OÖ. Heimatblätter 1985, 39. Jahrgang, Heft 4

Neben der Forderung nach Gleichbe rechtigung der Nationen, postuliert Ham merstein in einer Zeit des extremen Natio nalismus auch ein Grund- und Menschen recht, das Recht jedes Einzelnen auf Aus bildung und geistiges Leben in der eigenen Muttersprache. Nichts lag ihm mehr am Herzen, als vor einem weiteren Krieg in Europa zu war nen. In der Achtung jeder Nation und der Toleranz gegenüber jedem Individuum, sah er Voraussetzungen für einen Völker frieden. Sein Weltbild war von den Ideen eines christlichen Humanismus geprägt. Christlich-humanistische Ideale bestimm ten auch sein Heimatbewußtsein und damit auch seine politische Gesinnung. Zu seiner Einschätzung der damals in Europa herr schenden Krisen und Spannungen, ahnte er bereits die großen Gefahren, die den po litischen Horizont Europas verdüsterten. Katholizismus und Humanismus Auf das Weltbild Hans von Hammer steins haben der deutsche Humanismus und der Katholizismus entscheidenden Einfluß genommen. Beide waren bereits in seinem Elternhaus und auch in seiner Er ziehung vorherrschend. Parallel dazu ist bei Hammerstein aber ein noch stark in der Romantik verhaftetes Denken wirksam. So mißt er der Natur und allen unbeseelten Dingen große Bedeu tung bei. In seinen Werken waltet daher manchmal eine düstere, ja beinahe über sinnliche Atmosphäre, der der Mensch ausgeliefert ist und die ihn leitet. Damit steht er in starkem Gegensatz zum Rationalismus, den er auch wiederholt und vehement angreift. Nach ihm schuf der Rationalismus das System des Kapitalis mus, der durch unmenschliche Arbeitsbe dingungen das Individuum unterjocht und den Einzelnen zu einem Massenmenschen werden läßt. So wird der Mensch von der Arbeit immer mehr versklavt: Industrie und Technik hat eine neue Welt geschaffen. Aber auf eine Kleinigkeit haben sie dabei vergessen: auf den Men schen. Sie haben endlich ihrer selbst, der In dustrie und derTechnik willen und nicht mehr des Menschen halber gebaut und ge wirkt. Eine furchtbare Welt der Sachlichkeit ist entstanden, die den Menschen aussaugt und wehrlos macht. Diese Zustände sind sicherlich mit ein Grund seiner Sehnsucht nach vergangenen Zeiten, als der Mensch noch im Einklang mit der Natur lebte, sich von ihr zwar er nährte, sie aber nicht ausbeutete und so das Angesicht ganzer Landstriche veränderte. In erstaunlicher Voraussicht beurteilt er die Gefahren der Zivilisation und eines unbegrenzten Wirtschaftswachstums, der zu einem immer größeren Raubbau an der Natur führt. Die Veränderungen in den letzten hun dert Jahren sind größer, als die der letzten tausend Jahre. Er bezeichnet diese Ent wicklung als den Kampf zwischen der Na tur und der Technik.^® Anläßlich der Eröffnung der achten Ausstellung der Innviertier Künstlergilde (am 31. Juli 1926), setzte sich Hans von Hammerstein mit dieser Problematik aus einander.^^ Während für die Menschen des Altertums und des Mittelalters bebaute Flächen schön erschienen, unbebaute aber als wild und schrecklich, so kehrte die Na turschwärmerei des 18. und 19. Jahrhun derts diese Ansicht um: Für uns wird heute die unberührte Natur zum Erlebnis . . . Hans von Hammerstein: Kunst und Technik. In: Linzer Volksblatt. Linz. Vom 3.8.1926. Nr. 176. S. 2. Ebenda. S. 1. " A.a.O. S. 1-3.

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