liehen Leben einzuräumen. Das moderne Leben bestehe nur mehr aus Arbeit, mit der man möglichst viel Geld verdienen wol le, um die Freizeit damit angenehm zu ge stalten und geistlosen Vergnügungen nach zugehen. Heute, betont Hammerstein, müsse das hellenistische Ideal, wonach die mate rielle Schicht des Daseins ernst, die Kunst aber sinnig, unberührbar und ideal über dieser stehe, korrigiert werden.^'' Es gelte vielmehr, daß die Kunst ernst sein müsse, in einer Zeit, da die Stätten des kulturellen Lebens zunehmend veröden. Dem Künstler sollte dies zur Mahnung dienen, wieder Großes zu schaffen. Heute gelte es wieder, das Geistige im Menschen zu wecken. In der übertechnisierten Welt, in der der Einzelne sogar die Beziehung zu seiner Arbeit verloren habe, falle es vor al lem dem Kunstschaffenden zu, den Men schen wieder auf sein eigenstes Wesen, auf sich selbst zurückzuführen. So scheint Hammersteins Postulat aueh heute noch Gültigkeit zu haben: „Der Arbeiter jeder Art, der ein geistiges Prinzip der Natur anerkennt, erkennt auch die hö here Bestimmung seiner Tätigkeit."^® Doch auch dem Erzeugnis des Großbe triebes müßte dieser Geist nicht mangeln, wenn Arbeiter und Unternehmer ein höhe rer Geist, ein Geist der Verantwortlichkeit für einander und vor der Menschheit, ein Geist der Pflicht, ein schöpferischer Geist überhaupt beseelt, der freilich nur einer stofflichen Weltanschauung nicht entsprin gen kannf^ Wenn man künstlerischen Äußerun gen mehr Platz im öffentlichen Leben ein räumte, so könnte sich auch wieder das na türliche Empfinden des Menschen durch setzen. Das schöpferische Leben, die Seele der Natur und was von ihr abgeleitet wird, ist Gott. Im Materialismus herrsche jedoch der entgegengesetzte Geist; ein Gegen gott.Und weiter führt Hammerstein aus: Und alle, die hier kämpfen und mit kämpfen wollen, mögen sich über eines klar werden: daß jener ungeheure Fehler, den der Materialismus in seiner offiziellen An schauung der Natur zu begehen scheint, kein Irrtum der Wissenden sein kann, nein, daß er nichts weiter ist, als ein ungeheurer Bluff, der den wissenden Führern helfen soll, einer in die Irre geführten Masse ihre unbedingte Herrschaft aufzuknechten.^ Künstler als Menschenführer Der Künstler ist daher für Hammer stein zum Vertreter der Menschlichkeit aufgerufen. Er soll der Technik und der da mit verbundenen menschlichen Verfla chung durch ein neues Kunstbewußtsein neue Werte vermitteln. Immer wieder fordert er eine naturhaf te Kunst. In der Natur kommt der Einzelne wieder zu sich selbst, findet er in ihren mannigfaltigen Erscheinungsformen sein eigenes Wesen begründet. Auch alle litera rischen Werke Hammersteins vertreten diese Ansicht. Das Weltbild, wie es sich in seinen kul turpolitischen Reden äußert, ist demnach identisch mit dem, das er in seinem dichte rischen Werk vertritt. Auch die Gewißheit, „Übriggebliebener" einer verflossenen Epoche zu sein, beeinflußt seine Schau. Aus alter Familie stammend, fühlt er es als seine Pflicht, alte Werte dem heutigen Menschen zu vermitteln und wieder nahe zubringen, die einst richtungsweisend für mensehliches Zusammenleben waren: Ritterliehkeit, Hilfsbereitschaft gegenüber Schwachen und Bedürftigen und schließ lich der christliche Glaube, der ebenso wie Ebenda. S. 1-2. Ebenda, S. 2. Wie Anm. 25. ^ Ebenda. S. 3. A.a.O. S. 3.
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