OÖ. Heimatblätter 1985, 39. Jahrgang, Heft 1

Die Christlichen Kunstblätter als Organ für die kirchliche Kunsttheorie des 19. Jahrhunderts in Oherösterreich Von Bernhard Prokisch Neben den anderen Aufgabenbereichen, wie der Erforschung der historischen Sakralkunst, der Berichterstattung über aktuelle Kirchenkunst sowie Fragen der Denk malpflege und der Liturgie, zählten die Christlichen Kunstblätter bereits seit ihrer Grün dung im Jahr 1860 die Diskussion über Grundlagen christlicher Kunst zu ihren vomehmlichen Aufgaben. Mit wechselnder Intensität stellten daher die Kunstblätter ein publizisti sches Forum dar, auf dem die Entwicklung der Sakralkunst des 19. Jahrhunderts mitver folgt und — meist aus dem Blickwinkel der Gegebenheiten in der Diözese — kommentiert werden konnte. Es liegt nahe, daß die Summe der kunsttheoretischen Äußerungen zum kirchlichen Flistorismus eine ganz wesentliche Quelle für das Verständnis dieses — ohne hin meist mißverstandenen - Kunstzweiges darstellt und einen der Ausgangspunkte sei ner Erforschung bildet.^ Die kirchliche Kunst des Historismus setzt sich in Oberösterreich in den späten Fünfziger]ahren des 19. Jahrhunderts mit ziemlicher Schnelligkeit gegen die latenten Tendenzen klassizistischer Kunstübung sowie gegen eine weitaus tiefer als diese, vor al lem im ländlichen Bereieh, verwurzelte nachbarocke Tradition durch. Die neue Kunst muß auch in Österreich in noch stärkerem Ausmaß, als dies bisher festgestellt worden ist, als Erneuerungsbewegung verstanden werden, deren Ziel es war, die „verfallene" Kunst der Vergangenheit wieder einer neuen „Kunstblüthe" zuzuführen. Diese Bewegung, die vom neuen Bischof Rudigier wohl ohne Zweifel unterstützt wurde, wenn auch dafür kon krete Belege weitgehend fehlen, wurde ausschließlich von Mitgliedern des Klerus getra gen, die — keineswegs einschlägig ausgebildet — wohl meist aus persönlichem Interesse zur Beschäftigung mit Kunst gelangt waren und sich nun als Vorkämpfer einer neuen Kunstepoche verstanden. Die Erscheinung der Christlichen Kunstblätter als Sprachrohr dieser Bestrebungen, die ihrerseits nur ein Teil der sich ab 1848 intensiv entfaltenden ka tholischen Publikationstätigkeit waren,^ steht im deutschen Sprachraum keineswegs allei ne, die gesamte Kirchenkunstbewegung wurde von einer förmlichen Flut von einschlägi gen Publikationsorganen katholischer wie protestantischer Observanz begleitet, die im ' Der Verfasser hat versucht, die kirchliche Kunsttheorie des Historismus im Bereich der Diözese Linz im Rahmen seiner Dissertation (Studien zur kirchlichen Kunst Oberösterreichs im D.Jahrhundert. Phil. Diss. Wien 1984. 3 Bde.) zu behandeln; vgl. auch die dort angeführte Literatur zu diesem Thema. ^ Die kontinuierliche Emanzipation von den Katholischen Blättern, als deren Beilage sie zuerst erschie nen, kann dafür als Indiz gewertet werden.

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