Grenze ersuchte. Aber da kam ich recht an. Da war so ein kleiner, buckliger Sekretär, oder was er sonst war, der machte mich aus, daß es eine Art hatte, zum Schluß gab er mir 2 Franken und 2 Brotkarten, es waren auch Slowaken und Rastelbinder dort, die Bagage kam viel besser weg, ich ging noch einigemale hin, aber ich bekam immer nur 2 Franken und Brotkarten, auch meinen Kollegen ist es so ergangen. Dennoch waren wir immer bei gutem Flumor und liefen durch Paris kreuz und quer, sodaß wir uns die Stadt schon gut angesehen haben, bis wir endlich der Sache überdrüssig wurden und Rat hielten, nach dem unsere Mittel ganz zu Ende gegangen waren, was wir anfangen sollten. Arbeit in un serem Handwerk konnten wir nicht bekommen. So entschlossen wir uns, auf die Polizei zu gehen und unsere Auslieferung aus Frankreich zu verlangen. Wir gingen also den 26. November 1879 auf die Polizeipräfektur und gaben dort an, daß wir mittellos sind und zur deutschen Grenze wollen. Sie nahmen uns gleich an, aber so glatt wie wir glaubten, ging die Sache nicht. Vorerst führte man uns in einen großen Saal, da waren wieder viele mit Eisenstäben abgeschlossene Räume, da waren Pritschen und Matrazen, da blieben wir über die Nacht. Unsere Dokumente hatte man uns abgenommen. Morgens wurden wir einzeln vorgenommen, wurden gemessen wie bei der Stellung, mußten genau unser Nationale angeben, ja sogar, wie viele Geschwister ich habe und wie meine Mutter mit dem Mädchennamen hieß. Und auch, warum ich nicht zum Militär behalten worden bin. Ich sagte, ich sei etwas schwach und in der linken Hand habe ich einen leicht gebogenen Finger, aber das glaubten sie mir nicht und einer meinte, ich sei eben weggelaufen. Als dies alles vorüber war, kamen wir in einen anderen großen Saal, wo ca. 200 Mann, alle Nationen durcheinander, waren. Das war unser vorläufiger Aufenthalt. Wir waren so un gefähr eine Stunde darin und schauten uns das alles so an, aufeinmal wurde die Tür auf gemacht und wir mußten paarweise ausmarschieren, kamen in einen großen Hof mit sehr hohen Mauern umgeben, da mußten wir über eine Stunde bleiben, dann bekamen wir das Essen. Donnerstag und Sonntag bekamen wir Fleisch, die anderen Tage nur Hülsen früchte und täglich einen Stritzel Brot wie beim Militär. So ging es einen Tag wie den an dern, auch nachmittag mußten wir eine Stunde in den Hof, weil dann der Saal immer ge reinigt und gelüftet wurde. Da lernte ich einen gewissen Carl Gerstenkorn, einen Kauf mannssohn aus Koblenz am Rhein kennen, er war ein sehr gebildeter Mann, der erzählte mir seine Geschichte. Er sagte mir, daß er mit seiner Familie nicht recht auskam, da hatte er sich selbständig gemacht, hatte aber sein Unternehmen mit zu geringen Mitteln ange fangen, so ist er immer mehr rückwärts gekommen, sodaß er alles liegen ließ und nach Paris reiste und da in einer Goldleistenfabrik sich eine gute Stellung erworben hat. Aber er hat ein hitziges Temperament und so ist er eines Tages in einer Gartenwirtschaft mit mehreren Franzosen beim Politisieren in Streit geraten, die Franzosen haben ihn dann tätlich angegriffen, er aber ist ein sehr starker Mann, er hat die Kerls geworfen, daß sie nur so flogen, nachdem sie aber mit Weinflaschen auf ihn losgingen, nahm er sich einen Stuhl, brach das Bein los und schlug damit wie rasend zu. Da kam die Polizei dazwischen, er wurde verhaftet, auf ein paar Monate eingesperrt und ausgewiesen. Während wir bei sammen waren, hat er 200 Mark von seinen Angehörigen gesandt erhalten. Wir haben ausgemacht, daß ich ihn nach Koblenz begleiten werde, wenn wir mitsammen in den glei chen Transport kommen, denn er war krank, hatte auf der Brust eine Wunde, die habe ich ihm täglich ausgewaschen. Es kam aber anders und wir kamen nicht in den gleichen
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