OÖ. Heimatblätter 1985, 39. Jahrgang, Heft 1

sehen Moments. Es war — wenn ich mich so ausdrücken darf — leichte Sache, liturgisch zu komponieren. Man braucht nur den Text vollständig zu komponieren . . . und dar über nüchterne, ja seichte und kunstlose Musik zu schreiben. Wie aber steht es nun um die Maxime in F. X. Müllers Messenwerk? Je mehr er sich in das Messeschaffen Anton Bruckners versenkt und sich an diesem orientiert, de sto mehr distanziert er sich — vorerst unbe wußt im Schöpferischen — von der Dogmatik der „alten" Cäcilianischen Richtung und findet seinen eigenen Weg. Bei der 1911 komponierten Augustinusmesse hatte er nun den von Bruckner vorgezeigten Weg der Orchestermesse beschritten, ist aber noch zu sehr im Banne cäcilianischer Ressentiments verfangen, so daß er Angst vor seinem eigenen Mut bekommt, wie sich in seinen „Bekenntnissen meiner armen Seele geschrieben" unschwer beweisen läßt; Ich muß von diesem Standpunkt auch meine Augustinusmesse verurteilen und führe sie gar nicht gerne auf. Allerdings ging ich bei der Abfassung derselben von dem Gedanken aus, einen neuen Weg zu finden. Doch ich muß mit allem Grund befürchten, daß es nicht der richtige ist. Er führt nicht unfehlbar zum Tabernakel und zum Her zen Gottes. War es dieser Zwiespalt zwischen dem Priester und Komponisten F.X. Müller, der 25 Jahre verstreichen lassen mußte, bis er sich an eine weitere Meßschöpfung her anwagte? Aus jenen ersten Tagen der Beschäfti gung mit der Komposition der Augustinus messe stammt auch eine Rezension,'*® die einen eher konservativen Standpunkt in Fragen des Cäcilianismus einnimmt: Die Idee, der Kernpunkt des Cäcilianis mus ist gut und die Bewegung selbst von kul tureller Bedeutung. Denn, wie uns Wagner endgültig den Klauen des miLsikalischen „Italianismus" entrissen hat in der profanen Musik, so Witt und der Cäcilienverein in der kirchlichen Musik. Das Epigonentum hat den Klassizismus ebenso diskreditiert wie den Cäcilianismus. Es berührt mehr als selt sam, wenn sich Waldeck in einem Brief äu ßert: „Wenn alle Cäcilianer ihr Hirn zusam mengeben, so langt es nicht für acht Takte Musik, welche an Mozart, Haydn und Che rubini heranreichen." Das ist SchnerichStandpunkt, der ausschließliche KlassikerStandpunkt . . . Welch eine Gemütsöde und musikalische Dürre schleicht durch die Werke von Bühler, Donat Müller und dem berüchtigten Diabelli. . . Dies stellt doch einen Rückschritt ge genüber der schon in Graz vor elf Jahren bezogenen Position dar! c) Karl Waldeck (1841 - 1905) Karl Waldeck (geb. 21.9. 1841, gest. 25.3. 1905) hat keine Messe geschrieben und sich nur in kleineren Kompositionen versucht. Er war, von Anton Bruckner empfohlen, Domorganist in Linz. 1890 trat er die Nachfolge Zappes als Dom- und Stadtpfarrkapellmeister an (auch Flabert hatte sich Hoffnungen auf die Erlangung dieser Stelle gemacht). War Waldeck an fangs ein heftiger wie auch grundsätzlicher Gegner der Bestrebungen des o.ö. Cäcilia nismus, hatte er seine diesbezüglichen An sichten einige Jahre vor seinem Tode grundlegend revidiert.*® Josef Mavr-Kern: Franz Xaver Müller. Ein oberösterreichischer Komponist zwischen Anton Bruckner und Johann Nepomuk David. Linz 1970. S..t5. Josef Mayr-Kern. a.a.O. S..J4. Franz Xaver Müller. In: Steyrer Zeitung. 12.3. 1911. Vgl. Anm. 44.

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