OÖ. Heimatblätter 1984, 38. Jahrgang, Heft 4

Alle, die sich für die Orgel interessieren, werden das Erscheinen dieses Buches sehr begrüßen; bisher gab es neben Einzeluntersuchungen häufig unverläß liche und zufällige Angaben über historische Orgeln z. B.: Dehio-Handbuch, B.Pillweins Schriften u.a.). Frieberger hat die erhaltenen Orgeln außen und in nen eingehend untersucht, ist den Dokumenten und der einschlägigen, oft weit verstreuten Literatur nachgegangen und hat uns somit eine umfassende Geschichte des barocken Orgelbaues in Oberöster reich vorgelegt. Die als theologische Dissertation (Kirchenge schichte) an der Universität Salzburg approbierte Arbeit widmet sich in erster Linie den erhaltenen Or geln des 17. und 18. Jahrhunderts. Erfreulicherweise werden auch die seit dem M.Jahrhundert bezeugten Orgelbauten erwähnt. Diese Liste ist bereits in der Literatur zu finden, und man hätte sie hier auf neue sten Stand ergänzt erwartet. Einige Veröffentlichun gen kennt der Autor scheinbar nicht. Warum die Kremsmünsterer Kammerorgel (1587) und das Lambacher Regal (um 1590) als älteste und einzige aus dieser Zeit noch erhaltenen Werke nicht ange führt bzw. besprochen sind, ist unverständlich. Der in Ried/Innkreis im 16. Jahrhundert ansässige Michael Strobl, von dem eine Baldachinorgel auf Schloß Churburg/Südtirol in restauriertem Zustand zu fin den ist, scheint hier ebenfalls nicht auf. Von den im 17.und 18.Jahrhundert in Oberöster reich tätigen Orgelbauern bringt dieses Buch aus führliche biografische Angaben. Diesbezüglich ka men dem Autor dabei die neueren Studien von Saam und Brenninger, die sich mit den Passauer und bayri schen Orgelbauern befassen, zugute. Die Biografien der in Oberösterreich ansässigen Meister hat Frie berger ergänzt, korrigiert oder erstmals erfaßt. Hier wären allerdings einige Orgelbauer nachzutragen, von denen zwar heute keine noch erhaltenen Orgeln mehr nachweisbar sind, die aber als Erbauer anony mer Orgeln in Frage kämen. Das gilt auch von jenen Orgelbauern, die in der nächsten Umgebung Oberösterreichs ansässig waren und gelegentlich in unse rem Bundesland arbeiteten. Frieberger tritt auch für den vieldiskutierten Begriff der „Passauer Orgelbau schule" ein, ohne jedoch spezifische Eigenheiten ih rer Orgeln aufzuzeigen. Die genannten, von den Pas sauer Meistern befolgten instrumentenbaulichen Prinzipien sind im süddeutsch-österreichischen Raum auch bei anderen Meistern anzutreffen. Auch der „Werkstättencharakter" des Freistädter Orgelbauers Preisinger ist nicht ausreichend definiert. Das Jahr 1800, das als zeitliche Grenze dieses Buches ange nommen wurde, ist eher eine mathematische als stili stische, kulturgeschichtliche oder kirchengeschichtli che Epochenabgrenzung. Die stilistische Entwick lung im Orgelbau - Fr. X. Chrisman hatte klassizi stisch-frühromantische Ideen verwirklicht — schritt im 19. Jahrhundert bis zum Einsetzen des industriel len Orgelbaues ziemlich kontinuierlich voran. Man darf hoffen, daß auch das für den Orgelbau des 19. Jahrhunderts nötige Verständnis reift, und die Lei stungen der Orgelbauer dieser Zeit ebenfalls erfaßt werden. Leider sind auch einige „handwerkliche" Fehler aufzuzeigen. Das Anbringen der Fußnoten am Fuß der Seite hätte das Lesen wesentlich erleichtert. Ab gesehen von einer für wissenschaftliche Arbeiten völ lig unüblichen pathetischen Ausdrucksweise begeg nen auch zahlreiche, teils verwirrende Schreibfehler, Ziffernstürze und falsche Bildbeschriftungen, die bei der Drucklegung hätten korrigiert werden müssen. Ebenso hätte der Autor beim Literatur- und Quel lenstudium mehr Sorgfalt anwenden sollen. Wenn man einige archivalische Quellen selbst kennt, so ge winnt man aus seinen oft undeutlichen Quellenanga ben eindeutig den Eindruck, daß er solche lediglich nach der vorhandenen Literatur anführt, ohne sie tat sächlich in der Hand gehabt zu haben. Unverständ lich ist auch, warum er manche Angaben aus den Bü chern B.Pillweins unüberprüft übernimmt, obwohl er feststellt, daß Pillwein oft sehr unzuverlässig ist. An anderer Stelle rügt er allerdings selbst „das kritiklose Übernehmen von Sekundärberichten der Musikge schichtsschreiber". Daß einige Angaben in den kriti schen Apparat und einige von dort in den Text der Abhandlung gehören würden, sei nebenbei erwähnt. Die Fotodokumentation bringt Bilder von allen angeführten erhaltenen Qrgeln. Die Bildkommenta re sind allerdings sehr unterschiedlich; teils sind sie sehr ausführlich, teils fehlen sie gänzlich. Trotz der aufgezeigten Mängel ist die sehr ar beitsintensive Studie für Qrgelfreunde, Qrgelbauer, Musikhistoriker, Denkmalpfleger u. dgl. ein unent behrliches Handbuch. Es ist das uneingeschränkte Verdienst des Autors, unbekannte und unverstande ne Qrgeln „ent-deckt" und für stilgerechte Erhal tung, Restaurierung und Musizieren Verständnis ge weckt zu haben. Karl Mitterschiffthaler Roman Raschka: Martin-Luther-Kirche Linz. Das Ringen der Evangelischen in Linz um die Errichtung einer eigenen Kirche. Hrsg. Evangelische Pfarrgemeinde Linz-Innere Stadt. Linz 1984. 32 Seiten. S 18.—. Die in den letzten Jahren verstärkte Dokumenta tion der Geschichte der Evangelischen in Qberösterreich findet mit dieser kleinen Broschüre ihre Fort-

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