OÖ. Heimatblätter 1985, 39. Jahrgang, Heft 4

Kultur- und Denkmalschutz Die Technik ist im Kampf mit der Na tur Siegerin geblieben. Mit dem Rückzug der Natur ist aber auch für Hans von Ham merstein jene Kunst im Rückzug, die ur sprünglich doch in der Natur begründet war, die all jene Erscheinungen geschaffen hat, die Kultur genannt werden. In der heutigen Zeit, so folgert er, ist die Kunst deshalb im Rückzug. Zwei Er scheinungen bezeugen dieses Phänomen. Zum einen tritt besonders in den ehemali gen alten Kulturländern Europas plötzlich der Gedanke des Natur- und Denkmal schutzes zutage. Diese beiden Begriffe be deuten doch eigentlich, daß etwas ge schützt werden muß, das gefährdet ist. Für ihn ist dies ein deutliches Zeichen dafür, daß die Kultur und mit ihr die Landschaft vor der alles überrollenden Technik behü tet werden muß.^® Die zweite Erscheinung, die dem Dich ter symptomatisch für die heutige Zeit er scheint, ist die Stilverwirrung, die in zahl reichen Bauten ihren Ausdruck findet. Be sonders in der zweiten Hälfte des 19. Jahr hunderts versuchte man, die neuen Zweck bauten mit den Masken alter Stile zu über decken. Mit Hilfe einer nachgeahmten Kunstrichtung sollte die eigene Kulturlosigkeit verborgen werden. Die moderne Zeit hat für Hans von Hammerstein zwei Lebenshaltungen ge schaffen, die den gesamten Erdkreis ge prägt haben: den Materialismus und den Idealismus. Der Materialismus scheint sich selbst in zwei polaren Bewegungen zu bekämpfen: im Kapitalismus und im Bolsche wismus.^® Beide sind völlig auf die Fragen des wirtschaftlichen und materiellen Wohl ergehens der Menschheit ausgerichtet. Doch was ist mit der Kunst in diesem Kampf der rein wirtschaftlichen Lebens und Weltgestaltung? Für Hammerstein scheint kein Platz mehr für künstlerische Äußerungen auf dieser Welt: Das Interesse an den höheren, geistigen Gebieten des Lebens scheint allgemein ab zusterben, denn eine Menschheit, die vor al lem um das tägliche Brot ringt, hat, so sagt man, weder Zeit noch Mittel, an den Er werb von Kulturgütern zu denken.^° Dennoch ist es eine seltsame Erschei nung, daß der Materialismus die Kunst nicht entbehren will. Der Kapitalismus der westlichen Welt versucht, nach der Devise, daß Geld Macht ist, den verarmten Kultur nationen Europas alte Kunst- und Kultur schätze abzukaufen. Nach dieser Geistes haltung ist es leichter, Kunst zu erwerben, als sie zu schaffen. Der kommunistische Osten wiederum bedient sich der Kunst als Mittel wirksamer Propaganda. Hier will man also „Entgeistigung" erreichen, um ei ner „Verstofflichung" des Lebens den Weg zu bahnen. Emst ist die Kunst Hans von Hammerstein hält scharfe Abrechnung mit seiner Zeit, indem er den materialistischen Systemen vorwirft, die menschliche Natur zu verleugnen. Die Überzeugung, daß in der Natur ein Geisti ges schaffend waltet verpflichtet ihn, sich als Künstler gegen materialistischen Zeit geist zu setzen. In seiner Rede zur Eröffnung der sech sten Ausstellung der Innviertier Künstler gilde (am 18. Juli 1925) in Bad Ischl,®® for dert Hammerstein alle Künstler und Kunstinteressierten auf, der Kultur wieder den ihr gebührenden Stellenwert im öffentEbenda. S. 1. Hans von Hammerstein: Emst ist die Kunst.In: Linzer Volksblatt. Linz. Vom 21. 7. 1925. Nr. 164. S. 1. Ebenda. Ebenda. Ebenda. S. 2. Ebenda. S. 1-3.

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