeldern des Zweiten Weltkrieges und in den Konzentrationsla gern unter. Es spricht aber für den Dichter, daß er - aus dem Konzentrationslager gesundheit lich schwerst geschädigt heimgekehrt - noch viel eindringlicher als Christ sein Ideal verfocht. In-seinem letzten Bekenntnis, einem Auszug einer Schrift, die nach seinem Tode nur fragmentarisch abgedruckt wurde, heißt es: Er (= Christus, Anm. d. Red.) allein bleibt uns als sicherer Glaube untrügliche Hoffnung, alles wiederaufbauende Liebe; Er als gottmenschliches Vorbild des EwigPersönlichen, das so erkannt, nun aller dings „das höchste Glück der Erdenkinder" ist, unerreichbar zwar, wie jedes wahre Vor bild sein muß, doch eben darum einzig fä hig, den Menschen an seiner Seele beständig höher zu entwickeln, nicht zum hoffärägen „Erdregierer", aber zum Meister aller irdi schen Lagen . . Hammerstein und die christlich-konser vative Kulturbewegung Dem Vordringen der christlichsozia len Partei um 1900, nach einer Ära der liberalen Anschauungen, folgte vor allem die katholische Kulturarbeit. Diese christlichsoziale Volksbewe gung wurde begleitet und getragen von einer starken geistigen und kulturellen katholischen Emeuerungsbewegung. Sie äußerte sich in Österreich in der 1892 gegründeten „Leo-Gesellschaft", die ein Zentrum der katholischen Wissen schaft und Geistigkeit wurde. Ebenda. S. 12. Ebenda. S. 14. Das Bekenntnis Hans Freiherm von Hammersteins. In: Die Furche. Wien. Vom 30. 8. 1947. Nr. 34, S. 5.

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