nachgeholt. Dieses Dokument gelangte außerdem nie nach Linz, sondern wird bis heute in Wien verwahrt. Herberstein, der schon 1767 die Bischofsweihe als Freisinger Weihbischof erhal ten hatte, stand nun vor einer schwierigen Situation. Er wollte loyal gegen Rom sein, hat te aber anderseits den kaiserlichen Auftrag, sofort sein neues Amt anzutreten. Tatsäch lich zögerte er mit der Übersiedlung nach Linz, offenbar um das Einlangen der päpstli chen Bullen abzuwarten. Dadurch zog er sich aber in manchen „aufgeklärten" Kreisen herben Tadel zu. Man bezichtigte ihn der Illoyalität gegenüber dem Kaiser. Am 4. Juli 1784, also Fünfvierteljahre nachdem Fassau vom Kaiser alle Jurisdiktionsakte über das oberösterreichische Territorium untersagt worden waren, kam endlich ein Vertrag zwi schen Joseph II. und dem neuen Passauer Fürstbischof Joseph Anton von Auersperg (1783 — 1795) zustande, wodurch dieser auf die Ausübung von Diözesanrechten in Öster reich ob und unter der Enns Verzicht leistete. Das war aber nicht das gleiche wie die Ge bietsabtretung („Zessation"), die noch lange auf sich warten lassen sollte und erst nach mehrmaligen konfliktgeladenen Interventionen Herbersteins am 20. April 1785 erfolgte. So lange aber hatte Herberstein schon mit Rücksicht auf die Oberösterreicher nicht mit der Übersiedlung nach Linz warten können. Er nahm diese im Oktober 1784 vor. Am 28. Jänner 1785 wurde im „Nachziehverfahren" endlich auch die päpstliche Errichtungsurkunde („Romanus Pontifex") für das neue Bistum ausgestellt. Die römi sche Bestätigung Herbersteins zum Diözesanbischof trägt sogar erst das Datum vom 14. Februar 1785. Wie schon gesagt wurde, hatte damals aber Passau immer noch die Ge bietsabtretung nicht vollzogen. Das führte zu einer Auseinandersetzung in der Karwoche 1785. Da sich Herberstein bereits für den rechtmäßigen Bischof hielt, wollte er die Weihe der Heiligen Öle „in eigener Vollmacht" (potestate propria) durchführen und kündigte das den Dechanten seiner Diözese auch an. Dagegen erinnerte der Passauer Fürstbischof Auersperg mit Schreiben vom 23. März - dem Vortag (!) der Ölweihe - Herberstein daran, daß er hierzu „nicht die mindeste Befugniß" habe. Herberstein führte die Ölweihe trotzdem durch und bestand die Kraftprobe mit seinem Passauer Kollegen. Am 20. April unterzeichnete Auersperg endlich die Zessationsurkunde. Der längst fälligen Inthronisation Herbersteins stand nun nichts mehr im Wege. Nach der Mit te März erteilten kaiserlichen Genehmigung des vorgesehenen Zeremoniells wurde die Regelung der Einzelheiten dem Einvernehmen zwischen dem obderennsischen Regie rungspräsidenten und dem Bischof überlassen. Die feierliche Inthronisation war für Sonntag, 1. Mai 1785, angesetzt. Am Tag zuvor, um 10 ühr, fanden sich Regierungsrat Eybel sowie der Bürgermeister von Linz in der Domkirche ein, um eine letzte Inspektion vorzunehmen, ob man den staatlichen Vorschriften auch wirklich entsprochen habe. Auch das ist typisch für die Zeit des Josephinismus. Mit der offiziellen Amtsübernahme waren keineswegs alle offenen Fragen ge klärt. Selbst das Diözesangebiet stand nicht zweifelsfrei fest. Nach dem Willen des Kai sers sollte die neue Diözese genau mit dem Land ob der Enns übereinstimmen. Bei Durchführung dieses Projektes ging man jedoch erschreckend leichtfertig vor. Aus Pas sau wurde ein „Elenchus" über das abzutretende Gebiet angefordert. Das dort am 26. Oktober 1784 unterfertigte Dokument war aber nur ein Auszug aus den alten Bistumsma trikeln und erfaßte daher das sogenannte „Offizialat ob der Enns", das aber auch noch die ehemals passauischen Pfarren Aussee und Straßwalchen, vor allem aber die zahlreichen zum Dekanat Enns gehörenden Pfarrorte in Niederösterreich (Mostviertel) betraf, üm-
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