der Vorkriegszeit in der Lebensart der Oberösterreicher verändert hat. Er beklagt das Schwinden jener Harmonie in den zwischenmenschlichen Beziehungen. Den Sonntag wußte man noch zu feiern, da sich noch keine Hektik breit gemacht hatte: Damals war der Mensch noch kein Fußball der Zeit, damals hetzte er noch nicht in überfüllten Zügen alpenwärts, um der zerarbeiteten Woche atemlos einen zer streuten Sportsonntag abzujagenf^ Dieses scheinbar noch behäbigere und ruhiger dahinfließende Leben wurde durch den Krieg schlagartig zerstört. Man zer schlug, was jahrhundertelang gefügt und aufgebaut worden war. Besonders die Ju gend sieht Hammerstein gefährdet und von politischer Massenwerbung angelockt. Hammerstein erkannte in der Zwi schenkriegszeit eine Epoche, die alte Vor bilder und ein überliefertes Kulturerbe ab geworfen hatte und nun versuchte, in ei nem immer schneller werdenden Kreislauf möglichst viel zu produzieren. Daß der Mensch dabei auf der Strecke bleibt und im Zeichen der Weltwirtschaftskrise eine ka tastrophale Arbeitslosigkeit viele Österrei cher an den Rand des Ruins treibt, betont Hammerstein oftmals. Die furchtbare Si tuation vieler Arbeitsloser ist für ihn der Beweis, daß sich die Menschheit in eine fal sche Richtung entwickelt hat. Die ehemali ge Harmonie, in der der Mensch das erar beitete, was auch gebraucht wurde, ist durch eine nur auf Gewinn gerichtete Mas senproduktion zerstört. Im Gefolge stellt Hammerstein auch das Schwinden der Fä higkeit zu spontaner Freude fest. Er ver meint, in vielen Menschen das Ahnen einer kommenden Katastrophe feststellen zu können: Oder wissen wir, wie die düstere Seherin der Edda, daß nach „dem Sommer mit we hen Wettern" die sieben Weltwinter vor dem Untergang kommen? Zuweilen will es so scheinen; denn „Brüder befehden einander, Unerhörtes ereignet sich, große Schand tat.. . Beilalter, Schwertalter, Windzeit, Wolfzeit, ehe die Welt stürzt. . ".^® Mag Hammerstein auch die alten Zei ten idealisiert haben, mit dieser Voraus sicht eines kommenden Weltkrieges sollte er recht behalten. Ein weiteres kulturgeschichtliches An liegen ist dem Dichter die Darstellung ihm bekannter Landschaften, die noch nicht von der „modernen Zeit" erreicht wurden. Für ihn ist das Innviertel ein Landstrich, der noch am ehesten seinen Idealvorstel lungen entspricht.®^ An diesem Beispiel will er uns zeigen, wie Natur und Kultur harmonisch miteinander leben könnten. Hanunersteins Kulturbegriff Was Hammerstein unter Kultur ver steht, legt er in seinem Artikel „Was ist Kultur?"®® dar. Zunächst unterscheidet er zwischen Kultur und Zivilisation. Zivilisa tion wird von ihm als technische und mate rielle Vervollkommnung des Menschen verstanden, Kultur hingegen als Ausdruck der Seele. Kultur als intensive Erfahrung kann daher mit Zivilisation als extensiver Erfahrung und deren rascherem Entwick lungsverlauf niemals Schritt halten. Beide Gebiete sind s.E. jedoch sehr verschwim mend. Kultur verhält sich zur Zivilisation wie die Seele zum Leib des Menschen. Kultur ist jedem Einzelnen oft leichter zugänglich, als so manche Errungenschaft A.a.O. S. 25. A.a.O. S. 35. Vgl. dazu: Hans von Hammerstein: Das obere Innviertel. In: Oberösterreich. Linz 1925. S. 192 - 203. Hrsg. F. Berger. - Derselbe: Die Stadt Braunau und ihr Maler Hugo v. Preen. In: Jahr buch der Innviertler Künstlergilde. Braunau - Ried 1931. S. 9-18. Hans von Hammerstein: Was ist Kultur? In: Österreichische Rundschau. Wien. 3. Jg. 1936/ 37. S. 97-101.
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