In diesem Zusammenhang sei auch noch darauf verwiesen, daß Bischof Dr. Jo hannes Maria Gföilner (1915 - 1941) der liturgischen Bewegung eher vorsichtig ge genüberstand. Dies änderte sich durch sei nen Nachfolger Bischof Dr. Josef Cal. Flie ßer (1946 — 1955) und erst recht durch Bi schof Dr. Franziskus Sal. Zauner (1956 — 1982), der durch den berühmten „Klosterneuburger Streit" 1954 weltweit bekannt wurde und als Mitglied der „Liturgiekom mission" des II. Vatikanums in die Ge schichte dieses Konzils einging.®^ Was die gegenwärtige Situation der Kirchenmusik betrifft, so scheint es, daß der qualitative und quantitative Rückgang unserer Kirchenchöre wie auch die zuneh mende Passivität des Volksgesangs vor al lem ein soziologisches, gesellschaftspoliti sches und religiöses Problem darstellt. Einige Erscheinungen seien kurz skizziert: die Wandlung zur modernen Industriege sellschaft mit dem Fetisch Auto und Fern sehapparat, die dem Materialismus verfal len sich selbst entidealisiert hat; die zu we nig fundierte musikalische Ausbildung des Klerus und im besonderen der Pflichtschul lehrer als der stets tragenden Säulen der Kirchenmusik; der allgemeine Verlust an religiöser Substanz und damit das Versie gen des Quells, aus dem allein religiöse Musik entspringen kann. Diese Reihe ließe sich noch fortsetzen und entsprechend dif ferenzieren, was aber den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Es ist klar, daß diese Skizzierung der gegenwärtigen kirchenmusikalischen Si tuation manchem als überspitzt formuliert erscheint. Es hieße aber den Kopf in den Sand stecken, wollte man an den Realitä ten, mögen sie noch so traurig stimmen, vorbeigehen. Eines kann mit Sicherheit gesagt wer den: die Cäcilianer aller Richtungen haben ihren Kampf gekämpft, sie haben das Kriegsbeil begraben und gemeinsam ein Programm erstellt, das allen, die guten Willens sind, den Raum gibt, in dem sich die Kirchenmusik frei entfalten kann. Der Mensch muß nun diesen Raum erfüllen, muß zurückfinden zur religiös-naiven Gläubigkeit®^ eines Anton Bruckner, an dem auch die differenzierten Strömungen seiner Zeit vorübergeglitten sind, und nur dann werden wir einer neuen Ära der Musica Sacra entgegengehen. Die äußeren Voraussetzungen für ei nen inneren Wandel wurden nach verschie denen Mißverständnissen durch authenti sche Interpretationen des 11. Vatikani schen Konzils (1962 — 1965) — die Musica Sacra betreffend - geschaffen. Die folgen den Worte erhalten gegenwartsbezogen ih re Berechtigung bei einer weithin einseitig verbreiteten Auffassung über die Liturgie: „Die Musica sacra eröffnet uns sonst ver schlossene Türen; sie ermöglicht uns den tieferen Einstieg in die Welt des Myste riums und läßt uns die Glaubenswahrhei ten erleben, viel stärker und intensiver, als selbst der gläubige Verstand es kann."®® Zuletzt sei Johannes Overath zitiert, der die Hochamtsform als Gegenpol zu ei nem zu sehr subjektiven, rationalen und pädagogischen Überangebot an Worten in der Liturgie sieht und mit Bischof Georg Moser fragen will: Ist die Liturgie noch „der Ereignisort einer Gottbegegnung mit allen Dimensionen menschlichen Seins, et wa auch dem Gemüthaften?"®^ Hermann Kronsteiner. a.a.O. S. 183. Diese stellt sich nicht antithetisch dem Versuch der Gestaltung eines neuen Brucknerbildes „zwi schen Wagnis und Sicherheit" entgegen .denn re ligiös-naive Gläubigkeit ist primär Risiko, das schließlich in die absolute Geborgenheit des Cre do und Non confundar mündet. Vgl.: Anton Bruckner zwischen Wagnis und Si cherheit. Broschüre zur Ausstellung im Rahmen des Internationalen Brucknerfestes Linz 1977. Leo Scheff'ezyk: Inhalt und Anspruch des Kult mysteriums. In: Symposionsbericht Confitemini Domino. Hrsg. von J. Overath. Rom 1977. ^ Johannes Overath: Das Konzil. In: Singende Kir che. XXV/2. 1977/78. S. .34.
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