OÖ. Heimatblätter 1985, 39. Jahrgang, Heft 4

über diese Epoche von einer „Fabriksgotik".^^ Im dauernden Wechsel, in den Aus einandersetzungen zwischen den Kunst richtungen erblickt er einen Kampf der Geister. Kunst im raschen Wechsel Bis zum 19. Jahrhundert seien es im merhin Jahrhunderte gewesen, die zu ei nem Wechsel der Kunstrichtungen geführt hätten. Die heutige Zeit aber, mit ihrem ra schen Wechsel, begnüge sich bereits mit Jahrzehnten. Die neuen Kunstrichtungen treten immer schneller auf und verschwin den ebenso rasch. Was Hans von Hammerstein fordert, ist eine Rückkehr zur eigenen Art, der Mut, heimatlich-österreichisch zu schaffen. Auf dem Weg dorthin ist für den Dichter die Gotik ein Vorbild, weil auch sie aus dem Innersten schuf, wogegen die Renais sance und der Barock der profanen Pracht und dem Wohlleben huldigten. Hammerstein geht auch der Frage nach, warum sich die katholische Kirche seit der Zeit des Barock keinem künstleri schen Stil mehr öffnete. Die Ursache sieht er darin, daß die Kulturwelt seither keine „lebendige Kunst" mehr geschaffen hat. Deshalb gibt es auch für ihn keinen großen Stil mehr. Der Kunst und Kultur ging eine einheitliche Weltanschauung verloren, da mit begann ein Suchen und Zweifeln. Für das 20. Jahrhundert findet Hammerstein jedoch die Forderung nach einer einheitli chen Kunstrichtung nicht relevant: Die Einheitlichkeit, einmal zertrüm mert, liegt nicht mehr in unserer Zeit und unserer Entwicklung. Unsere Entwicklung geht zu weiterer Vereinzelung, Individuali sierung, zum Persönlichen, und zwar um so intensiver, je mehr Sozialisierungsversuche gemacht werden und je mehr das Materielle das Wirtschaftliche vergemeinschaftet wird.^ Diese Emanzipation des Künstlers, die Befreiung aus Zwängen des Stiles und des Geschmackes wertet Hammerstein als po sitives Zeichen. Er fordert nur, daß sich echte und wahre Kunst entschieden auf die Seite des Positiven stellen sollte; es gelte, das Göttliche und Religiöse in seiner tief sten Innerlichkeit sehen zu wollen. Ein Vorbild sieht er in dem Tiroler Ar chitekten Clemens Holzmeister, der in Batschuns in Vorarlberg eine Kirche ge schaffen hatte. An diesem Bau sieht der Dichter das Streben nach eigenständiger, positiver Kunst verwirklicht. Er lehnt an der zeitgenössischen Kunst nur das Negative ab. Der Geist der Vernei nung, der aus diesen Werken spricht, kann seiner Meinung nach nicht von einem wah ren Künstler ausgehen. Hammersteins Stellung zur kulturgeschichtlichen Ent wicklung, die Österreich seit dem Ersten Weltkrieg genommen hat, findet in den Landschaftsdarstellungen über seine Wahlheimat Oberösterreich sichtbaren Ausdruck. Oberösterreich - wie es früher war In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg will der Dichter noch eine Harmonie im Zusammenleben der Menschen sehen, die er später nicht mehr zu finden glaubt. Von seiner Geisteshaltung zeugt auch die Schil derung „Sonntag in Oberösterreich".^ Hammerstein beschreibt in eindrucksvol len Stimmungsbildern, was sich gegenüber A.a.O. S. 2, Hans von Hammerstein: Wiedergeburt. In: Lin zer Volksblatt. Linz. Vom 21. 2. 1925. Nr. 42. S. 1. (Fortsetzung des Aufsatzes aus der vorherge henden Nummer.) Linzer Volksblatt. Linz. Vom 21. 2. 1925. S. 2. Hans von Hammerstein: Sonntag in Oberöster reich. In: Oberösterreich. Linz. 2. Jg. H. 1. 1935. S. 19-37.

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