OÖ. Heimatblätter 1985, 39. Jahrgang, Heft 1

einzelnen von der Forschung erst teilweise ausgewertet wurden.^ Diese starke Tendenz zur literarischen „Untermauerung" der aktuellen Kunstübung, die an sich für das 19. Jahrhundert in seiner Gänze kennzeichnend ist, markiert jedoch im Fall der Kirchen kunst deren besonderes Nahverhältnis zu Fragen der Liturgik und Moraltheologie, damit zu außerkünstlerischen Faktoren. Der Versuch der Kirche, unmittelbar und mit großer Intensität auf das künstlerische Geschehen im Sakralbereich einzuwirken, der zu einem beachtlichen Teil über das Medium der Christlichen Kunstblätter erfolgte, hat zwar einer seits einen Großteil der Rezeptionsschwierigkeiten dieses Kunstzweiges verursacht (der bis heute vielerorts nachschwingt), gewährleistet andererseits jedoch eine vergleichswei se präzise Einsicht in die Zielvorstellungen, von denen die Entstehung dieser Kunstwerke getragen wurden. Der Anspruch, mit dem der Klerus an die von ihm propagierte historistische Sa kralkunst herantritt, ist ein schlechthin universaler; „Es ist nach den Ereignissen der letz ten Jahre keine Anmaßung, wenn wir sagen, die Wiederbelebung echter Kunst geht glei chen Schritt mit dem Wiederbeleben katholischer Gesinnung."" Die hochgestimmte Er wartungshaltung der Frühzeit bis in die Siebzigerjahre ist von dem Glauben bestimmt, die gesamte Kunst und mit ihr die „Kultur", deren prekäres Stadium tiefen moralischen und künstlerischen Verfalles von Seiten der Kirche einstimmig diagnostiziert wurde, auf ihre alte Höhe zurückzuführen. Zu diesem Zweck mußte jedoch alles außerhalb des kirchli chen Vorstellungshorizontes Liegende nach Möglichkeit eliminiert werden, da dieses eben jenen Verfall zu bewirken schien. Durch den Rückgriff auf das Mittelalter als einer ganz im christlichen (genauer: katholischen) Denken sich erschöpfenden und final auf dieses ausgerichteten Zeit, kam man naturgemäß zu einer Ablehnung von „Heidentum", d. h. der Antike, sowie der neuzeitlichen und zeitgenössischen Kunst, die nicht selten mit dem Prädikat „französisch" versehen wurde, was im Leser folgende Assoziationen her vorrufen sollte: „Ihre (d. i.: der französischen Kunst) Form ist weichlich und leichtfertig, der Ausdruck süßlich und abgeschmackt, sentimental und die niederen Sinne anre gend."® Der hier durchscheinende Nationalismus, der vor allem in der Frühzeit in den Ar beiten Florian Wimmers eine unabdingbare Konstante der Betrachtung darstellt,® kann sich in der Zeit des 1. Weltkrieges dureh die äußeren Umstände bedingt zu Ausfällen ag gressiv-polemischer Natur steigern. Ein Aufsatz Heinrich v. Wörndles mit dem Titel „Krieg und Kunst" propagiert in beklemmend einseitiger und vereinfachender Anschau ungsweise das Zusammenwirken der „Kunstgattungen" „Heldenkunst", „Heimatkunst" und „Gotteskunst" unter dem selbstverständlichen Primat der letzteren zur Befreiung des Deutschtums von der „Pariser Dirne".^ Das Geschichtsbild, das durch die Idealisierung des Mittelalters beschworen wurde, sah denn auch den Verfall der antiken Kunst als Notwendigkeit an: „Die antike Kunst mußte mit dem antiken Geist der Heiden verfallen; die christliche Kunst kam mit dem Christenthum, freilich erst dann zur Blüthe, als das Christentum mit seinem Geiste alle ® A. Smitmam: Die christliche Malerei im Ausgang des 19. Jahrhunderts — Theorie und Kritik. (= Kölner Forschungen zu Kunst und Altertum. Band 2). St. Augustin 1980. S.269ff. "* Christliche Kunstblätter (in der Folge zit.: ChrKbll) 3 (1862). S.2. 5 ChrKbll. 28 (1887). S.l. ® F. Wimmer: Die Bestimmung und der Nutzen der heiligen Bilder. In: Katholische Blätter. Nr. 100 vom 13.12. 1851. S. 188. ^ ChrKbll. 57 (1916). S. 68 - 70.

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