Sie tat fast alle Arbeit auf den Feldern, in der Scheu ne und im Stall und führte den Flaushalt mit zehn Kindern. Eine gewaltige Leistung, die man sich vor Augen halten soll, wollte es einem beikommen, von der „versklavten" Frau und Bäuerin heute zu spre chen. Früh schon versuchte der umschlägige Mann, die schlechte Lage des Bauernstandes zu bessern. Er predigte nicht Aufruhr und Widerstand; sondern das sich vertrauensvolle Einfügen in die nicht allen verstündlichen Maßnahmen der Ffcrrschaft. Die Bauern hatten in jener Zeit einen groffcn Freund und Flelfer, den Erzherzog Johann, der nicht nur ein Bewahrer von Volks- und Brauchtum war, son dern auch ein Neuerer, der sich redlich mühte, auf allen Gebieten Abhilfe und Besserung zu bringen. So führte er als notwendiges Nahrungs- und Futter mittel die Kartoffel ein. Die von ihm ausgesetzte Prämie von .SO fl. für den Bauern, der die Kartoffel großflächig anbaute, erhielt Paul Adler und machte so mit dem mächtigen Herrn Bekanntschaft, der ihn schätzte und verstand. Adler hatte selbst schon im mer Versuche unternommen, den Ertrag der Felder durch Düngung oder durch Vermehrung oder Ver minderung des Saatgutes zu steigern. Er stellte sei nen Hof allen Neuerungen des Erzherzogs zur Ver fügung und versuchte auch seine Nachbarn für die neuen Ideen zu gewinnen. So wurde er auch bald Obmann der Landwirtschaftsgesellschaft. Mühselig war die Verbesserung der Rinderrasse, die Ände rung der Fruchtfolge auf den Feldern, die Verede lung des Obstbaues und die sachgerechte Pflege der Bienen u.a. mehr, was der Erzherzog vorhatte durchzuführen. Adler ging den anderen mit gutem Beispiel voraus, stellte Versuche an, beobachtete und schrieb alles fein säuberlich auf und berichtete. Sogar eine Fußreise nach Kärntcn unternahm er, um zu sehen, wie anderswo die Wirtschaft be trieben wird und wie die neuen Maschinen funktio nieren. Erzherzog Johann hielt viel von diesem auf geschlossenen Bauern, der verläßlich und verstän dig war. Aus vorhandenen Fragmenten ist das Übergabeinventar abgedruckt, sodaß man weiß, was alles in einem mittleren Bauernhof um 18(X) vorhanden war. Auch eine Buchführung über Ein nahmen und Ausgaben ist enthalten, die zeigt, wie bescheiden die Haushaltung geführt wurde. Man kann aus diesem Buch soviel Interessantes erfahren und es ist so ansprechend geschrieben, daß man es besonders allen jenen empfehlen kann, die sich mit dem Leben ihrer Vorfahren, mit der Geschichte des Landes, seinen sozialen und wirtschaftlichen Fort schritten und der Entwicklung des Bauernstandes befassen. Katharina Doblcr Roman Sandgruber; Die Anfänge der Konsumge sellschaft. Konsumgüterverbrauch, Lebensstan dard und Alltagskultur in Österreich im 18. und 19. Jahrhundert. (= Sozial- und wirtschaftshistorische Studien. Bd. 15). Wien: Verlag für Geschichte und Politik 1982. 468 Seiten. S 486.-. Die Habilitationsschrift des Autors beschäftigt sich mit einem nicht nur sehr interessanten, sondern auch sehr wichtigen Kapitel der „Geschichte der Alltagskultur", auf die zwar im Rahmen der Kulturund der Wirtschaftsgeschichte und vor allem auch der Volkskunde im Detail auch schon bisher einge gangen wurde, allerdings nicht mit dieser speziellen Ausrichtung. Im ersten Hauptkapitel „Angebot und Nachfra ge" werden neben Fragen des Bevölkerungswachs tums in dieser Zeit auch die Modernisierung der Landwirtschaft und der Aufschwung der Industrie behandelt. Interessante Detailfragen, wie z.B. der Einführung und der Verbreitung der Kartoffel und des Mais, wird dabei ebenso nachgegangen wie grundsätzlichen Entwicklungsstrukturen in der Landwirtschaft und in der Industrie sowie der sich daraus ableitenden Einkommensentwicklung. So war z.B. in der ersten Hälfte des 18.Jh. der Real lohn höher als zu Ende dieses und des 19. Jahrhun derts, mit Unterbrechung im Zeitraum von etwa 1820 — 40. Allein schon aus diesen paar Bemerkun gen ist ersichtlich, daß der Untertitel der Arbeit we sentlich aussagekräftiger ist als der Haupttitel. Das zweite Hauptkapitel ist der „Geschichte der Ernährung" gewidmet. Es wird einbegleitet mit einem Zitat von W. H. Riehl, den man nicht zu Un recht als „Vater der Volkskunde" bezeichnet. (Schade, daß weder bei diesem noch bei einigen an deren Eingangszitaten die genaue Quelle angeführt ist, während ansonsten alle Angaben genau belegt sind.) Dem Autor geht es dabei weniger um die Entwicklung der Nahrungsmittel, als vielmehr um die Nahrung bzw. um den Verbraucher. Breie. Bro te und Mehlspeisen, Kartoffelspeisen, Fleisch, Milch und Milchprodukte, aber auch die Genußmit tel (einschließlich Zucker) werden eingehend dar gestellt. Desgleichen erfahren wir Interessantes über die Entwicklung der Eßkultur und der Eßgewohnheiten bei den Bauern, den Arbeitern, beim Mittelstand und den „Phäaken". Auch das dritte Hauptkapitel „Die Beklei dung" bringt nicht nur eine Fülle interessanter De tails, sondern auch die Zusammenhänge zwischen Textilindustrie und den damit verbundenen Rück gang der bäuerlichen Eigenversorgung sowie den Einfluß der Städte auf die neuen Konsumgewohn heiten in bezug auf Stoffauswahl und Modediktat. Ein weiteres Hauptkapitel beschäftigt sich mit den Wohnverhältnissen im 18. und 19. Jahrhundert,
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