OÖ. Heimatblätter 1984, 38. Jahrgang, Heft 4

tion, da kauften wir uns zwei Liter Rotwein, der Liter kostete 75 Ct. Als wir uns erquickt hatten, gingen wir ins Quartier, wir wurden dort ohne Widerrede aufgenommen, es war auch recht gut, wir bekamen nochmals Brot, das wir auch gleich wieder gegessen haben. Den nächsten Tag, es war Sonntag, den T.November, gingen wir uns die Stadt Paris anzu schauen, nachdem wir ohnehin beim Invalidendom vorbei mußten, haben wir gleich da angefangen. Hier liegt Napoleon 1. begraben. Dann gingen wir in eine Wirtschaft, um etwas Warmes in den Magen zu bekommen, was wir schon so lange entbehrt hatten. Wir fragten also, was ein Glas Kaffee koste, da verlangte der Wirt 75 Ct. das ließen wir blei ben und gingen in ein Speisehaus, da nahmen wir Bouillon, Rindsuppe. Ueberhaupt ist Paris sehr teuer, nur der Wein ist billig, der Liter 75 Ct. aber Tabak oder Zigarren, das konnten wir uns nicht erlauben, Zündhölzchen z. B. eine Schachtel 10 Ct., welche bei uns Zuhause einen Kreuzer kosten, dann der Tabak, der bei uns daheim 4 Kreuzer kostet, ko stet in Frankreich 1/2 Franc. Paris hat über 2 Millionen Einwohner, liegt an der Seine, hat ungemein schöne Straßen, großartige Gebäude, wie ich es bisher weder in Wien, noch in Berlin gesehen habe, ich will nur einige hier anführen, z. B. die Tuilerien, das Palais Royal, die große Oper, die Madeleine und Notre Dame, berühmte Kirchen, die Place de la Concorde, 40 Brücken, die Präfektur de Police (schönster Aufenthalt meines Lebens!), das Invaliden haus, der Louvre, die Place Vendöme, die Champs Elysees, Anlagen mit dem Ausstel lungspalast, die Bildergalerien und Museen, das Stadthaus, der Triumphbogen (Are de Triomphe), dann das großartige Marmemuseum, dann die vielen Kirchen und Handels häuser, die ich aber nur von außen kennen lernte. Aber von dem Leben und Treiben in Paris kann sich der, der es nicht mit eigenen Augen gesehen hat, kerne Vorstellung ma chen. Diese Großartigkeit in allem und jedem, diese Pracht und Herrlichkeit und auch wieder diese Armut, da will ich nur etwas erwähnen, wo ich selbst daran teilgenommen habe. Da wurde in einem großen Hotel auf dem Boulevard Italien wöchentlich einigemale so zwischen 11 und 12 Uhr mittags in großen Kübeln, solange der Vorrat reichte, Sup pe verteilt, da standen in langen Schlangen zu Doppelreihen, es mochten vielleicht 8001000 Menschen sein, die auf diese Weise ihren Hunger stillten. Wir 4 Deutsche kamen immer zur rechten Zeit an, da bekamen wir jeder eine ziemlich große Schüssel mit Rind suppe, darunter Fleischstücke, Brot, Nudeln und alles, was in der Küche abfiel, wir aßen dies alles mit großer Gier, ich glaube, es hat mir in meinem Leben das Essen nie so gut ge schmeckt. Da traf ich einen feingekleideten Wiener, der trug einen Zylinderhut und gol dene Brillen, hatte aber auch kein Geld, der weinte wie ein Kind und konnte vor Schluch zen fast nichts essen. Da sagten wir ihm, er solle doch aufhören, es wird schon wieder an ders werden, wer sowas nicht selbst mitgemacht hat, der kann sich keinen Begriff ma chen, wie weh es tut. Aber wir waren immer bei gutem Humor, denn als wir einige Tage in Paris waren, hatten wir uns schon eingelebt. In unserm Quartier hat uns einer erzählt, wir sollen zum Straßburger Bahnhof hinkommen, dort ist ein großes Hotel, da sind fast lau ter Deutsche in Stellung, dort bekommen wir schon gut zu essen. Richtig, wir gingen hin und es war wirklich so, wie er gesagt hatte, wir bekamen sehr viel und gutes Essen und je der eine halbe Flasche Rotwein. Wir hatten uns dort mehrere Male eingefunden und sind ein jedesmal gut abgefertigt worden. Auch unser Wiener hat sich dort sichtlich erholt. Ich ging dann zum Qesterreichischen Hilfsverein, den ich um eine Freifahrt bis zur deutschen

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