Bekannt ist ferner, daß, wenn gewisse deutsche Cäcilianer nach Oesterreich kom men, sie nicht versäumen, sich aufs hohe Roß zu setzen und so recht von oben herab über Oesterreich abzuurtheilen. Man lese folgende, für den älteren Clerus so liebens würdige Zeilen in einem Reiseberichte Haberl's: „Daß ein großer Theil des jüngeren Clerus in Wien die unglaublichen Vor kommnisse und blasphemischen Musikproductionen in den Kirchen aufs Tiefste be dauert, aber einstweilen mit gebundenen Händen und versiegelten Lippen den Greu eln zusehen und zuhören muß, ist als Licht strahl in der Finsternis, vielleicht als Mor gengrauenfreudig zu begrüßen." Angesichts dieser fortwährenden An griffe dürfte es doch endlich an der Zeit sein, das Verhältnis des deutschen Cäcilien-Vereines zu Oesterreich etwas näher zu be leuchten, um zu sehen: /. ob man in Deutschland das Recht hat, so wegwerfend über Oesterreich abzuurtheilen, und 2. ob der deutsche Cäcilien-Verein Oesterreich helfen kann. Ich beantworte zuerst die zweite Frage. Als man daran ging, den deutschen Cä cilien-Verein zu gründen, wurde beschlos sen, für die Imtrumentalmusik nichts zu thun, weil sie in Süddeutschland ohnehin übermäßig stark vertreten ist. Von diesem Beschlüsse ging man später ab, weil man sah, daß ich in meiner Zeitschrift 1868 eine Instrumentalmesse brachte und dann 1870 einen österreichischen Cäcilien-Verein an regte, der auch die Instrumentalmusik auf sein Programm setzte. In Folge dessen än derte man die Statuten und nahm auch die Instrumentalmusik auf. Sie blieb aber so ziemlich auf dem Papier stehen. Das „Regolamento" der hl.RitterCongregation(!) (sollte heißen: RitenCongregation) fiel daher wie ein Blitz aus heiterem Himmel in den Verein, weil es ei ne ausgedehntere Zulassung von Instru menten in der Kirche erlaubte . . . Die angeführten Thatsachen beweisen, daß es im deutschen Cäcilien-Vereine an Willen fehlt, für die kirchliche Instrumental musik etwas zu thun. Da nun aber wir Chorregenten in Oesterreich Instrumental musik machen müssen, so erkennen wir daraus, daß uns der deutsche Cäcilien-Ver ein nichts nützt. Neben dem Willen fehlt es aber auch am Können. Witt hat bei einer Messe das Instrumentiren versucht; der Ver such fiel aber so erbärmlich aus, daß er von weiteren Versuchen abstand, Greith hat In strumentalwerke geschrieben, die aber, selbst wenn sie allgemeine Anerkennung ge funden hätten, für den Bedarf nicht ausrei chen . . . Da das Wollen und Können gründlich fehlt, so sind wir natürlich auf uns selbst an gewiesen . . . Im deutschen Cäcilien-Vereine sieht man es selbst ein, daß man uns nicht helfen kann, daher stellte Ahle in Bamberg den verzweifiungsvollen Antrag, der Verein sol le dahin wirken, daß die Instrumentalmusik ganz abgeschafft wird und daß die Instru mente, welche Eigenthum der Kirchen sind, verkauft werden, damit Niemand mehr zu denselben greifen könne . . . Mit der einfachen Beseitigung der In strumentalmusik kann aber unmöglich et was erreicht werden, weil man die Stelle der selben etwas Anderes setzen muß. Das An dere kann nur der Choral oder derfigurirte Gesang sein. Als der deutsche Cäcilien-Ver ein ins Leben trat, wurden die , Alten", das ist die alte classische Vocalmusik Palestrina's und seiner Zeitgenossen, auf den Schild erhoben. Der sei. Musikhistoriker Ambros sagte irgendwo, Palestrina hat seine Messen nicht für die Landkirchen geschrieben. Das ist auch richtig; die Alten haben für Hofca pellen, für Domkirchen etc., an welchen ge bildete Sänger angestellt waren, ihre Werke geschrieben, Witt hatte auch nicht im Sinne, für die Alten zu wirken. Nach dem eigenen Geständnisse in seinen Blättern gebrauchte
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